Schweiz
Justiz

TV-Legende Tabacznik der Kriegsverbrechen im Kosovo bezichtigt

Stefan Tabacznik
Arbeitete 40 Jahre lang für die Medien, darunter als Anchor für die SRF-«Tagesschau»: Stefan Tabacznik wurde Im März 2013 pensioniert.  Bild: srf.ch

Schweizer Ex-Offizier bezichtigt «Tagesschau»-Legende der Kriegsverbrechen

Heute wird vor dem Bezirksgericht Zürich ein kurioser Fall behandelt. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Nötigung gegen einen ehemaligen Fachoffizier der Swisscoy. Er soll TV-Legende Stefan Tabacznik in einer E-Mail der Kriegsverbrechen im Kosovo beschuldigt und gedroht haben. 
21.09.2016, 11:2521.09.2016, 17:07
Rafaela Roth
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Es ist eine verfluchte Geschichte. Und vielleicht wäre sie ganz anders gekommen, wenn der damalige Bundespräsident Ueli Maurer im September vor drei Jahren diesen verflixten SRF-Kameramann nicht Aff genannt hätte.

Prozess unterbrochen
Das Bezirksgericht Zürich konnte am Mittwoch noch keinen Entscheid fällen. Das Bezirksgericht unterbrach den Prozess nach mehr als vier Stunden aus formalen Gründen. Nun muss das Obergericht darüber befinden, ob die anklageführende Staatsanwältin aus Befangenheit in den Ausstand treten und ob ein Teil der Untersuchung wiederholt werden muss. Dies hatte die Verteidigung des Beschuldigten beantragt. Die Staatsanwaltschaft habe sich «vor den Karren des Privatklägers spannen lassen». Der erstinstanzliche Prozess kann sich damit um ein Jahr verzögern. (sda)

Dann hätte Stefan Tabacznik (67) nicht kurz darauf dem «Blick» erzählt, dass der Herr Maurer schon mal einen Kameramann Schafseckel genannt habe, damals im Kosovo im Jahr 2000. Der heute vor Bezirksgericht beschuldigte Christian Kälin* (62) hätte dann nicht das Gesicht von Tabacznik auf dem Titelblatt des Boulevardblattes erblicken können. Und vielleicht hätte Kälin dann nicht just an diesem Tag in die Tasten gegriffen und dem Herrn Tabacznik seinen Ruhestand gänzlich versalzen. 

Der verhängnisvolle Tag vor drei Jahren: Tabacnik prangt auf der Titelseite des «Blick», gleichentags erhält er eine mutmassliche Droh-Mail.
Der verhängnisvolle Tag vor drei Jahren: Tabacnik prangt auf der Titelseite des «Blick», gleichentags erhält er eine mutmassliche Droh-Mail.bild: Blick /16.9.2013

Erst sieben Monate Pensionärsfrieden waren der «Tagesschau»-Legende Stefan Tabacznik vergönnt, als ihm sein früherer Swisscoy-Kamerad Kälin in dieser chogen grobschlächtigen Mail riet, sich doch von nun an lieber «vollständig RUHIG» zu verhalten und «als alter Mann mit Vergangenheit seinen roten Arbeitsfrieden auf Staatskosten» zu geniessen. Alles würde ansonsten nämlich von ihm, Ex-Fachoffizier Kälin unverzüglich ans Licht der Öffentlichkeit gezogen werden – «für eine vollständige öffentliche Demontage in allen Medien in diesem Bundesbern», soll er geschrieben haben. Jeder würde dann wissen, was der Fernseh-Tabacznik auf seinem Einsatz als Presse- und Informationsoffizier damals im Kosovo im Jahr 2000 wirklich getrieben habe.

Von «rücksichtslosem Drogen- und Bluthandel», schrieb der Herr Kälin dem Herrn Tabacznik, dem er damals im Kosovo im Jahr 2000 noch das Leben gerettet haben will («Russenmafia Botschaft Pristina, DU erinnerst dich», setzt der Kälin ein Seitenhieb). Damit nicht genug wirft er dem Kameraden von Camp Casablanca des weiteren geheime Politikertreffen auf Staatskosten, Waffenhandel, Beihilfe zum Kinderhandel und schändliche Treffen mit dem Klerus vor, wie die Anklageschrift festhält. 

Dem Herrn Tabacznik wurde dermassen gschmuch über solche Schlötterlig, dass er den Bau seiner Website, mit der er sich nach seiner Fernsehkarriere als Berater positionieren wollte, flugs sistierte.

Er habe hie und da vielleicht mal eingreifen müssen, damals in seinem knapp neunmonatigen Einsatz als Presseoffizier im kriegsgeschüttelten Kosovo, sagt Tabacznik heute. Bei Vorfällen von häuslicher Gewalt beispielsweise. Hätte der Herr Kälin Jahre später tatsächlich öffentlich solche schrecklichen Vorwürfe gegen ihn erhoben, hätte das damals betroffenen serbischen oder kosovarischen Parteien in den falschen Hals kommen und zu Blutrache oder Anschläge gegen ihn, den Tabacznik, führen können. Davor habe er sich gefürchtet, sagt er. Das seien ja praktisch Kriegsverbrechen, die ihm da vorgeworfen würden. 

Jetzt soll aber Schluss sein mit der Angst, der Medienmann will endlich seine Pension geniessen. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat fordert eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 150 Franken für Ex-Fachoffizier Kälin mit seinem bösen Mail, und eine Busse von 500 Franken. 

Mit seinem Urteilsspruch wird jetzt ein Richter entscheiden, wer in dieser Geschichte wirklich der Aff war. Vielleicht können die Schlachtfeldkameraden dann endlich Frieden schliessen mit den Geschehnissen, damals im Kosovo im Jahr 2000. Gopfnomal.

* Name geändert

Die SRF-«Tagesschau»-Moderatoren seit den 60er Jahren:

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Die SRF-«Tagesschau»-Moderatoren seit den 60er Jahren:
In den 60er Jahren bei der «Tagesschau»: Erich Gysling. Einen klassischen Anchor wie heute gab es damals noch nicht.
quelle: srf.ch / srf.ch
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46 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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goschi
21.09.2016 12:07registriert Januar 2014
Leider wird dieser pseudo-Kumpelhafte Stil dieser doch sehr ernsten Sache einfach nicht gerecht!

Finde solcherlei Schreibstil völlig unangemessen.
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Gelegentlicher Kommentar
21.09.2016 11:38registriert Oktober 2014
Liegt das an mir, oder ist dieser Artikel tatsächlich etwas kompliziert geschrieben? Was hat das ganze jetzt genau mit Blocher und dem Aff zu tun?

und vor allem: ist denn offiziell bekannt, dass Herr Kälin in seinen Anschuldigungen falsch liegt?
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Grundi72
21.09.2016 11:52registriert Dezember 2015
Komisch geschrieben.. verstehe die Story nicht. Was hat das alles mit den Kameramännern zu tun?
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