Schweiz
Justiz

Michael Lauber: So oft fliegt der Bundesanwalt im Bundesratsjet

500'000 Franken für 50 Flugstunden – die Flüge des Bundesanwalt im Bundesratsjet

Bundesanwalt Michael Lauber war schon sechs Mal mit dem Bundesratsjet im Ausland. Aus Sicherheitsgründen, heisst es. Insider halten das für eine Ausrede.
12.10.2017, 07:38
Henry Habegger / az Aargauer Zeitung
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Erwin Beyeler, Bundesanwalt von 2007 bis 2011, war eine Art Reisemuffel. Er solle mehr Auslandreisen absolvieren und internationale Kontakte pflegen, wurde ihm bisweilen vorgehalten.

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Derartige Vorwürfe muss sich Beyelers Nachfolger Michael Lauber (51) nicht anhören. Er ist oft und gerne auf Dienstreise. Und während sich Beyeler kein einziges Mal mit dem Bundesratsjet transportieren liess, greift Lauber gerne auf dieses prestigeträchtige und exklusive Luftverkehrsmittel zurück.

Sechs Mal war der weltgewandte Wahl-Zürcher bisher mit dem Bundesratsjet auf sogenannter Auslandmission. Im Schlepptau jeweils eine Delegation von bis zu fünf Personen. Das geht aus einer Liste hervor, die die Bundesanwaltschaft auf Anfrage der «Nordwestschweiz» herausgab.

Bundesanwalt Michael Lauber, links, und Andre Marty Informationschef bei der Bundesanwaltschaft, erscheinen zu einer Pressekonferenz in Lugano TI am Dienstag, 3. November 2015. (KEYSTONE/Ti-Press/Gabr ...
Bundesanwalt Michael Lauber geht gerne und oft auf DienstreiseBild: TI-PRESS

Zwischen 2013 und 2016 begab sich Lauber auf diese Weise drei Mal nach Kairo (Ägypten). Es ging jeweils um Gespräche im Zusammenhang mit dem «Arabischen Frühling» und der Geldwäscherei-Problematik, wie den jeweiligen Pressemitteilungen der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist.

Kasachstan, Russland, Tunesien

Im September 2013 flog Lauber im Bundesratsjet ins ferne Astana, Kasachstan. Zu einem «Treffen mit dem Generalstaatsanwalt von Kasachstan im Kontext von Strafverfahren der Bundesanwaltschaft, in denen grundsätzliche Fragen der Rechtshilfe besprochen wurden», so die Bundesanwaltschaft. Mit dabei bei der Reise zum Regime eine vierköpfige Delegation.

Der Bundesratjet der Schweizer Luftwaffe startet auf dem Flughafen in Bern-Belp, am Donnerstag, 2. Mai 2013. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Einer der beiden BundesratsjetsBild: KEYSTONE

Im August 2014 gings per Bundesjet sogar ins ferne russische Irkutsk, wohl etwa neun Flugstunden entfernt. «Anlässlich einer internationalen Konferenz zum Thema Geldwäscherei bilaterale Treffen mit mehreren an der Konferenz teilnehmenden Generalstaatsanwälten», so die Bundesanwaltschaft. Eine weitere Reise führte im Oktober 2015 nach Tunis. «Stärkung der Geldwäschereiverfahren», lautete der Titel einer Pressemitteilung.

Das macht, Rückflüge mitgerechnet, insgesamt über 50 Flugstunden im Bundesratsjet. Was den Bund etwa eine halbe Million Franken gekostet haben dürfte.

«Der Bundesanwalt hält sich immer nur so lang wie unbedingt nötig im Ausland auf, und er fliegt nur dann im Bundesratsjet, wenn es die Sicherheit verlangt.»
Teilt die Bundesanwaltschaft mit

Erstaunlich ist da unter anderem: Zumindest im Fall der Reise nach Irkutsk flog Lauber mit dem Bundesratsjet, die restlichen Mitglieder der Delegation aber mit einem Linienflugzeug. Das jedenfalls gab die Bundesanwaltschaft gegenüber der «NZZ am Sonntag» an. Damit aber fielen natürlich weitere Kosten an. Wo sich die Bundesanwaltschaft doch über angeblich zu knappe Finanzen beklagt.

Warum benutzt Lauber überhaupt den Bundesratsjet? Die Bundesanwaltschaft: «Bei Dienstreisen des Bundesanwalts ins Ausland wird das Transportmittel, Linienflug oder Nutzung des Lufttransportdienstes des Bundes, abhängig von der jeweiligen Einschätzung der Sicherheitslage gewählt. Der Bundesanwalt hält sich immer nur so lang wie unbedingt nötig im Ausland auf, und er fliegt nur dann im Bundesratsjet, wenn es die Sicherheit verlangt.»

«Dann könnte Lauber ja nicht ohne Bodyguard durch die Stadt laufen»
Insider halt den Verweis auf Sicherheitsgründe für eine Ausrede

Eine Ausrede?

Nur: Was ist unter «Sicherheitsgründe» genau zu verstehen? Von der «Nordwestschweiz» befragte Insider rätseln, was damit gemeint sein soll. «Dann könnte Lauber ja nicht ohne Bodyguard durch die Stadt laufen», sagt einer. Alle halten den Verweis auf Sicherheitsbedenken für eine schiere Ausrede.

Die Bundesanwaltschaft verspricht, diese Frage bis Ende Woche zu beantworten.

Ein Mitarbeiter eines früheren Bundesanwalts erinnert sich: Ein einziges Mal habe man auf den Bundesratsjet zurückgegriffen. Aber nicht, um den Bundesanwalt zu transportieren. Sondern um Pietro Grasso, den Leiter der italienischen Antimafia-Staatsanwaltschaften, in Rom abholen zu lassen. Grassos Name stand auf der Todesliste der Mafia. Er hatte nach der Ermordung von Mafia-Jäger Giovanni Falcone dessen Aufgaben übernommen.

Ganz so schlimm wird es um unseren Bundesanwalt nicht stehen.

Die Bundesfliegerflotte, die auch Helikopter umfasst, kommt bei Lauber indes nur beim Auslandverkehr zum Zug. «Innerhalb der Schweiz reist der Bundesanwalt aus grundsätzlichen Überlegungen (Arbeitsmöglichkeiten) wenn immer möglich mit dem Zug», so die Bundesanwaltschaft. Wenn nicht, könne er für dienstliche Reisen den Fahrdienst des Bundes in Anspruch nehmen. Und: «Helikopterflüge hat es bisher keine gegeben.» (aargauerzeitung.ch)

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41 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MacB
12.10.2017 08:27registriert Oktober 2015
Dieser Artikel ist ein gefundenes Fressen für wutbürgerne Blickleser.

Hier kann jetzt jeder seinen Unmut kundtun, zur Sache trägts nichts bei. Und ich würd mal sagen, Kairo, Astana und Irkutsk sind jetzt nicht klassische Ferienziele und er sicher seiner Arbeit nachgegangen. Ob jetzt mit Jet A; Flugzeug B, Auto C oder SChiff D, darüber muss nun wirklich keiner hier urteilen. Es gibt Budgets, innerhalb derer sollen sich Behörden frei bewegen dürfen.
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Quacksalber
12.10.2017 08:44registriert November 2016
Es ist anzunehmen, dass der Bundesratsflieger auch kostet, wenn er am Boden ist. Habt ihr das berücksichtigt?
Die Story ist dann nur noch halb so schön.
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John Smith (2)
12.10.2017 11:26registriert März 2016
«Er ist oft und gerne auf Dienstreise. Und (…) greift gerne auf dieses prestigeträchtige und exklusive Luftverkehrsmittel zurück.»

Beim Weiterlesen habe ich dann erfahren, dass Lauber in 6 Jahren 6 Mal mit dem Bundesratsjet geflogen ist – also genau 1x pro Jahr. Für die einen ist das «oft und gerne». Für die anderen einfach nur billigster Empörungsjournalismus.
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