André Marty ist ein enger Vertrauter des Bundesanwalts. Wenn Michael Lauber auf Auslandreise geht, ist der Informationschef mit dabei. Geht es nach Marty, steht die Strafverfolgung des Bundes nun aber vor dem Rückfall in die Steinzeit. Am Schweizer Radio sagte er kürzlich: «Dann sind wir eben beim Bild des Verbrechens, das mit dem Ferrari unterwegs ist und die Strafverfolgung ist auf dem Trottinett am Hinterherrädele.»
Auslöser für Martys Klagen: Auf Geheiss des Parlaments muss der Bundesrat bei der Verwaltung im laufenden Jahr linear 128 Millionen kürzen. Die Bundesanwaltschaft (BA) trifft's mit 701'018 Franken, gut 10 Prozent ihres Budgets.
Das Bundesparlament muss bald entscheiden, ob es für die BA eine Ausnahme macht. Die BA begründet ihre Sparverweigerung damit, dass sie «beim Personalaufwand (...) in den vergangenen Jahren trotz steigender Anforderungen keine Erhöhung beantragt» habe. Die Kürzungen würden dringliche Erneuerungen in Informatiksysteme und die Fernmeldeüberwachung gefährden.
Freie Fahrt für die Mafia? Wegen mausarmer Bundesanwaltschaft?
Ganz so schlimm kann es nicht sein. Denn die Behörde leistet sich noch einige Extravaganzen. So beschäftigt Lauber mindestens zwei seiner ehemaligen engsten Vertrauten aus der Chefetage nach deren Pensionierung weiter.
Da ist Jürg Blaser, ehemaliger Chef des Rechtsdienstes. Seit seiner Verrentung schreibt er im Auftrag des Chefs ein Buch über die Bundesanwaltschaft. Eine Hagiografie, wird gemunkelt. Auf Anfrage teilte die BA letztes Jahr zum Inhalt des Werks mit: «Geschichtliche Entwicklung sowie die Mechanismen der BA von den Anfängen bis heute».
Auf die Frage, welche Vollkosten das laufende Buchprojekt jährlich verursache, hielt BA-Informationschef Marty letzte Woche fest: «Es gibt noch keine solche Kostenaufstellung.» Denn «der Auftrag, eine Konzeption für ein Buch über die BA zu erstellen, ist in der Anfangsphase».
Es besteht demnach seit gut einem Jahr ein Mandat für das Buch, aber kein Konzept. Auch wann genau das Buch fertig sein muss, ist offen. Es soll beim Umzug der BA ins neue Verwaltungszentrum am Guisanplatz publiziert werden. Wann das ist, ist aber offen.
Der zweite Rentner in Laubers Diensten ist Paul-Xavier Cornu, ehemals Stabschef, dann Stellvertreter des Bundesanwalts. Er ist seit gut einem Jahr unter anderem als Übersetzer tätig. Auch er im Mandatsverhältnis. «Als Übersetzter Deutsch – Französisch», wie die BA kürzlich auf Anfrage sagte.
Es finde, Zitat, «eine fallweise ordentliche Beauftragung statt». Die Frage, ob Cornu die nötige Qualifikation für gerichtsfeste Übersetzungen hat, beantwortet die BA gewunden gummig: «Bei der Aufnahme in den Übersetzerpool ist wesentlich, dass der BA für die verschiedensten Themenbereiche Übersetzer mit spezifischen Erfahrungen zur Verfügung stehen. Diese Erfahrungen bilden das Kernelement des Qualitätskriteriums.»
Weder bei Blaser noch bei Cornu will die BA sagen, was ihre Dienste kosten. Sicher und bestätigt ist dagegen, dass die beiden angeblich Selbständigerwerbenden gemeinsam eines der gefragten Büros bei der Bundesanwaltschaft belegen.
Laubers Spar-Weigerung bringt Kritiker auch aus anderen Gründen auf den Plan. Denn der Bundesanwalt hat zuletzt operatives Personal wie Staatsanwälte entlassen. Das kostete nicht nur etwa zwei Millionen an Abgangsentschädigungen, nachdem ein Gericht die Entlassungen als ungerechtfertigt rügte. Es hat auch zur Folge, dass nun internes Personal für Verfahren fehlt.
Gleichzeitig wurde die Verwaltung aufgeblasen. Der einstige Einmannbetrieb Pressestelle etwa ist auf eine Handvoll Köpfe angewachsen. Neu gibt es zudem einen Generalsekretär. Und Lauber hat nicht nur einen Rechtskonsulenten, letztes Jahr war auch die neue Stelle «Referent/in des Bundesanwalts» ausgeschrieben. Und waren da nicht noch die Beratungs- und IT-Mandate in Millionenhöhe, die der Bundesanwalt freihändig an zugewandte Kreise vergab?