Amtsmissbrauch! Intrige! Skandal! Die Vorwürfe im jahrelangen Rechtsstreit zwischen Comparis und dem Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) wogen schwer – und haben sich doch alle in Luft aufgelöst.
Alles begann im Sommer 2012, als Comparis und der Krankenkassen-Prämienrechner des Bundes (priminfo.ch) eine Vereinbarung unterzeichneten, in welcher der Bund auf eine direkte Verlinkung auf die Offerten der Krankenkassen verzichtete, um die privaten Anbieter solcher Dienstleistungen nicht zu konkurrenzieren.
Nur drei Monate später machte das Westschweizer Magazin «L'Hebdo» einen Hackerangriff vom September 2011 auf priminfo.ch publik. Urheber soll ein Mitarbeiter von Comparis gewesen sein, der aber nicht im Auftrag des Vergleichsdienstes gehandelt hatte. Comparis bestätigte das Fehlverhalten des Mitarbeiters in einer Medienmitteilung.
Grund genug für das EDI, die Vereinbarung sofort wieder zu kündigen. Ausserdem reichte Bersets Departement in Zürich Strafanzeige gegen Unbekannt ein.
Das Zürcher Strafverfahren wurde bald eingestellt, da dem Comparis-Mitarbeiter «nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden konnte», dass er sich mit der Datenbeschaffung «ungerechtfertigt bereichern» wollte. Dies kann der Einstellungs- und Sistierungsverfügung der Bundesanwaltschaft entnommen werden, die der Nachrichtenagentur SDA vorliegt.
Ausserdem kritisierte die Staatsanwaltschaft Bersets Departement scharf und warf den Beteiligten «taktische und politische Motive» vor. Man habe einen Grund gesucht, die Vereinbarung zu kündigen, und mit dem Zuspielen interner Dokumente an «L'Hebdo» einen Wirbel verursachen wollen. Schliesslich sei die Täterschaft bereits kurz nach der Tat, also Monate vor der Unterzeichnung der Vereinbarung, bekannt gewesen. Damals sei dem EDI der «Hackerangriff» aber wohl zu harmlos gewesen, um ihn zu ahnden.
Weil demnach die Vorgänge im EDI als indiskret bezeichnet wurden, reichte Comparis bei der Bundesanwaltschaft (BA) Strafanzeige wegen Amtsmissbrauch, Urkundenfälschung im Amt und Amtsgeheimnisverletzung ein.
Ein Mitarbeiter des EDI soll seine Amtsgewalt missbraucht haben, «indem er aufgrund einer wissentlich falschen Darstellung» den Rücktritt von der Vereinbarung erklärt und gleichzeitig Strafanzeige eingereicht habe. Das Unternehmen wollte auch erfahren, wer die Information zum Hackerangriff der Presse zugespielt hatte.
Die BA konnte diese Frage nicht klären. Von der Mail, die dem Westschweizer Magazin zugespielt wurde, hätten mindestens 16 Personen Kenntnis und Zugang gehabt, heisst es in der Verfügung vom 16. Juli. Eine Identifizierung des Täters erscheint derzeit nicht möglich, weshalb die BA die Strafuntersuchung wegen Verdachts der Amtsgeheimnisverletzung sistiert.
Die Untersuchung wegen Amtsmissbrauchs wurden eingestellt, weil der Tatbestand nicht erfüllt ist.
Comparis sieht sich dennoch «durch die Bundesanwaltschaft endgültig rehabilitiert», wie der Vergleichsdienst mitteilte. Das EDI habe «öffentlich gelogen», indem es versucht habe, «einen Hackerangriff, der gar keiner war, als Vorwand zu nutzen, um eine Vereinbarung mit Comparis unrechtmässig zu kündigen».
Das EDI hält in einer Stellungnahme fest, dass es sich stets inhaltlich an die besagte Vereinbarung gehalten habe. «Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Bundesanwaltschaft keinen Amtsmissbrauch festgestellt hat und daher das Verfahren eingestellt hat – und das in einem sehr frühen Verfahrensstadium.» Auf den Vorwurf der Urkundenfälschung ging die BA nicht ein. (sda)