Viele Flugreisende kennen ihre Rechte nicht: Technische Probleme, Naturkatastrophen oder Streik, die Gründe für Flugverspätungen oder Annullierungen sind vielfältig. In nicht wenigen Fällen haben Passagiere von der Airline eine Entschädigung zugute.
Allerdings sind unzufriedene Kunden mit ihren Forderungen nicht immer erfolgreich, weil Fluggesellschaften sich querstellen. So weigert sich manche Airline zu zahlen. Oder sie bietet nur eine viel kleinere Entschädigung an, als dem Passagier eigentlich zustehen würde.
Die Ansprüche der Passagiere bei Überbuchung, Annullation oder grosser Verspätung eines Fluges sind in der EU-Fluggastrechteverordnung festgehalten. Seit 2006 gilt diese auch in der Schweiz.
«Das Problem ist, dass viele Flugpassagiere gar keine Kenntnis von ihren Rechten haben», sagt Reto Ineichen, Rechtsanwalt und Dozent für Reiserecht an der Hochschule Luzern, der Nachrichtenagentur sda.
«Bezahlen muss die Fluggesellschaft aber nur, wenn sie für die Unregelmässigkeiten im Flugablauf verantwortlich ist», sagt Ineichen. Dies könne bei technischen Defekten der Fall sein. Auf Umstände wie Naturkatastrophen, schlechtes Wetter und je nachdem auch Streiks haben die Airlines keinen Einfluss. Deshalb sind sie in diesen Fällen auch nicht zu einer Zahlung von Entschädigungsleistungen verpflichtet.
Bei Streiks müsse jedoch differenziert werden, sagt Ineichen. Im konkreten Einzelfall müsse die Fluggesellschaft beweisen können, dass sie alle möglichen Massnahmen ergriffen hat, um einen Ausfall des Fluges zu verhindern. Bei einem Fluglotsenstreik sei dies aber kaum möglich, weil dieser nicht im Einflussbereich der Airline liegt.
Die EU-Verordnung gilt, wenn der Passagier von einem Flughafen in der EU oder der Schweiz abfliegt oder einer Airline aus der EU oder der Schweiz in der EU ankommt. Für die internationale Flugreisen ausserhalb Europas gilt das Montrealer Abkommen, das in den Detailbestimmungen vom EU-Recht abweicht.
«Viele Airlines sind nicht sehr kulant, wenn Kunden Entschädigungen fordern», sagt Ineichen. Reklamationen von zahlreichen Kundinnen und Kunden in der Sendung «Kassensturz» auf SRF und in Internetforen hätten gezeigt, dass viele Fluggesellschaften solche Forderungen schlichtweg ignorierten.
Wegen des Kostenvorschusses reiche auch kaum ein Passagier Klage beim Friedensgericht ein, besonders dann wenn er über keine Rechtsschutzversicherung verfüge. Sollte die Fluggesellschaft nach zweimaliger Reklamation nicht antworten, solle sich der Kunde beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) beschweren, schlägt Ineichen vor. Das BAZL ist die Aufsichtsbehörde und kann Airlines büssen, wenn diese sich nicht an die EU-Verordnung halten.
Gelange der Kunde dann noch immer nicht an sein Ziel, solle er den Rechtsweg beschreiten. «Die meisten Fluggesellschaften reagieren ziemlich schnell, wenn sie wissen, dass ein Kunde eine Klage eingereicht hat», sagt Ineichen. (whr/sda)