Heute gilt für junge Ausländer der dritten Generation dasselbe Einbürgerungsverfahren wie für ihre Eltern und Grosseltern. Dieser Prozess dauert lange und ist mit hohen Kosten verbunden. Ihnen die Einbürgerung zu erleichtern, ist ein politischer Dauerbrenner: Dreimal äusserte sich das Stimmvolk zu dieser Frage, dreimal schickte es die Vorlagen bachab – zuletzt scheiterte 2004 eine Bürgerrechtsvorlage, die wesentlich ambitionierter war: Eine knappe Mehrheit (51,6 Prozent) lehnte die erleichterte Einbürgerung für die zweite und eine automatische Einbürgerung der dritten Generation ab. Die vorliegende Abstimmungsvorlage will nun wenigstens Hürden für die dritte Generation abbauen.
Ausländer, deren Grosseltern schon in der Schweiz gelebt haben und deren Eltern in der Schweiz geboren sind, sollen erleichtert eingebürgert werden – aber nicht automatisch. Den roten Pass erhalten sie weiterhin nur auf Antrag. Die Verfahren sollen aber schlanker werden. So entfallen etwa das Vorsprechen vor einer Gemeindekommission oder Versammlung sowie ein Sprachtest. Federführend ist der Bund, die Kantone können sich aber zu jedem Fall äussern. Heute werden die Regeln kantonal unterschiedlich gehandhabt. Genf, Waadt, Jura, Freiburg, Bern oder Zürich haben ihre Regeln bereits gelockert. Eines der Hauptziele der Reform ist die Vereinheitlichung der Verfahren.
Ein Gesuch stellen können nur Personen, die in der Schweiz geboren und nicht älter als 25 Jahre alt sind, sodass der Militärdienst nicht umgangen werden kann. Weitere Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein: Mindestens ein Grosselternteil muss glaubhaft machen, dass er sich in der Schweiz aufgehalten hat. Auch die Eltern müssen zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben. Der Einbürgerungskandidat muss zudem über eine Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) verfügen und fünf Jahre zur Schule gegangen sein. Nur wer gut integriert ist, eine Landessprache spricht, die Schweizer Werte anerkennt und die Rechtsordnung respektiert wird leichter eingebürgert. Wer einen Eintrag im Strafregister hat oder von der Sozialhilfe abhängig ist, ist von der erleichterten Einbürgerung ausgenommen.
Bei einem Ja am 12. Februar könnten insgesamt rund 25'000 junge Ausländer eine erleichterte Einbürgerung beantragen. Zu diesem Schluss kommt eine im Dezember veröffentlichte Studie von Professor Philippe Wanner von der Universität Genf. Dies entspricht rund 2300 Personen pro Jahr. Die meisten sind Italiener, aber auch Jugendliche mit türkischen Wurzeln und aus den Balkan-Staaten könnten profitieren. Erfahrungen aus den Kantonen zeigen jedoch, dass nur ein Bruchteil der Berechtigten tatsächlich ein Gesuch stellen wird.
Ein erleichtertes Verfahren besteht schon heute für Ausländerinnen und Ausländer, die einen Schweizer oder eine Schweizerin geheiratet haben. Diese Verfahren sind kürzer als die ordentlichen Einbürgerungen.
Eine im «Tages-Anzeiger» zitierte Studie des Schweizer Politologen Oliver Strijbis kommt zum Schluss: Die Angehörigen der 3. Generation vertreten die gleichen politischen Einstellungen wie Schweizer ohne ausländische Grosseltern.
Fürsprecher der Reform sind sämtliche Parteien – mit Ausnahme der SVP. Die Befürworter sagen, die Einwanderer-Grosskinder sind gar keine Ausländer, sondern Einheimische ohne Schweizerpass. Sie haben ihr ganzes Leben in der Schweiz verbracht, sprechen die hiesige Sprache und sind bestens in die Gesellschaft integriert. «Die Schweiz ist ihre Heimat, nur haben sie keinen roten Pass», sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Die Vorlage stelle «ein wichtiges Zeichen der Anerkennung» dar, und dies nicht nur für die dritte Generation, sondern auch für deren Eltern und Grosseltern. Die Drittgeneratiönler sollen in der Schweiz mitbestimmen dürfen.
Einzige Gegnerin auf dem politischen Parkett ist die SVP. Wenige Wochen vor der Abstimmung tritt sie aber noch kaum im Abstimmungskampf in Erscheinung. Einen Vorgeschmack, wie sie argumentieren könnte, liefert der St.Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann: Er vermischt die Einbürgerungsfrage mit dem Terror. Gerade die jungen Ausländer der dritten Generation seien für Extremismus und Islamismus besonders empfänglich, schreibt er in einem Text, den er am Tag nach dem Berliner Terroranschlag veröffentlichte. Bei der dritten Generation müsse man besonders hinschauen, damit «nicht adoptierte Staatskinder mit Terrorismus-Sympathie und Schweizerpass herangezogen werden.»
Dann bleibt das ordentliche Verfahren bestehen. Weitere Erleichterungen sind seitens des Bundes derzeit nicht geplant.