Schweiz
Rassismus

Rassendiskriminierung – Vater von Andreas Glarner wegen TV-Aussagen verurteilt

Beleidigt im Volksgarten Eritreer: Hans-Rudolf Glarner mit Sohn Andreas.
Beleidigt im Volksgarten Eritreer: Hans-Rudolf Glarner mit Sohn Andreas.screenshot: srf

«Jetzt chunnt wieder eini!» – Vater von Nationalrat Glarner wegen Rassismus verurteilt

Andreas Glarners Vater wird wegen Aussagen über Dunkelhäutige in einem SRF-Dokfilm verurteilt. Hans Rudolf Glarner wird wegen Rassendiskriminierung mit Geldstrafe und Busse bestraft. Sohn und SVP-Nationalrat Andreas Glarner kritisiert Urteil und Staatsanwalt.
13.07.2017, 18:0813.07.2017, 18:27
Mehr «Schweiz»

«Ich hoffe nicht.» Dies sagte Andreas Glarner im Februar auf die Frage, ob er sich bei den Dreharbeiten zum Dokfilm verplappert habe. Aber für den Film sei auch mit seinem 78-jährigen Vater gedreht worden. «Er macht halt auch mal einen Spruch, der vielleicht nicht ganz stubenrein ist.»

Und tatsächlich: Vater Hans Rudolf Glarner sorgte mit seinen Aussagen in der Dokumentation «Inside Bundeshaus» für Aufsehen. In Begleitung von SRF zog der Vater von Asylpolitiker Andreas Glarner bei einem Spaziergang durch den Volksgarten in Glarus über dunkelhäutige Passanten vom Leder.

Jetzt auf
«Vielfach sinds fascht barfuäss, wärfet d War umä, lönd alles liggä, wie d Hüener de Dräck.»
Hans Rudolf Glarner

«Ah ja guet, da chömer jetzt grad wieder uf Schwarz, lueg… Isch au wieder en chline Teil vo dä Uswahlsendig», sagte Vater Glarner während die Kamera drei junge, dunkelhäutige Männer afrikanischer Herkunft ins Bild rückte. Und weiter: «Vielfach sinds fascht barfuäss, wärfet d War umä, lönd alles liggä, wie d Hüener de Dräck.» Über eine dunkelhäutige Frau mit Kopftuch und Kind an der Hand sagte Glarner wenig später, «Jetzt chunnt wieder eini. So ä Stammeshäuptling.»

«Inside Bundeshaus»: Der SRF-Dok zum Nachschauen.

Video: © SRF

Wie offizielle Dokumente zeigen, die Tagesanzeiger.ch vorliegen, hat sich Hans Rudolf Glarner aus Sicht der Staatsanwaltschaft mit seinen Aussagen der Rassendiskriminierung schuldig gemacht. «Es ist höchst unschön, dass solche Peanuts zu Anzeigen führen», sagt Andreas Glarner auf Anfrage.

Andreas Glarner spricht von «Maulkorb»

Für sein Vergehen verurteilt die Staatsanwaltschaft den Rentner zu einer Geldstrafe von 1600 Franken, einer Busse von 500 Franken und einer Probezeit von zwei Jahren. Zudem muss er die Verfahrenskosten übernehmen. Nationalrat Glarner ärgert sich: «Mein Vater sagt sich: ‹Ich bin 78 Jahre alt und ziehe das Urteil deshalb nicht weiter.› Es ist ein Maulkorb, man darf nicht mehr sagen, was man denkt.»

Hans Rudolf Glarner ist geständig. Doch der einstige Sozialdemokrat wirft dem Schweizer Fernsehen vor, seine Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Gewisse Bilder aus dem Dokumentarfilm hätten nicht mit seinen Aussagen übereingestimmt. Seine Aussagen seien nicht auf die im Film gezeigten Menschen bezogen gewesen. Doch wie das Urteil zeigt, glaubte ihm die Staatsanwaltschaft nicht.

Hinter der Verurteilung stehe, so Andreas Glarner, «ein übereifriger Staatsanwalt und irgendein Student aus Genf, der Strafanzeige erstattete». Die Relationen gelte es zurechtzurücken. «Die Verurteilung stimmt meinen Vater traurig. Er hat ein Leben lang Steuern bezahlt und für dieses Land gekämpft.»

Nach der Sendung war Hans Rudolf Glarner scharf kritisiert worden. Thomy Zimmermann, Wirt des Restaurants «City» in Glarus, erkannte seinen Mitarbeiter Minas Ashebir als einen der dunkelhäutigen Männer, die auf der Parkbank sassen. In der «Südostschweiz» empörte sich Zimmermann über die Beleidigungen. «Glarner erweckt den Eindruck, dass Minas ein Nichtsnutz sei und der Schweiz schade. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall! Minas ist ein Vorbild für so manchen Schweizer!» (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
106 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Schlafwandler
14.07.2017 01:36registriert November 2015
Merke: Wer "ein Leben lang Steuern bezahlt und für dieses Land gekämpft" hat, gehört nicht verurteilt...oder so ähnlich.

Ah und noch was: Thomy Zimmermann ist der unterschätzte Held dieser Geschichte. Wichtiger als jedes Gerichtsurteil ist, dass man für seine Freunde, Arbeitskolleginnen, Nachbarn etc. aufsteht und widerspricht. Das ist das A und O! Widersprechen, widersprechen, widersprechen! Man wird den Rassisten vermutlich nicht ändern aber dafür den Betroffenen etwas Mut und Hoffnung schenken.
Peace out.
9712
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sapere Aude
14.07.2017 02:28registriert April 2015
Eigentlich interessant wie sich Rassisten immer in die Opferrolle flüchten.
8814
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zaba
13.07.2017 23:31registriert September 2015
Ich habe kürzlich auf Glarners Facebook-Seite zwei Statements abgegeben, die weder verletzend noch anstössig waren, sondern einfach nur eine andere Meinung widerspiegelten. Es ging etwa 30 min. bis er mich gesperrt hat. So viel zum Glarner'schen Verständnis von Meinungsfreiheit...
8212
Melden
Zum Kommentar
106
Es ist wieder weiss in der Schweiz ... 🧐
Der April macht seinem Ruf wieder einmal alle Ehre. In der Schweiz sind in den letzten Wochen unterschiedlichste Wetterkapriolen zu beobachten. Heute Morgen waren verschiedene Ortschaften plötzlich eingeschneit – so zum Beispiel Bern.

Zuerst hat es andauernd geregnet, dann hatten wir plötzlich Sommertemperaturen, diesen wiederum folgten stürmische Windböen (der Böögg lässt grüssen) – und jetzt gibt's plötzlich wieder Schnee: Der April läuft wieder mal zur Höchstform auf.

Zur Story