Ein weisses Stück Papier sorgte in der Gemeinde Arosa in den vergangenen Tagen für internationalen Aufruhr. Mit dem Zettel, angebracht von der Hauswartin, wurden jüdische Gäste des Aparthauses Paradies gebeten, vor dem Schwimmen zu duschen. Ansonsten würde der Swimmingpol geschlossen.
Die Meldung verbreitete sich wie ein Flächenbrand. Nationale und internationale Medien berichteten über den Fall und kritisierten die antisemitischen Äusserungen. Selbst die stellvertretende israelische Aussenministerin Tzipi Hotovely intervenierte in der israelischen Botschaft in der Schweiz.
Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Es ist nicht das erste Mal, dass Arosa der Judenfeindlichkeit verschrien wird. Bereits im Jahr 1986 wurde «Der Spiegel» auf die Vorurteile und Feindseligkeiten gegenüber orthodoxen Juden in Arosa aufmerksam.
Angefangen hat alles mit dem katholischen Publizist und Religionslehrer Otto Kopp. Kopp sprach einst in einer Schulstunde in den höchsten Tönen von der grossen Anzahl jüdischer Nobelpreisträger. Was seine Schüler dazu veranlasste, ihre und ihrer Eltern Vorurteile gegenüber Juden vor ihm auszubreiten.
Kopp berichtete darauf in der «Weltwoche» über die antisemitische Haltung einiger Einheimischer gegenüber ihren zahlreichen orthodoxen jüdischen Urlaubsgästen – worauf er plötzlich «zum bestgehassten Mann im Dorf» wurde, wie er dem Spiegel berichtete.
Doch es zeigte sich: Kopps Anschuldigungen waren nicht völlig aus der Luft gegriffen. Eine im Herbst 1985 durchgeführte Umfrage des Gemeindebundes Arosa, Davos und St. Moritz zeigte, dass die Bevölkerung «ein beträchtliches Unbehagen gegenüber den orthodoxen jüdischen Gästen habe». Das Ergebnis der Umfrage wurde jedoch nie veröffentlicht. «Man wolle die Stimmung nicht noch mehr anheizen», hiess es von Seiten jüdischer Institutionen auf Nachfrage des Spiegels.
Auch Kopps Kritik in der «Weltwoche» sorgte für grosse Wellen – von New York bis nach Tel Aviv. Bis der damalige Gemeindepräsident, Heinrich Schad, dem Schweizer Fernsehen verärgert versichern musste, dass «alle Gäste gleich willkommen sind». Der Inhaber des Hotels Metropol, Beinas Levin, dementierte das Antisemitismus-Problem komplett. «Die Medien versuchen etwas aufzubauschen», erklärte Levin dem Spiegel.
Und trotzdem: Obwohl kein einziger Aroser je etwas von Antisemitismus gespürt haben wollte, erzählten dem Spiegel einige Hoteliers und Vermieter von Ferienwohnungen von «Missverständnissen» und «Auseinandersetzungen» und einzelnen merkwürdigen Vorfällen mit jüdischen Feriengästen. So würden einige Juden im Sommer gar mit den Kleidern ins Wasser steigen.