Der Angeklagte fand am Montag einen bis auf den letzten Platz besetzten Saal vor. Er erschien in grauer Kleidung und Baseball-Mütze und nahm wortlos auf der Anklagebank Platz. Vor seiner Befragung wurden zunächst Prozessfragen behandelt.
Der Anwalt der Familie des Opfers verlangte dabei, dass die ehemalige Direktorin des auf Resozialisierung spezialisierten Zentrums «La Pâquerette» im Prozess vorgeladen wird. Sie hatte dem Genfer Strafgericht am Freitag ein medizinisches Zeugnis vorgelegt, wonach sie nicht vor Gericht befragt werden könne.
«Wir machen nicht dem Kanton Genf den Prozess» sagte der Anwalt der Familie. Eine Befragung der ehemaligen Direktorin des Zentrums helfe jedoch, die Vorgänge klar zu sehen. Er verlangte auch, dass die ehemalige Direktorin des Genfer Amtes für Straf- und Massnahmenvollzug als Zeugin vorgeladen wird.
Der Angeklagte war wegen zwei Vergewaltigungen im Zentrum «La Pâquerette» in der Genfer Strafanstalt Champ-Dollon inhaftiert gewesen, bevor es im September 2013 zum verhängnisvollen Freigang kam. Er brachte die Sozialtherapeutin in der Nähe eines Reitzentrums um, in dem er eine Therapie hätte absolvieren sollen.
Die Verteidiger des schweizerisch-französischen Doppelbürgers sorgten mit einem Antrag für aufsehen, die Schwester des Opfers als Klägerpartei vom Prozess auszuschliessen. Zudem wollten sie die Ex-Freundin des Angeklagten als Zeugin vorladen.
Die Polin war das Ziel der dreitägigen Flucht des Angeklagten, bevor dieser an der deutsch-polnischen Grenze verhaftet wurde. Generalstaatsanwalt Olivier Jornot wies die Anträge zurück. Das Gericht folgte ihm und lehnte alle Anträge der Parteien ab.
Danach ging es mit der Befragung des Angeklagten weiter, der Auskunft über seinen Lebenslauf gab. Die Gerichtspräsidentin erinnerten ihn auch daran, dass er einem früheren Prozess wegen einer Vergewaltigung fern blieb, dem Gericht jedoch eine Postkarte aus Irland zukommen liess, in der er das Gericht verhöhnte.
Der Angeklagte bezeichnete die Postkarte am Montag als «pure Dummheit». Er gab an, wie er mit 16 Jahren das Elternhaus in Frankreich verliess und darunter litt, dass seine Schwester von der Mutter vorgezogen wurde. Seine Mutter bezeichnete er gemäss «Blick» als grössenwahnsinnig, egozentrisch und despotisch, seinen Vater als perversen Alkoholiker.
Zum Tötungsdelikt wird er erst später befragt. Der Prozess dauert zwei Wochen. (dwi/sda)