An kleinen Bahnhöfen wie Muttenz BL, Uetikon ZH oder Neuenhof AG gibt es ab dem 1. Januar 2018 nur noch Billette aus der Maschine. Betroffen sind 52 Bahnhöfe, an denen die SBB den Ticketverkauf ausgelagert haben. Post, Migrolino und Avec haben den Kunden bislang Billette angeboten. Nun streichen die SBB auch diese Ersatzlösungen. Der «Schweiz am Sonntag» liegt die Liste der betroffenen Bahnhöfe vor. Sie zeigt, dass der Abbau vor allem in den Kantonen Zürich, Thurgau und St.Gallen stattfindet.
Das Ende der 52 Partner-Verkaufsstellen ist der vorläufige Höhepunkt einer grösseren Entwicklung. Die Ticketschalter verschwinden aus den Schweizer Bahnhöfen, langsam, aber stetig. 2005 verkaufte das SBB-Personal noch Billette an 262 Haltestellen. Heute sind bediente Schalter nur noch an 176 von 794 Bahnhöfen vorhanden. Damit schlossen die SBB in nur zehn Jahren jede dritte Verkaufsstelle. Nur noch an jedem fünften Bahnhof können Billette bei Personal gekauft werden.
Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr, geht davon aus, dass der Trend anhält. Einerseits weil der öffentliche Verkehr unter Kostendruck stehe, andererseits weil der bediente Billettverkauf praktisch keine Rolle mehr spiele.
Allein im vergangenen Jahr haben die SBB via Internet und App 40 Prozent mehr Tickets als im Vorjahr verkauft. Das sind über 18 Millionen Billette. Damit befindet sich der Online-Verkauf erstmals auf dem Niveau der bedienten Schalter, die 19,8 Millionen Tickets absetzten. Spitzenreiter sind die Automaten mit 48 Millionen Billetten.
SBB-Sprecher Daniele Pallecchi rechtfertigt den Abbau: «Der Bund verlangt, dass wir haushälterisch mit unseren Mitteln umgehen.» Bei den Billettkäufen sei ein massiver technologischer und gesellschaftlicher Wandel im Gange. «Wenn vier von fünf Billetten nicht am Schalter gekauft werden, ist es logisch, dass wir die Absatzzahlen unserer Verkaufsstellen regelmässig überprüfen», sagt er. Die Sicherheit an den Bahnhöfen bleibe aber gewährleistet.
Dennoch regt sich nun Widerstand gegen das Schaltersterben. «Wir haben entschieden, eine Petition zu machen gegen die Schalterschliessungen bei den SBB», sagt Matthias Müller vom Verkehrsclub Schweiz (VCS). Innerhalb nicht einmal ganz einer Woche hätten die Petition 2500 Personen unterzeichnet.
«Die Entwicklung ist beunruhigend», sagt auch Peter Moor, Sprecher der Gewerkschaft des Verkehrspersonals. Die SBB würden die Bahnhöfe viel zu stark «enthumanisieren». Andere sprechen von Geisterbahnhöfen. «Menschen werden durch Maschinen ersetzt», sagt Moor, «dabei schätzen die Passagiere den persönlichen Kontakt.»
Auch die Gewerkschaft rechnet damit, dass in den kommenden Jahren noch viele bediente Schalter geschlossen werden. Der Abbau zeichne sich bereits durch kürzere Öffnungszeiten ab, wie sie diese Woche für das Reisezentrum Glarus verkündet wurden. Auf diese Weise würde erst der Umsatz reduziert und dann der Schalter früher oder später geschlossen, sagt Moor. «Es ist immer das gleiche Muster.»
Auch grössere Bahnhöfe könnten bald vom Abbau betroffen sein. In der kommenden Woche wollen die SBB weitere Details zum Sparprogramm «Rail Fit» verkünden. Bis 2020 sollen 550 Millionen Franken eingespart und mindestens 900 Stellen abgebaut werden. Für 2030 und darüber hinaus sieht der Konzern zudem eine Kostenreduktion von 1,75 Milliarden Franken vor. Davon dürften auch Schalter betroffen sein. «Wir werden uns gegen überrissene Pläne wehren», kündigt Moor an. «Wenn alle anderen Mittel nichts nützen, sind wir auch bereit, zu streiken.»
Kurt Schreiber, Präsident des Vereins Pro Bahn, ist schon einen Schritt weiter. Er bereitet eine Resolution vor. Schreiber verlangt von den SBB Kompensationen für die Schalterschliessungen. Vor allem ältere Menschen hätten Mühe, via App oder Automat ihr Billett zu lösen. Dabei würden ihnen häufiger Fehler passieren als bei der Bestellung am Schalter. So würden sie zwar den richtigen Zielort, aber die falsche Strecke wählen. Trotz gültigem Billett müssen sie dann einen Zuschlag von hundert Franken zahlen.
Schreiber fordert, dass diese «Busse» abgeschafft wird. «Auch die Post schliesst viele Schalter. Doch wenn ich den Einzahlungsschein falsch ausfülle, muss ich auch nicht einen Zuschlag von hundert Franken zahlen.»
(trs)