Schweiz
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Heftige Kritik nach Ankündgung von Stellenabbau bei den SBB

«Unüberlegtes Sparen» – heftige Reaktionen auf Stellenabbau bei den SBB

Die Bundesbahn muss sparen – zwar zum Leidwesen des Personals, nicht aber zum Leidwesen des Kunden, hiess es heute bei den SBB. Die Gewerkschaft und Pro Bahn bezweifeln trotzdem, dass der Service trotz Stellenabbau gleich bleibt.
22.09.2016, 12:2822.09.2016, 14:11
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Andreas Meyer, SBB CEO praesentiert das neuste Programm "Railfit 20/30t" zur Kostensenkung und Wettbewerbsfaehigkeit der SBB fuer die Zukunft, am Donnerstag, 22. September 2016, in Bern. Bis ...
SBB-CEO Meyer greift durch.Bild: KEYSTONE

Der Kunde solle nicht mitbekommen, was «wir hier machen», sagte SBB-CEO Andreas Meyer, als er am Donnerstagvormittag in Bern das «RailFit» vorstellte. Stark zu spüren bekommen aber die Angestellten das Sparprogramm: 1400 Stellen wollen die SBB bis 2020 streichen – in der Administration, in der Verwaltung und im Betrieb. Zudem sollen die Löhne um 0,8 Prozent gesenkt werden.

Der Protest kam postwendend: Die SP twitterte, das sei kein Service Public und «nicht akzeptabel» und die Gewerkschaft des Verkehrspersonal SEV beraumte eine Pressekonferenz im Nachgang derjenigen der SBB an.

Kritik an der Wahl von McKinsey

Bei «RailFit» handle es sich um ein reines Abbauprogramm, heisst es bei der SEV, um «unüberlegtes Sparen». Die schlimmsten Befürchtungen hätten sich bestätigt. Betroffen seien Berufsgruppen, die für den zuverlässigen und sicheren Betrieb der Bahn unentbehrlich seien, beispielsweise Zugverkehrsleiter.

«Die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass die Entmenschlichung der Bahn der grösste Fehler der SBB ist», hält SEV-Präsident Giorgio Tuti fest und ergänzt: «Wir brauchen einen Rehumanisierung der Bahn – Menschen statt Maschinen!»

Tuti kritisiert zudem, dass die SBB die Vereinbarung mit der Pensionskasse zur Berufsinvalidität gekündigt habe. Sie spare damit bei den Schwächsten und zeige, «dass sie nicht mehr bereit ist, soziale Verantwortung zu übernehmen für jene Leute, die aufgrund ihrer beruflichen Laufbahn ausserhalb der SBB gar keine Arbeit mehr finden können», sagt Tuti.

Diesen Leistungsabbau kritisiert auch Transfair. Der Personalverband sei besorgt über die Vorgänge, denn sie träfen oft ältere Mitarbeitende, heisst es in einer Mitteilung. Transfair befürchtet ausserdem «personelle Engpässe, Wissensverluste und Arbeitsverdichtungen», die der SBB schaden könnten.

Trotz des heutigen Protestes zeigt sich die SEV wenig überrascht. Sie hatte bereits die Wahl der Beraterfirma McKinsey kritisiert, die dafür bekannt sei, «dass sie ausschliesslich auf Abbau fixiert ist.» SEV kündigte Widerstand gegen die Pläne an. 

Pro Bahn nicht grundsätzlich gegen Streichungen

Auch Pro-Bahn-Präsident Kurt Schreiber hält nichts von den McKinsey-Beratern. «Es kann ja nur schief kommen, wenn sich externe Berater Sparmassnahmen ausdenken», sagt er gegenüber watson. Trotzdem ist Schreiber nicht grundsätzlich gegen Stellenstreichungen. 

Wenn die Kürzungen die Bahn tatsächlich wieder «fit» machen, ist das gut. Die SBB habe in den letzten Jahren in der Administration Personal aufgestockt. «Dort können sicher Abläufe vereinfacht werden.» Dafür ist Schreiber entschieden gegen Stellenstreichungen beim Personal an den Schaltern und in den Zügen. 

Die SBB hat in den letzten zehn Jahren 4670 Arbeitskräfte zusätzlich eingestellt.
Die SBB hat in den letzten zehn Jahren 4670 Arbeitskräfte zusätzlich eingestellt.tabelle: sbb jahresbericht

«Dort braucht es nach wie vor viel Personal. Sonst zieht sich die SBB immer mehr von der Kundschaft zurück», sagt Schreiber. Dann verschlechtere sich der Service. «Und das spüren die Passagiere», sagt Schreiber. (dwi)

24 Bilder aus der guten alten SBB-Zeit

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24 Bilder aus der guten alten SBB-Zeit
Am 1. Januar 1902 wurden die SBB gegründet. An diesem Tag fuhr auch der erste SBB-Zug, der eigenhändig von der SBB-Generaldirektion geführt wurde. Bis dahin wurde der Betrieb zwar im Auftrag der Bundes, aber noch in der Organisation der Privatbahnen geführt. Sukzessive wurden von 1901 bis 1909 die fünf grössten Privatbahnen verstaatlicht und in die SBB überführt. Die Männer tragen schicke Doppelreiher und posieren vor dem allerersten SBB-Zug. Er ist gerade im Bahnhof Bern eingetroffen. ... Mehr lesen
quelle: foto service sbb / str
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28 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zar Otti
22.09.2016 13:19registriert Juni 2014
Fährt ein Range Rover auf eine Schafweide. Der Fahrer schlägt dem Hirten eine Wette vor: "Wenn ich weiss, wieviele Schafe du hast, darf ich eins mitnehmen". Der Hirte willigt ein. Nach diversen Berechnungen im Auto sagt er: "2117 Schafe". Der Hirte ist erstaunt, die Zahl stimmt. Der Typ packt ein Schaf in den Range.
Nun der Hirte: "Wenn ich auf Anhieb deinen Job errate, krieg ich das Schaf wieder". Der Typ nickt. Der Hirte: "Du bist bei McKinsey. Fährst hier ein, ohne zu fragen. Sagst mir etwas, was ich eh schon weiss. Und hast offensichtlich keine Ahnung, denn du hast meinen Hund eingepackt."
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Luca Brasi
22.09.2016 13:13registriert November 2015
Und am Samstagabend wird der "Samschtigjass" aus dem HB Zürich übertagen mit dem SBB-CEO als Gast. Hurra!
Achtung: Dieser Kommentar kann Ironie enthalten.
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ket4mon
22.09.2016 14:24registriert März 2014
Externe Firmen für das analysieren und bewerten von internen Vorgängen kann durchaus Vorteile mit sich bringen, allerdings sollte die Ausführung betriebseigenen Personen überlassen werden. Sie wissen, wer was macht und wie wichtig die jeweiligen Personen sind.

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