Gleich zu Beginn mussten die Gäste in der «Arena» die Hosen runterlassen: Wie viel ihr letzter Wahlkampf gekostet habe, wollte Moderator Jonas Projer von ihnen wissen. Das erste Gebot gab der Aargauer FDP-Mann Thierry Burkart ab: 80'000 Franken. Wobei er die Frage nach den Namen der wichtigsten Spender grosszügig überhörte.
Gesprächiger zeigte sich diesbezüglich Nadine Masshardt, SP-Nationalrätin aus Bern. 25'000 Franken war ihr die Wiederwahl in den Nationalrat nach eigenen Angaben wert. Die grösste Spende – 2000 Franken – habe sie von ihren Eltern erhalten.
Gar kein Interesse an einem finanziellen Striptease dieser Art zeigte hingegen der Dritte im Bunde, Erich Hess. «Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig», liess der Berner SVP-Nationalrat die Zuschauer wissen. Um sich dann zur Aussage hinreissen zu lassen, 100'000 Franken reichten in einem grossen Kanton wie Bern nicht weit.
Grund dafür, dass sich die Politiker entgegen der Schweizer Gepflogenheiten vor laufenden Kameras über ihre Ausgaben austauschten, war die Initiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung», die diese Woche von einem überparteilichen Komitee eingereicht worden war. Sie verlangt, dass Parteien ihre Finanzen offenlegen und die Herkunft von Grossspenden über 10'000 Franken deklarieren müssen.
In einer Demokratie sei es entscheidend, dass die Leute wüssten, wo die grossen Spenden herkommen, argumentierte Masshardt. «Es ist eine Tatsache, dass die Schweiz das einzige Land in Europa ist, das keine Transparenzregelung kennt in der Politik», sagte sie mit Verweis auf die internationalen Organisationen OECD und GRECO, die die Schweiz deswegen seit Jahren scharf kritisieren. Flankiert wurde Masshardt von Otto Hostettler, Co-Präsident des Vereins Lobbywatch.
«Niemand ist an sich gegen mehr Transparenz», versuchte Gegner Thierry Burkart, den Befürwortern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es gehe ihm um den Schutz der Spender, die bei einer Annahme der Initiative zwangsgeoutet würden. «Ich kenne einen erzbürgerlichen Kerli, der mir erzählt hat, dass er bei einer Wahl einen linken Kandidaten unterstützen will.» Diesem «Kollegen aus Baden» wäre es gar nicht recht, wenn jemand davon erführe, so Burkart.
Bei Migrationsthemen wäre es schwierig, überhaupt an Kampagnengelder zu kommen, ereiferte sich daraufhin Erich Hess. Kaum eine Firma oder eine Privatperson habe ein Interesse daran, solche Vorlagen öffentlich zu unterstützen. Damit landete der Mann mit der Igeli-Frisur einen Treffer, manövrierte sich aber gleichzeitig auch in eine Sackgasse. Denn sein anderes Hauptargument an diesem Abend lautete, dass sich das Volk nicht kaufen lasse von der Politik.
Von Moderator Projer mit dem Widerspruch konfrontiert («Dann spielt ja Geld trotzdem eine Rolle!»), verrannte sich Hess in die Aussage, in Abstimmungskämpfen hätten ja jeweils beide Seiten gleich viel Geld. Wie ein Lausbub, der bei einem Streich erwischt worden war, konnte er sich das Lachen nicht verkneifen, als Projer feststellte, dass diese These nun etwas gar steil geraten sei.
Ob Stimmbürger wirklich käuflich sind, erörterte Politikberater Louis Perron am Expertentisch. Ein Ja an der Urne sei teurer als ein Nein, dozierte er gut gelaunt. Denn für ein Nein reiche es, das schwächste Argument der Befürworter zu identifizieren und die ganze Kampagne darauf auszurichten. Die Bürger von einem Ja zu überzeugen, sei ungleich schwieriger.
Geld ist laut Perron nicht der einzige Faktor in Abstimmungskämpfen, «aber ein wichtiger». Wenn eine Seite in einem Abstimmungskampf doppelt so viel Geld zur Verfügung habe wie die andere, sei dies deutlich spürbar. Und in der Schweiz herrsche «ab und zu» ein solch krasses Missverhältnis. Verglichen mit dem europäischen Ausland mute das Schweizer System «schon etwas gspässig» an, so der Politologe weiter. Denn in unseren Nachbarländern herrschten nicht nur strenge Transparenz-Vorschriften. Gleichzeitig seien die Parteien dort auch staatlich finanziert und darum viel weniger auf private Spenden angewiesen.
Genau darauf hatten die Initiativgegner gewartet: Thierry Burkart warnte davor, dass eine staatliche Parteienfinanzierung bei einer Annahme der Initiative unumgänglich wäre, weil die privaten Spenden in dem Fall drastisch zurückgingen. Und Erich Hess sah die Schweiz bereits in der Hand von «faulen» Parteikadern, die «nichts mehr machen fürs Land». Ein solch «kommunistisches System» gelte es abzuwehren.
Die zunehmend ungeduldigeren Einwände Masshardts, dass nichts dergleichen zur Debatte stehe, taten den düsteren Visionen keinen Abbruch. Ohnehin prallten in der Runde kommunikative Welten aufeinander: Während die SP-Frau ihren ersten «Arena»-Auftritt im Angriffsmodus absolvierte, war Hess zum Scherzen aufgelegt und sichtlich entspannt.
Die Pointe des Abends landete er, als Projer die Runde an diesem Freitag, dem 13. zu ihrer abergläubischen Seite befragte. «Angst und Geld hani no nie gha», antwortete Hess in Anlehnung an den Kultspruch des IV-Rentners Yilmaz Z. – und hatte damit die Lacher auf seiner Seite.