SVP-Chef Albert Rösti rüffelt im jüngsten Newsletter seine Partei: «Ich stelle eine grosse Selbstzufriedenheit und Bequemlichkeit fest.» Fast verzweifelt fordert er von den Mitgliedern mehr Knochenarbeit und weniger Karrieredünkel.
Der Grund: Die strahlende Siegerin der Parlamentswahlen 2015 schwächelt. Im Wallis flog SVP-Regierungsrat Oskar Freysinger aus der Regierung. In Solothurn verlor die SVP einen Parlamentssitz, und im Kanton Neuenburg wurde die noch junge Partei regelrecht pulverisiert. Sie büsste wegen parteiinterner Querelen 11 ihrer 20 Mandate ein.
Nun blickt die grösste Partei bange in die Waadt, wo am Sonntag Regierung und Parlament neu bestellt werden. «Die Ausgangslage in der Waadt ist eine ganz andere als im Wallis oder in Neuenburg», sagt Rösti. In der Genferseeregion ist die SVP seit 95 Jahren fest im landwirtschaftlichen Milieu verankert.
Auch ist es die Heimat von Bundesrat Guy Parmelin, in den die Partei grosse Hoffnungen setzte. Nach dessen Wahl in die Regierung frohlockte der damalige Parteipräsident Toni Brunner in der «Zentralschweiz am Sonntag»: «Guy Parmelin wird uns in der Romandie 4 Prozent mehr Stimmen bringen.»
Parteichef Rösti relativiert: «Diese Worte stammen nicht aus meinem Mund.» Parmelin leiste gute Arbeit, die sich aber nicht so rasch in Wählerstimmen ummünzen lasse. Rösti erwartet, dass die Partei ihre 27 Sitze im 150-köpfigen Parlament halten kann.
Mit dem Landwirt Jacques Nicolet greift die SVP den Regierungssitz an, den die Partei 2011 an die Sozialdemokraten verloren hatte. Hat sie Erfolg, kippt die Kantonsregierung wieder nach rechts. Für den 51-Jährigen aus dem 300-Seelen-Dorf Lignerolle spricht die Allianz mit den Freisinnigen.
Gegen ihn spricht eine Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo, die bei den Wählern keine Anzeichen einer Wechselstimmung ausmacht. Bis auf die amtierende Regierungsrätin der Grünen dürften alle sechs Bisherigen im ersten Wahlgang gewählt werden.
Im zweiten Durchgang läuft alles auf einen Dreikampf um die verbliebenen zwei Sitze hinaus. Gemäss Sotomo dürfte sich die Grüne Béatrice Métraux die Wiederwahl sichern. Im Duell zwischen Nicolet und SP-Nationalrätin Cesla Amarelle sieht Sotomo die SP-Vertreterin um sieben Prozentpunkte vorn. «Der Wahlkampf ist flau, ein Blick über die Grenze nach Frankreich verspricht mehr Spannung», sagt SP-Nationalrat Roger Nordmann. Dem Kanton geht es gut. Er schreibt konstant schwarze Zahlen. Die drei freisinnigen Regierungsräte haben sich mit der linken Mehrheit arrangiert.
Die beiden Leitwölfe, SP-Regierungspräsident Pierre-Yves Maillard und FDP-Finanzdirektor Pascal Broulis, brachten beispielsweise mit ihrem viel beschworenen «compromis dynamique» die kantonale Umsetzungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III mit grosser Mehrheit an der Urne durch. Sechs der sieben Regierungsräte stellen sich der Wiederwahl, man schont sich gegenseitig.
Warum setzt die FDP trotzdem auf eine bürgerliche Achse? «Die SVP ist drittstärkste Kraft im Parlament, aber bleibt in der Regierung ohne Sitz», sagt Frédéric Borloz, Präsident der FDP-Kantonalpartei. Das erschwere die Zusammenarbeit. Zudem stiegen im Kanton die Sozialkosten, die man mithilfe der SVP zurückbinden wolle.
Doch ausgerechnet der SVP-Kandidat leistete sich im Wahlkampf einige Aussetzer: So unterliess er es im Westschweizer Radio, sich von der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen zu distanzieren. Und er brachte die Waadtländer Tierärzte gegen sich auf, als er gegenüber «24 Heures» sagte, er lasse seine Kühe von französischen Tierärzten behandeln, da es in seiner Region keine Veterinäre gebe.
Der bürgerliche Schulterschluss macht SP-Mann Nordmann derweil kein Bauchweh: «Die SVP ist die Wasserträgerin der Freisinnigen», sagt er. SVP-Wähler würden FDPler wählen, während FDP-Wähler den SVP-Kandidaten von der Liste strichen.
Ist einfach so.
Ausserdem entzaubern sich "Rechtsnationale" aktuell weltweit, indem sie die Macht erringen und -passend zu ihrem autoritären bis Inquisitorischen Denken- Demokratien zuerst in "Demokraturen" und schliesslich in Diktaturen verwandeln.
SVP-Strategen wie Blocher versuchen krampfhaft, solche offensichtliche Parallelen zu vernebeln und zu verwischen, was aber nur halbwegs gelingt.
Der Faschismus trägt verschiedene Masken, von Rechtsnational über Islamistisch bis zu Linksrevolutionär.
Das soll uns täuschen und verwirren...
Also, wenn es jetzt in der Waadt keinen Zuwachs an Wählerstimmen gibt, dann kann man die Strategie "Guy for Bundesrat" zwecks Stärkung des Wähleranteils in der Romandie, als gescheitert betrachten.