Schweiz
Terrorismus

Bundesanwalt nimmt IZRS-Anführer Blancho und Illi ins Visier

Head of Public Affairs of the Islamic Central Council of Switzerland (ICCS) Abdel Azziz Qaasim Illi speaks to members of ICCS during the "United in Peace" event in Kehrsatz near Bern, Switze ...
Qaasim Illi.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Bundesanwalt Lauber nimmt IZRS-Anführer Blancho und Illi ins Visier

Bundesanwalt Michael Lauber ermittelt nach eigenen Angaben gegen die Anführer des radikalen Islamischen Zentralrats der Schweiz IZRS, Nicolas Blancho und Qaasim Illi. Er will sie anklagen und damit seine Möglichkeiten zur Bekämpfung islamistischer Propaganda ausloten.
25.11.2016, 03:5725.11.2016, 06:30
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Blancho und Illi sollen sich wegen eines Syrien-Films verantworten, den die Gruppierung im November 2015 veröffentlichte. Seit Dezember 2015 läuft deswegen bereits ein Verfahren gegen Naim Cherni, der auch dem IZRS-Vorstand angehört. Die Strafverfolger werfen ihm vor, eine Reise nach Syrien propagandistisch dargestellt und sich nicht explizit von Terrorgruppierungen distanziert zu haben.

«Wir haben dieses Verfahren inzwischen auf den Präsidenten und den Kommunikationsverantwortlichen des IZRS ausgeweitet», sagte Lauber in einem Interview, das am Freitag in der «Neuen Zürcher Zeitung» erschien. Die Konvertiten Blancho und Illi bekleiden diese Funktionen beim Zentralrat.

Bundesanwalt Michael Lauber aeussert sich zum Fall FIFA und zu seiner Wiederwahl, am Mittwoch, 17. Juni 2015, in Bern. (KEYSTONE/Marcel Bieri)

Switzerland’s attorney general Michael Lauber speaks d ...
Hofft auf eine Anklage gegen Illi und Blancho im nächsten Jahr: Bundesanwalt Michael Lauber.Bild: KEYSTONE

Er wolle wissen, «wie weit die Meinungsfreiheit geht und ab wann es sich um strafbare Propaganda für eine Terrororganisation handelt», sagte Lauber weiter. Der Fall habe für die Bundesanwaltschaft hohe Priorität: Er hoffe auf eine Anklage gegen die Männer beim Bundesstrafgericht im nächsten Jahr.

Video nach wie vor online

Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen eines möglichen Verstosses gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen Al-Kaida und «Islamischer Staat» («IS») sowie verwandter Organisationen. Der Zentralrat und Cherni wiesen die Vorwürfe an einer Medienkonferenz nach Bekanntwerden des Strafverfahrens von sich und kritisierten, die Bundesanwaltschaft schiesse mit Kanonen auf Spatzen.

Naim Cherni, Vorstandsmitglied des IZRS, rechts, spricht an der Seite von Nicolas Blancho, Praesident IZRS, waehrend einer Medienkonferenz des Islamischen Zentralrats Schweiz, am Montag, 21. Dezember  ...
Nicolas Blancho und Naim Cherni.Bild: KEYSTONE

Chernis umstrittenes 38-minütiges Interview mit einem Dschihadistenführer in Syrien ist trotz Bemühungen der Bundesanwaltschaft zur Entfernung auch heute noch auf dem Videoportal YouTube abrufbar – und der IZRS bewirbt es nach wie vor. In etwas mehr als einem Jahr ist es über 100'000 Mal aufgerufen worden.

Nur wenige neue Verfahren

Im Zusammenhang mit islamistischer Radikalisierung und Terror führt die Bundesanwaltschaft laut Lauber derzeit «rund 70 Verfahren». Damit sind in den vergangenen Monaten kaum mehr neue Fälle hinzugekommen. Im März 2016 hatte Lauber von «gut 60 Verfahren» gegen mutmassliche Dschihadisten gesprochen.

Verfahren würden unter anderem auch gegen Personen geführt, die mit der Koran-Verteilungsaktion «Lies» in Verbindung stünden, sagte Lauber weiter auf eine entsprechende Frage. Das deutsche Innenministerium hatte die salafistische Vereinigung hinter dem Projekt vor zehn Tagen aufgelöst und verboten.

Auch die Schweiz verfolge eine «Null-Toleranz-Strategie», sagte Lauber zum Umgang mit dem umstrittenen «Lies»-Projekt. «Sobald wir die nötigen Fakten kennen, eröffnen wir ein Strafverfahren.»

Allerdings halte er es für richtig, dass es in der Schweiz kein Organisations-Verbot gibt wie in Deutschland, sagte Lauber. Übertriebene Verbote trieben Aktivitäten in den Untergrund, was die Arbeit der Strafverfolger erschwere und die Radikalisierung noch fördern könne. (cma/sda)

Hidschab & Co. – islamische Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka

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Hidschab & Co. – Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka
Hidschab: Wird vor allem als Bezeichnung für ein Kopftuch verwendet, das Haar und Ohren vollständig bedeckt, das Gesicht indes frei lässt. Meist werden zusätzlich die Halsregion, der Ausschnitt und eventuell die Schultern bedeckt.
quelle: shutterstock
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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wilhelm Dingo
25.11.2016 08:41registriert Dezember 2014
Der Islam ist Teil der Schweiz diese Konvertiten nicht. Sie sind höchstens eine extreme Gruppierung wie die Scientologen, Linksextreme, Rechtsextreme etc.
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Herbert Anneler
25.11.2016 07:12registriert August 2015
Gut, dass hier der Staat im Rahmen des Rechts Grenzen auslotet. Wären sich Blanco und Illi der Rechtmässigkeit ihres Tuns sicher, wäre dies sogar auch in ihrem Interesse... Man darf gespannt sein.
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demokrit
25.11.2016 11:32registriert Oktober 2015
Ein Verfahren sollten die deutschen Behörden dringend auch gegen Nora Illi anstrengen. Mit dem Text den sie dort im öffentlich rechtlichen vorlesen durfte, könnte sie sich strafbar gemacht haben.
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