Die Gefahr terroristischer Anschläge ist über das Wochenende auch in der Schweiz konkreter geworden. In Genf sind zwei Syrer festgenommen worden, in deren Auto Sprengstoffspuren gefunden wurden. Die Bundesanwaltshaft hat ein Verfahren eröffnet. Noch mindestens eine Woche bleibt Genf in erhöhter Alarmbereitschaft.
Die beiden Syrer sitzen derzeit in Untersuchungshaft. Sie waren am Freitag in Genf festgenommen worden, am Samstag hat die Bundesanwaltschaft (BA) ein Verfahren gegen sie eröffnet –wegen Verdachts des Herstellens, Verbergens oder Weiterschaffens von Sprengstoffen und giftigen Gasen.
Ferner werden sie verdächtigt, gegen das Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen «Al-Kaida» und «Islamischer Staat» sowie verwandter Organisationen verstossen haben. Die BA arbeitet mit dem Bundesamt für Polizei und den Genfer Sicherheitsbehörden zusammen.
Wie der Genfer Generalstaatsanwalt Olivier Jornot am Samstag vor den Medien in Genf sagte, gaben die beiden Festgenommenen an, sie seien erst am Freitag in die Schweiz gereist und hätten das Auto kürzlich gekauft. Laut Jornot trugen sie syrische Pässe auf sich und sprachen kein Französisch.
Dass Spuren von Sprengstoff gefunden worden seien, bedeute nicht, dass die beiden auch wirklich Sprengstoff transportiert hätten. Für die weiteren Untersuchungen würden sie schon bald an die BA übergeben.
Die Genfer Polizei hatte bereits am Donnerstag wegen Terrorverdachts massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen und die Alarmstufe erhöht. Vor dem Sitz der Vereinten Nationen (UNO) sowie am Flughafen wurde die Polizeipräsenz verstärkt.
Noch mindestens bis kommenden Sonntag soll das bestehende Sicherheitsaufgebot bestehen bleiben. «Wir haben alle Polizisten von anderen Sonderaufgaben abgezogen», sagte der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet im Interview mit der «SonntagsZeitung».
Für die Grenze habe Frankreich 100 Gendarmen zur Verfügung gestellt. Da wegen des Weihnachtsshoppings zahlreiche Menschen unterwegs seien, müsse das Sicherheitsdispositiv auch nach dem Sonntag aufrecht erhalten werden.
«Das sollte machbar sein. Aber es geht nicht ohne Überstunden», sagte Maudet. Täglich evaluiere er mit der Polizeichefin, welche Polizeikräfte einsatzfähig und welche übermüdet sind.
«Möglicherweise müssen wir aus den Nachbarkantonen zusätzliche Polizisten anfordern. Wir möchten aber eher darauf verzichten.» In der «Schweiz am Sonntag» wird Maudet mit der Aussage zitiert, Genf könne die erhöhte Bereitschaft nur bis Weihnachten aufrecht erhalten, danach müssten Korps aus anderen Regionen aushelfen.
Trotz der Lage findet an diesem Wochenende die traditionelle Escalade statt – inklusive dem Umzug, der am Sonntag um 17 Uhr beginnt. Er zieht jedes Jahr Tausende von Menschen in die Innenstadt und erinnert an die erfolgreiche Verteidigung Genfs gegen Karl Emanuel von Savoyen in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 1602.
Maudet sagte in der «SonntagsZeitung», er habe entschieden, die Escalade nicht abzusagen, da dank der französischen Gendarmen mehr Kontrollen möglich seien.
Im Kampf gegen die Terrorfinanzierung forderte Daniel Thelesklaf in der «SonntagsZeitung» einen schnelleren Zugriff auf Finanzdaten. Der Schweizer Jurist leitet die liechtensteinische Fachstelle für Geldwäschereibekämpfung und ist Mitglied eines Expertenkomitees des Europarats zur Terrorismusbekämpfung.
«Nach einem Anschlag wie in Paris muss man innert 24 Stunden Daten zum Teil aus vielen Ländern abgleichen können», so Thelesklaf, «über Personen, gemietete Autos, gekaufte Waffen. Dabei spielen Finanzdaten eine wichtige Rolle.»
Die Expertengruppe arbeite intensiv daran zu verstehen, wie die Zellen der Terroristen in Europa funktionierten und wie sie sich finanzierten. «Dann brauchen wir schnellen Zugriff auf Daten und keine Hindernisse, diese international auszutauschen.»
(sda)