Bevor angehende US-Botschafter ihren Posten im Ausland antreten, müssen sie in die Benimmschule. So lautet ein beliebter Witz unter Diplomaten. Gemeint ist das zweiwöchige Botschafterseminar des Aussenministeriums.
Hier lernen die künftigen Missionschefs und ihre Ehepartner alles, was man als Repräsentant des mächtigsten Landes der Welt wissen muss: Wie man als Botschafter mit der Zentrale in Washington interagiert, wie man sich bei Treffen mit ausländischen Regierungsmitgliedern verhält oder was man bei Terroranschlägen und Geiselnahmen tun soll.
Einer der aktuellen Absolventen des «Ambassadorial Seminar» heisst Ed McMullen. Dank einer Facebook-Panne ist jetzt definitiv klar: US-Präsident Donald Trump will den Politberater aus South Carolina als Belohnung für seine Verdienste im Wahlkampf zum neuen Botschafter für die Schweiz und Liechtenstein machen. Eine Information, die eigentlich unter Verschluss bleiben sollte, bis die Nomination offiziell ist.
Der Fauxpas unterlief einem anderen Kursteilnehmer, dem designierten Botschafter für Luxemburg, Randy Evans. Der prominente Anwalt aus Georgia hat auf seinem Facebook-Profil ein Bild vom Seminar veröffentlicht, das sein eigenes und im Hintergrund zufällig auch die Namensschilder von Ed McMullen und dessen Ehefrau Margaret Ann zeigt. Darunter das Vermerk: «Switzerland/Liechtenstein». Ein Blogger aus South Carolina hat das Bild auf Facebook entdeckt und auf seiner Website veröffentlicht.
Botschafter in spe Ed McMullen ist die Sache unangenehm. In einem E-Mail teilt er der «Nordwestschweiz» mit, er könne «zum jetzigen Zeitpunkt» keinen Kommentar abgeben, und fügt diplomatisch an: «I hope to meet you soon». Auch die US-Botschaft in Bern will sich nicht äussern, solange nichts Offizielles vorliegt.
Der Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, Martin Naville, hält das Foto vom Botschafter-Seminar als starkes Indiz dafür, dass McMullen den Posten bekommen wird. Jedoch dürfte es nach seiner Einschätzung noch einige Zeit dauern, bis der US-Senat ihn im Amt bestätigt.
Die «Schweiz am Wochenende» berichtete im Juni erstmals über Spekulationen, dass McMullen von Donald Trump nach Bern berufen werden könnte. Er stand dem New Yorker Immobilienunternehmer bereits Anfang 2015 als Berater zur Seite, als dieser seine Kandidatur aufgleiste. Danach wurde er Wahlkampfleiter in South Carolina. In den Tagen nach der Wahl ging er im Trump-Tower in New York ein und aus und sass bei der Amtseinsetzung nur wenige Meter von der Präsidentenfamilie entfernt.
McMullen gilt als loyaler Weggefährte des US-Präsidenten: In Interviews sagte er, dieser erinnere ihn an Ronald Reagan, und verteidigte ihn auch bei heftiger Kritik durch alle Böden. Als eine junge Frau im Oktober 2016 aussagte, Trump habe vor Jahren bei einem Schönheitswettbewerb ungefragt die Umkleidekabine betreten, bezeichnete McMullen den Vorwurf als «Tussi-Ausbruch» aus dem Lager von Hillary Clinton.
In den USA ist es üblich, dass Präsidenten, egal ob republikanisch oder demokratisch, Wahlkampfhelfer mit Botschafterposten belohnen, auch wenn diese keine diplomatische Erfahrung mitbringen. Rund 30 Prozent fallen in diese Kategorie. (aargauerzeitung.ch)