Wer von Villigen her auf die Grünegg und wieder herunter nach Mandach fährt, sieht vor allem eines: Grün. Wald, Wiesen, Fluren. Darauf: Kühe, Pferde – und ein Vibrationsfahrzeug, das sondiert, ob die Gegend für ein Atommüll-Tiefenlager geeignet sein könnte. Das 300-Seelen-Dorf ist die SVP-Hochburg im SVP-Kanton Aargau: Ganze 68 Prozent der stimmberechtigten Bevölkerung wählte die Partei mit der Sonne im Logo und dem «Asylchaos» zuoberst auf der Agenda.
So gar nicht zum konservativen Volkswillen Mandachs passt prima vista das Wappen der Gemeinde: «Geteilt von Weiss mit aus der Teilung wachsendem schwarzem Mohr mit roten Lippen und weissem Halsschmuck und von Rot». Es zeigt, so die volkstümliche Deutung, «angeblich den Heiligen Mauritius». Bei den Römern war er Schutzheiliger des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede. Also doch ziemlich SVP, irgendwie.
An diesem Montagmittag ist es in Mandach ruhig, und vermutlich ist es das hier an jedem Montagmittag. Vor dem «Hirschen» haben zwei Handwerker ihre Lieferwagen parkiert. Einer mit aargauischem Nummernschild, einer mit slowenischem. Seit Anfang Oktober ist das Restaurant wieder geöffnet, nachdem es von einer neugegründeten Wohnbaugenossenschaft gerettet worden war. Das Pächterpaar: Mohammad Mizu, Bangladesch, mit Frau Regine, Leipzig.
Gleich nebenan wohnt die wohl berühmteste Mandacherin: «Kräuterhexe» Maja Stürmer. Sie sagt: «Alle gehen wir in den ‹Hirschen›. Wenn es die beiden gut machen, ist deren Herkunft kein Thema.» Mandach sei SVP-Stammland nicht wegen der Ausländerpolitik, sondern wegen der Agrarpolitik: «Wir sind ein Bauerndorf.» Weitherum gingen alle «zum Knecht in die Mühle», auch sie hole ihr Mehl dort. «Angst haben wir nicht vor Flüchtlingen, sondern vor dem asiatischen Marienkäfer, der japanischen Kirschessigfliege und dem amerikanischen Mehltau.»
In der Gaststube des «Hirschen» sitzen zwei ältere Damen und, am Stammtisch, ein älterer Herr. Beide sagen nichts, das nicht nötig wäre, und sind mit ihrem Menü beschäftigt: Hier Wiener Schnitzel, da eine Stange «Feldschlösschen». Auf der anderen Strassenseite wird der ehemalige Volg gerade zu Wohnraum umgebaut. «Er hat halt einfach nicht mehr rentiert», sagt Gemeindeammann Lukas Erne.
Auch er verortet den SVP-Erfolg in der Landwirtschaft: «Es hat viel damit zu tun, dass wir so ländlich sind. Und den Knecht kennen sehr viele persönlich, auch ich.» Die SVP sei die einzige Ortspartei, die es in Mandach gebe. Das sei aber kein Nachteil: «Wenn wir Ämter besetzen müssen, sucht sie auch über die Parteigrenzen hinaus.»
Ortsparteipräsident ist Werner Märki. Den Telefonhörer hebt er an seinem Arbeitsplatz im Kernkraftwerk Leibstadt ab. «Wir richten uns nach der Landwirtschaft, nicht nach der Parteidoktrin», sagt Märki. Man habe auch schon diskutiert, ob man zur BDP wechseln wolle, sich dann aber dagegen entschieden. Wer wechselt denn schon vom Sieger zum Verlierer.