In der Schweiz werden pro Jahr rund zwei Tonnen Heroin konsumiert. Dies zeigen Hochrechnungen einer aktuellen Studie von Sucht Schweiz, die zusammen mit dem Institut für Kriminologie der Uni Lausanne und dem Institut für Sozial- und Präventivmedizin des Unispitals Lausanne durchgeführt wurde.
Doch welchen Weg geht das Heroin, sobald es in der Schweiz ist? Wer verkauft es? In welchen Mengen und für wie viel Wert wird das Rauschmittel verkauft?
Wir haben uns die Ergebnisse der Studie etwas genauer angeschaut.
500 Gramm bis zu einem Kilogramm – so viel wiegen die Päckchen Heroin, die in die Schweiz importiert werden. Das Heroin wird in Basenform verkauft und hat eine braune Farbe – laut der Studie weist es direkt nach dem Import einen Reinheitsgrad von 40 is 60 Prozent auf.
Der geschätzte Preis für ein Kilogramm ungestrecktes Heroin beläuft sich derzeit auf 20'000 bis 30'000 Franken.
Nach dem Import wird das Heroin mit einer vorgefertigten Mischung aus Koffein und Paracetamol gestreckt und in einen Druckverschlussbeutel à fünf Gramm abgepackt. Nach der Streckung weist das Heroin nur noch einen Reinheitsgrad von zehn bis 15 Prozent auf.
In den Druckverschlussbeutel wird das Heroin von den Händlern an die Konsumierenden verkauft. Der Heroinmarkt wird, laut der Studie, hauptsächlich von ethnisch albanischen Gruppen kontrolliert. Sie importieren, strecken und verteilen das Heroin an die Konsumenten.
Seit einem Vierteljahrhundert ist der Heroinmarkt in den Händen albanischer Gruppierungen. Verschiedene Faktoren, darunter die Balkanroute, geschäftliche Verbindungen mit der Türkei und Italien und die Entwicklung der Kriminalität und des Kommunitarismus nach dem Zusammenbruch des Kommunismus haben dazu geführt.
Der Verkauf der Fünf-Gramm-Päckchen wird meistens über einen Anruf von einer Telefonkabine an einen Verkäufer abgewickelt, der sich ausserhalb der Schweiz befindet.
Der Verkäufer legt dabei den Preis und den Ort der Übergabe fest. Wenn der Termin steht, gibt der Verkäufer seinen Lieferanten (Läufer) Bescheid. Die Läufer sind meist junge albanische Männer, die sich jeweils nur wenige Monate in der Schweiz aufhalten.
Die Übergabe des Heroins findet anschliessend beim Treffen zwischen den Läufern und den Konsumenten statt. Die Preise variieren, je nach Ortschaft. In Genf kostet ein Päckchen à fünf Gramm Heroin zwischen 100 bis 120 Franken. In Yverdon zahlen Konsumenten einiges mehr: 180 bis 200 Franken à fünf Gramm.
Die Kosten für Heroin sind enorm gesunken. In den 80er Jahren zahlte man für ein Gramm Heroin noch 500 Franken. Heute erhält man laut Schätzungen bereits ein Gramm Heroin für 20 Franken.
Laut der Studie konsumieren im Kanton Waadt rund 1343 bis 1894 Personen Heroin – 763 bis 1076 fast täglich, 580 bis 818 Personen gelegentlich.
Ein Teil der Konsumierenden verkaufen die erhaltenen Fünf-Gramm-Päckchen aber auch weiter. Abgepackt in kleinen Briefchen à 0,2 Gramm (das entspricht typischerweise einer Dosis) bringen sie das Heroin wieder in den Umlauf. Damit finanzieren sie sich ihren eigenen Konsum.
Die Studie gibt weiter auch die geschätzten jährlichen Ausgaben von Heroin-Konsumenten an. Hochrechnungen zufolge geben regelmässig Konsumierende jährlich zwischen 5000 und 20'000 Franken für den Stoff aus. Das sind rund 200 Gramm Heroin pro Jahr.
Beim untersuchten Heroinmarkt im Kanton Waadt handelte es sich laut der Studie um einen Sekundärmarkt. Sekundärmarkt deshalb, weil ein grosser Teil des Handels ausschliesslich der Verkauf von Konsumierenden an Konsumierende ist.
Käufer und Kaufende kennen sich folglich gegenseitig und verkaufen untereinander die kleinen Päckchen weiter. Dadurch herrscht auch kaum Gewalt, weil niemand eine Vergrösserung des Marktes anstrebt.