Mit der Personenfreizügigkeit (PFZ) oder dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU erhalten alle Staatsbürger der beiden Vertragspartner das Recht, den Arbeitsplatz und den Aufenthaltsort innerhalb der Staatsgebiete frei zu wählen.
Bedingung sind ein gültiger Arbeitsvertrag und ein ausreichendes Vermögen, um nicht von Sozialhilfe abhängig zu sein. Das Abkommen wurde am 21. Mai 2000 vom Schweizer Stimmvolk angenommen. Am 1. Juni 2002 trat es schliesslich in Kraft. Die PFZ ist Teil der rund 20 zentralen bilateralen Abkommen und 100 weiterer Verträge zwischen der Schweiz und der EU.
Die PFZ beschränkt sich auf Aufenthaltsbewilligungen bis zu fünf Jahren und Grenzgängerbewilligungen. Niederlassungsbewilligungen werden davon nicht geregelt.
Dabei sind die 28 EU-Mitgliedstaaten und die vier Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) Liechtenstein, Island, Norwegen und die Schweiz.
Für Kroatien wie auch für Bulgarien und Rumänien gilt die PFZ nur eingeschränkt. Kroatische Staatsbürger dürfen visumfrei in die Schweiz einreisen, wenn sie sich nicht länger als drei Monate in der Schweiz aufhalten. Für längere Aufenthalte ist ein Visum nötig.
Seit dem 1. Juni 2017 gibt es für Aufenthaltsbewilligungen von fünf Jahren Dauer für Personen aus Bulgarien und Rumänien festgelegte Kontingente in der Schweiz. Diese Massnahme gilt für ein Jahr. Für Kroatien gelten auch für Kurzaufenthaltsbewilligungen gewisse Beschränkungen. Bis 2023 werden diese Kontingente aber stetig aufgestockt.
Gleich geht's weiter mit den Informationen zur Personenfreizügigkeit, vorher ein kurzer Hinweis:
Die Bilateralen I – und damit auch die PFZ – wurden bereits 1999 vom Parlament bestätigt. Damals ergriffen aber die Lega dei Ticinesi und die Schweizer Demokraten das Referendum. Sie sehen in der PFZ die Gefahr der unkontrollierten Zuwanderung und Überfremdung.
Keine der grossen Parteien – auch nicht die SVP – unterstützte das Referendum. Die Bilateralen I wurden an der Volksabstimmung am 21. Mai 2000 mit 67 Prozent angenommen.
2005 sollte die PFZ auf zehn neue EU-Staaten – unter anderem Polen, Ungarn und Tschechien – ausgedehnt werden. Das Referendum wurde damals erneut von den Schweizer Demokraten ergriffen, unterstützt wurden sie dieses mal aber von der SVP.
Christoph Blocher äusserte sich damals als Bundesrat noch positiv über die Osterweiterung. «Wir sollten es wagen, die Schweiz kann es wagen», sagte Blocher an der damaligen Delegiertenversammlung der SVP zur PFZ. Das Stimmvolk nahm die Osterweiterung mit 56 Prozent an.
2009 ging es schliesslich um die Ausweitung der PFZ auf Bulgarien und Rumänien. Wieder ergriffen die Lega dei Ticinesi, die Schweizer Demokraten und die JSVP das Referendum. Blocher und die SVP waren zwar für eine Beibehaltung der Bilateralen, doch die Ausweitung sollte neu ausgehandelt werden.
«In der jetzigen Situation muss man besonders aufpassen, dass man keine Abenteuer eingeht», sagte Blocher während des Abstimmungskampfes vor den Medien in Bern. Doch das Stimmvolk nahm die Vorlage zur Ausweitung mit fast 60 Prozent an.
An der Delegiertenversammlung vom 24. Juni 2017 stimmte die SVP für die Lancierung einer Initiative zur Kündigung der PFZ. Sie will zusammen mit Blochers Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) das Abkommen kippen. Grund für die Initiative sei die «aus den Fugen geratene Zuwanderung», so SVP-Parteipräsident Albert Rösti.
Die Ziele der PFZ waren bei der Lancierung 1999, den Fachkräftemangel in der Schweiz zu beheben, das Wirtschaftswachstum zu fördern und Schweizern die Arbeitssuche im Ausland zu vereinfachen. Wurden diese Ziele erreicht?
Eine Studie von 2013 des Schweizer Informationsvereins Vimentis ist dieser Frage nachgegangen. «In einer Reihe von Studien wurde gezeigt, dass die Zuwanderung insbesondere in jenen Branchen stattfand, in welchen ein Mangel an heimischen Fachkräften vorlag», so die Autoren der Studie.
Schwieriger ist es, die wirtschaftliche Entwicklung einzuschätzen. Laut der Studie habe sich die Schweizer Wirtschaft aber besser entwickelt als jene der OECD-Staaten, was auf einen positiven Effekt der PFZ zurückzuführen sein könnte. Das dritte Ziel konnte vollumfänglich erreicht werden.
Doch auch der Ausländeranteil ist laut der Studie gestiegen. 1999 ging der Bundesrat noch davon aus, dass jährlich 10'000 Ausländer in die Schweiz kommen würden. Tatsächlich kamen aber in den Jahren 2002 bis 2016 im Schnitt 65‘600.
Besonders gestiegen ist der Ausländeranteil aus näheren EU-Ländern. Diese hohe Nettozuwanderung sei jedoch ebenfalls auf die günstige wirtschaftliche Entwicklung in der Schweiz zurückzuführen, schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in ihrem neusten Bericht zu 15 Jahren Personenfreizügigkeit.
Die Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) wurde am 9. Februar 2014 hauchdünn mit 50,3 Prozent angenommen. Sie sah vor, dass die Schweiz Kontingente für Einwanderer aus allen PFZ-Staaten einführt und dass Inländer bei der Jobsuche Vorrang erhalten. Beide Punkte hätten das Freizügigkeitsabkommen verletzt.
Umgesetzt wurde die MEI jedoch ohne allgemeine Kontingente. Der Inländervorrang blieb ebenfalls auf der Strecke, die PFZ blieb bestehen. Das Parlament nahm die Umsetzung am 16. Dezember 2016 an, die SVP verzichtete auf ein Referendum.
Die MEI hatte also letztendlich praktisch keinen Einfluss auf die Personenfreizügigkeit. Eine wortgetreue Umsetzung, wie sie die SVP lautstark forderte, hätte jedoch eine Kündigung zur Folge haben können. Eine Kündigung der PFZ hätte wegen der Guillotine-Klausel zur Kündigung der gesamten Bilateralen I geführt.