Ein als vertraulich klassifiziertes Protokoll, das dem «Tages-Anzeiger» vorliegt, enthüllt den Schlachtplan, den die Wirtschaftsverbände vor der USR-III-Abstimmung geschmiedet haben. Das Papier zeigt, wie die Bürgerlichen die Botschaften für die Stimmbürger designen, zur Stärkung ihrer Argumente massgeschneiderte Studien bestellen und versuchen, die Medien für ihre Kampagne einzuspannen.
Das Protokoll, das auf eine Sitzung im September 2016 zurückgeht, entkräftigt aber auch den Vorwurf, Economiesuisse habe die Vorlage unterschätzt: Die Lageanalyse sei schonungslos, schreibt der TA: Die Ausgangslage für die USR III sei kritisch, konstatieren die Sitzungsteilnehmer, die Steuerausfälle ein «Killerargument», die Sparprogramme in vielen Kantonen sprächen gegen eine Annahme der USR III. Eine Schlacht, die schwer zu gewinnen sei. Der anwesende Polit-Campaigner Guido Weber spricht von einem «Zittersieg», der zu erreichen sei.
Weber plädiert an der Sitzung für Moral. Man müsse den Mittelstand involvieren, emotionale Botschaften formulieren. Mehr Gleichheit, weniger Sonderdeals, mehr Transparenz – «ein positiver Drive». Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer entscheidet schliesslich, es brauche Fakten und Emotionen. «Wir müssen beim Framing über Gerechtigkeit und die Kosten beim Scheitern der Reform sprechen», zitiert der TA den Verbandschef aus dem Protokoll.
Entschieden würde die Schlacht aber ohnehin in den Medien, sind sich die Teilnehmer einig. Man müsse gute Geschichten anbieten, sagt Matthias Leitner, Kampagnenchef der FDP. Ausserdem brauche es eine Studie. Ein Economiesuisse-Mitarbeiter informiert, dass man zu diesem Zweck bereits mit dem Institut BAK Basel in Kontakt stehe. Tatsächlich legt BAK Basel im Januar eine Studie zur Bedeutung der USR III vor. Doch die Journalisten zerreissen sie als weit übertrieben.
Auch die zweite Strategie, Eveline Widmer-Schlumpf ins Boot zu holen, entpuppt sich als Rohrkrepierer. Die alt Bundesrätin distanziert sich im Januar von der Vorlage.
Auch die KMU, der Gewerbeverband, sollen als glaubwürdiger Gegenpol zu den Linken platziert werden. Doch die Chefs des Gewerbeverbands glänzen an der Sitzung durch Abwesenheit, schreibt der TA. Bis zum Urnengang wird es nur partiell gelingen, KMU-Verteter als Botschafter für die Reform zu gewinnen.
Nur in einem Punkt läuft alles wie gewünscht: Die Sitzungsteilnehmer diskutieren darüber, ob die Gewinnchancen im Februar oder im Mai grösser sind. Sowohl Kantone als auch bürgerliche Parteien entscheiden sich später für den Februar. Gut drei Wochen nach der Sitzung legt der Bundesrat wie vom Steuerungsausschuss gewünscht die Abstimmung auf den 12. Februar fest. Die USR III wird mit einem Nein von 59 Prozent an der Urne abgeschmettert. (dwi)