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Wohninitiative eingereicht – mehr Gemeinnutz, weniger Luxus, keine Lofts auf SBB-Areal

Wohninitiative eingereicht – mehr Gemeinnutz, weniger Luxus, keine Lofts auf SBB-Areal

18.10.2016, 11:3618.10.2016, 18:06
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Der Bund soll für faire Mieten sorgen. Das fordert der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) mit der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen». Am Dienstag hat er die Unterschriften eingereicht, ein halbes Jahr vor Ablauf der Sammelfrist.

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Steigende statt sinkende Mieten

Nach Angaben des Verbandes kamen 106'000 gültige Unterschriften zusammen. Das Sammeln sei nicht schwierig gewesen, sagte SMV-Präsidentin und SP-Nationalrätin Marina Carobbio (TI) vor den Medien. Seit Jahren stiegen die Mietzinse in den Städten und Agglomerationen. Wer umziehen müsse, habe grösste Schwierigkeiten, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Alleine in den letzten 10 Jahren sind laut Carobbio in der Schweiz die Mietpreise der ausgeschriebenen Wohnungen um über 30 Prozent angestiegen, in Ballungszentren wie Genf sogar um 60 Prozent. 

Dabei hätten die Preise angesichts der tiefen Hypothekarzinsen eigentlich sinken müssen: Wären die Senkungen des Referenzzinssatzes an die Miethaushalte weitergegeben worden, so würde laut dem SMV eine Wohnung, die 2009 noch 1270 Franken kostete, heute 1030 Franken kosten. Tatsächlich kostet sie aber heute 1340 Franken.

Gemeinnütziger Wohnungsbau

ARCHIV --- ZUM REFERENZZINSSATZ ALS BERECHNUNG DER MIETEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Un trompe l'oeil pose sur une facade borgne d'un immeuble photographie en ville  ...
Mieten steigen – nun soll der Bund einschreiten.Bild: KEYSTONE

Die Renditen der Immobilienbranche stiegen immer weiter an, kritisierte Carobbio. «Parlament und Bundesrat schauen diesem Treiben zu.» Nach Jahren der Diskussion sei keine einzige Massnahme umgesetzt worden.

Mit der Initiative verlangt der Mieterinnen- und Mieterverband, dass der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen das Angebot an preisgünstigen Mietwohnungen fördert. Im Blick haben die Initianten vor allem den gemeinnützigen Wohnungsbau.

Mindestens 10 Prozent der neu gebauten Wohnungen sollen im Eigentum von Trägern des gemeinnützigen Wohnungsbaus sein. Die Kantone und Gemeinden sollen für sich ein Vorkaufsrecht für geeignete Grundstücke einführen können, um diese dem gemeinnützigen Wohnungsbau zur Verfügung stellen zu können.

Keine Lofts auf SBB-Arealen

ARCHIV --- ZUM REFERENZZINSSATZ ALS BERECHNUNG DER MIETEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Ein wohnungssuchendes Paar besichtiget eine neu erstellte Wohnung im Pflegi-Areal in Zueri ...
Bild: KEYSTONE

Bei Grundstücken des Bundes und bundesnaher Betriebe soll ein solches Vorkaufsrecht von Gesetzes wegen bestehen. Der Bund und bundesnahe Betriebe müssten ihr Land also zuerst den Gemeinden und Kantonen zum Kauf anbieten. «Zahlbare Wohnungen statt Lofts auf SBB-Arealen», lautet der Slogan dazu.

In den letzten Jahrzehnten habe der Anteil der Wohnungen abgenommen, die Wohnbaugenossenschaften, Stiftungen oder Städten gehörten, hält der Mieterverband fest. Solche Wohnungen seien aber 20 bis 25 Prozent günstiger als durchschnittliche Mietwohnungen. Sie seien der Spekulation entzogen. Der Bund müsse sich hier wieder engagieren.

Keine Subventionen für Luxus

Gemäss dem Initiativtext müsste der Bund auch sicherstellen, dass Programme zur Förderung von Sanierungen nicht zum Verlust von preisgünstigen Mietwohnungen führen. Energetische Sanierungen seien wichtig, sagen die Initianten. Leider erhielten aber auch Eigentümer Subventionen, die ihren Mietern kündigten oder ihre Liegenschaften luxuriös umbauten.

Die Initiative wird von den Wohnbaugenossenschaften Schweiz und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund mitgetragen. Auch die SP und die Grünen unterstützen das Anliegen.

Löhne werden weggefressen

Die SP schreibt in einer Mitteilung, sie setze sich für bezahlbaren Wohnraum ein, seit es sie gebe. Jeder Fortschritt bei den Löhnen werde weggefressen durch höhere Mieten.

Die gemeinnützigen Wohnbauträger hielten sich an das Gebot der Kostenmiete, stellt die SP fest. Es handle sich um ein Erfolgsmodell. Gemeinnützige Wohnungen nützten nicht nur den Mietern, sondern seien auch für den Staat vorteilhaft, weil die Wertsteigerungen des Bodens im Volksvermögen blieben und die Baurechtszinsen in die Kasse der öffentlichen Hand flössen.

Die Grünen argumentieren, die Initiative unterstütze auch die Verdichtung des Siedlungsraums und schütze damit das Kulturland vor dem Zubetonieren. Bund und Kantone würden verpflichtet, den knappen Wohnraum der Spekulation und dem Renditedruck zu entziehen.

(sda)

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117 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Matthias Studer
18.10.2016 12:01registriert Februar 2014
Eigentlich friert mein liberales Herz mit einer solchen Initiative. Anderseits haben viele Vermieter, Eigentümer, Investoren, Spekulanten usw. das ganze auf die Spitze getrieben, dass fast keine andere Wahl zur Verfügung steht, wieder vernünftige Verhältnisse herzustellen.

Diese Initiative ist das Produkt einer Maßlosigkeit und Gier.
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Karl33
18.10.2016 15:55registriert April 2015
Solange ungehindert ausländisches Kapital in Schweizer Immobilien fliessen kann (die Lex Koller haben die Bürgerlichen unter BR Blocher ausgehebelt und durchlöchert), werden die Preise und Mieten weiter steigen. Was ja auch die Absicht der Hauseigentümer, ihres Verbands HEV und deren politischen Lobby ist. In Zürich West stehen seit 5 jahren Luxuswohnungen in den Hochhäusern leer: Es ist rentabler, sie leerstehen zu lassen, als sie mit zu kleinem Gewinn zu verkaufen.
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Blutgruppe
19.10.2016 07:51registriert November 2014
Dies wird wohl leider so rauskommen wie bei unzähligen linken Initiativen, die was verändert hätten. Zuerst viel Zustimmung, dann eine Manipulation des Volks mittels Angst- und Lügenkampagne der Rechten und man hat den Status quo mittels Geld wieder betoniert, die Bonzen können sich zurücklehnen.
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