Der raue Umgangston ist ihr Markenzeichen. Als Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher vor vier Jahren an der Bilanzpressekonferenz der Ems-Chemie die staatliche Ökostrom-Förderung kritisiert, spricht sie von einem «Krieg um Subventionsgelder». «Eine ganze Branche von Subventionsjägern ist hier aktiv», heisst es in der schriftlichen Fassung ihrer Präsentation.
Ihren Kampf gegen Subventionen für erneuerbare Energie führt sie bis heute. Als SVP-Nationalrätin weibelt sie derzeit an vorderster Front gegen die Energiestrategie 2050 des Bundes, über die das Stimmvolk am 21. Mai entscheidet.
Was Martullo bei ihren öffentlichen Auftritten jeweils nicht erwähnt: Ihr eigenes Unternehmen hat sich zwischen 2012 und 2016 wiederholt erfolgreich um Subventionsgelder aus dem Förderprogramm «ProKilowatt» des Bundesamtes für Energie (BFE) beworben. Gesamthaft hat die Ems-Chemie rund 305'000 Franken zugesprochen erhalten. Das geht aus öffentlich zugänglichen Unterlagen des Bundesamtes hervor.
Um «ProKilowatt»-Subventionen zu bekommen, müssen Unternehmen Projekte und Programme einreichen, die zu einem sparsameren Stromverbrauch beitragen. So hat Martullos Ems-Chemie im Jahr 2012 50'000 Franken für einen «Frequenzumrichter für Pumpen» erhalten, 2013 nochmals knapp 170'000 Franken für eine LED-Beleuchtung mit Bewegungsmelder. Rund 85'000 Franken Subventionen für zwei weitere Ems-Projekte hat der Bund bereits gesprochen, aber noch nicht überwiesen.
Das Geld stammt aus demselben Topf wie die von Martullo kritisierten Fördergelder für Solar- und Windkraftwerke. Die Stromkonsumenten finanzieren den Fonds mit 1,5 Rappen pro Kilowattstunde. Die Ems-Chemie selber ist zudem vom Netzzuschlag befreit: Sie überweist ihn zwar, erhält das Geld aber rückerstattet, weil sie ein stromintensives Unternehmen ist. So hat der Konzern laut BFE 2015 und 2016 je 1,4 Millionen Franken vom Bund erhalten.
Martullos Ems-Chemie betont auf Anfrage, netto sei das Unternehmen kein Subventionsempfänger. Die Fördergelder aus «ProKilowatt» hätten über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet im Schnitt nur 60'000 Franken jährlich betragen.
Gleichzeitig habe die Firma 20 Prozent des rückerstatteten Netzzuschlages – mehr als 200'000 Franken in den Jahren 2015 und 2016 – in «unwirtschaftliche Effizienzprojekte» investieren müssen, wie es der Bund von stromintensiven Unternehmen verlangt. Der erste Betrag wiege den zweiten «bei Weitem nicht auf».
Stellvertretend für Martullo sagt Ems-Generalsekretär Conrad Gericke: «Magdalena Martullo bekämpft das neue Energiegesetz, nicht weil sie Subventionen möchte, sondern weilsie gegen jegliche Subventionen für ineffiziente Energien wie Wind und Solar ist.» Diese müssten von den Bürgern und den KMU bezahlt werden.
Parlamentarier reagieren unterschiedlich auf die Ems-Subventionen. Stefan Müller-Altermatt (CVP/SO), Präsident der Energiekommission, sagt: «Jedes Parlamentsmitglied muss selber wissen, wie glaubwürdig es aufgrund seiner Worte und Taten ist.» Kritik kommt von links und aus der Mitte: BDP-Energiepolitiker Hans Grunder (BE) findet Martullos Verhalten «inkonsequent».
SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (BL) sagt, es sei zwar richtig, wenn sich die Ems-Chemie als stromintensive Firma den Netzzuschlag rückerstatten lasse. «Wenn Frau Martullo als Subventionsgegnerin aber auch noch Subventionen beantragt, ist das störend.»
Keinen Widerspruch sieht FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (BE): Er finde es viel bedenklicher, wenn Parlamentarier zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil Politik machten. Das sei hier genau nicht der Fall: «Es spricht für Nationalrätin Martullo, dass sie gegen Subventionen antritt.»