Der neuerliche Kurssturz der chinesischen Aktienmärkte bringt auch in Europa die Märkte zum Beben. In der Schweiz sackte der Leitindex Swiss Market Index (SMI) kurz nach Handelsbeginn am Donnerstag um 2 Prozent ab, bis 10.30 Uhr lag der SMI über 3 Prozent im Minus.
Damit zeichnet sich am vierten Handelstag im neuen Jahr bereits die dritte Sitzung mit grösseren Kursverlusten ab. Bereits vor dem heutigen Handelsstart verzeichnete der SMI ein Jahres-Minus von 2,3 Prozent oder über 200 Punkten.
Die neuerliche Abwertung des chinesischen Yuan schürte die Sorgen um die Verfassung der chinesischen Wirtschaft und die Angst vor einem Handelskrieg. Die Börsen des Landes brachen ein: In Shanghai wurde der Handel nach einer halben Stunde bei einem Minus von mehr als sieben Prozent vorzeitig beendet. Bereits am Montag waren Chinas Aktienmärkte aus ähnlichen Gründen vorzeitig geschlossen worden.
Die Kursturbulenzen versetzten auch den Rohstoffmärkten einen weiteren Schlag. Der Preis für die richtungsweisende Rohölsorte Brent brach um bis zu 4,3 Prozent ein und lag mit 32,76 Dollar je Barrel so niedrig wie zuletzt vor knapp zwölf Jahren. Das wichtige Industriemetall Kupfer notierte 1,4 Prozent niedriger bei 4555 Dollar je Tonne.
Im Gegenzug verteuerte sich am Donnerstag Gold, das als sichererer Anlagehafen gilt, um bis zu 0,4 Prozent und kostete mit rund 1102 Dollar so viel wie seit neun Wochen nicht mehr.
«Es sieht gar nicht gut aus», sagte ein Händler. Es bleibe abzuwarten, ob die Schweizer Börse von der starken Gewichtung der als vergleichsweise krisensicher geltenden Pharma- und Lebensmittelwerte profitieren könne. Im vorbörslichen Handel wurden Novartis, Roche und Nestle mit Abschlägen von 1,3 Prozent etwas weniger schwach angeschrieben als Banken und zyklische Titel, die mehr als zwei Prozent niedriger indiziert wurden.
Die nächste wichtige Unterstützung für den SMI, der in den letzten Tagen mehrere wichtige Marken unterschritten hat, sehen Händler bei 8400 Zählern. «Wenn wir da durchrauschen, kommen 8000 Punkte in Sicht», sagte ein Börsianer. «Das wäre psychologisch ganz schlecht.» Letztmals notierte der Leitindex vor rund einem Jahr bei 8000 Zählern.
Ein erneutes Börsenbeben in China hat am Donnerstag auch dem Euro gegenüber dem Dollar deutlich Auftrieb gegeben. Die Gemeinschaftswährung erreichte am Morgen ihr Tageshoch bei 1.0830 US-Dollar und lag zuletzt bei 1.0820 Dollar.
Zunehmende Sorgen um die chinesische Wirtschaft dämpften die Zinserhöhungsfantasien mit Blick auf die US-Notenbank Fed und schwächten dadurch den Dollar, hiess es aus dem Handel. Im Gegenzug bekam der Euro Auftrieb. Gegenüber dem Franken hingegen verlor die europäische Gemeinschaftswährung an Wert. Ein Euro kostete am Morgen 1.0847 Franken. Zum Dollar stand der Franken am Morgen bei 1.0052.
Erst am Mittwochabend hatte die Weltbank ihre Prognose für das globale Wirtschaftswachstum 2016 von 3,3 auf 2,9 Prozent gekappt. Einige Schwellenländer würden sich wohl schwächer als noch im Juni gedacht entwickeln und das könne sich erheblich auf den Rest der Welt auswirken, hiess es. So werde in Russland das Bruttoinlandsprodukt um 0,7 Prozent und in Brasilien um 2,5 Prozent schrumpfen. Im Sommer hatte die Weltbank für beide Länder noch Wachstum vorhergesagt. (whr/sda/reu/awp/dpa/afp)