Bevor er am Samstag auf die Piste geht, muss Bundesrat Ueli Maurer am Freitagabend noch in der SRF-Sendung «Arena» antreten. Auftrag: Dem Volk im Namen des Bundesrats die Unternehmenssteuerreform III schmackhaft machen. International nicht anerkannte Steuerprivilegien für Firmen sollen abgeschafft, dafür neue eingeführt werden.
Vor allem in der ersten Hälfte des Polittalks schlägt sich der SVP-Bundesrat wacker. Gleich zu Beginn wird er von Moderator Jonas Projer in den Prüfstand zitiert und dort mit den Aussagen der Frau konfrontiert, die ihm wohl die ganze letzte Woche vermiest hat: Alt-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie hatte die Vorlage am Montag in einem vielbeachteten «Blick»-Interview kritisiert. Auf die Konfrontation war Maurer wohl vorbereitet, denn er lässt sich zu keinem Seitenhieb gegen seine Vorgängerin im Finanzdepartement hinreissen: «Das ist eine Meinung, ihr stehen ganz viele gewichtige andere gegenüber», sagt Maurer ganz bundesrätlich.
Weniger vorbereiten konnte sich Bundesrat Maurer auf seine engagierten Gegner in der «Arena». Es treten an Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, und eine, die ebenso Bescheid weiss: Anita Fetz (SP), Präsidentin der Finanzkommission des Ständerats.
Die nehmen ihre Mission an diesem Abend genauso ernst. Während Fetz eher die laut/schrille-Variante wählt und das Wort mit Abstand am meisten an sich reisst, stellt Lampart den Bundesrat mehrmals in aller Seelenruhe an die Wand. «Ich will, dass Sie es den Leuten sagen, wie es wirklich ist, Herr Bundesrat», sagt er. Wenn die USR III abgelehnt würde, blieben die heutigen Steuerprivilegien vorerst bestehen und keine Firma würde einfach so abwandern, meint er. Ihn nervt das Hauptmantra der Gegner: «Keine USR III, Abwanderung der Firmen, tausende Jobs flöten» Dann erwischt Lampart Maurer auf dem Fuss: «Nennen Sie auch nur eine Firma, Herr Maurer, die direkt abwandern würde.» Maurer windet sich:
Doch der Bundesrat fängt sich schnell wieder. Es gelingt ihm herauszustreichen, dass die Vorlage vom Bundesrat über einen Grossteil der Parteien bis hin zu Kantonen und Berufsverbänden eine breite Zustimmung besitzt. So schlecht könne sie also nicht sein.
Doch ausgerechnet Lampart bringt ihn wieder ins Straucheln. Wenn nicht die Privathaushalte die Steuerausfälle, die aus der Steuerreform resultieren, zahlen sollen, wer dann, will er wissen. Maurer gerät aus dem Konzept: «Das kann man vorübergehend einsparen», sagt er kleinlaut. Wo gespart werden soll, sagt an er an diesem Abend aber auch nicht.
Petra Gössi, die ebenfalls auf der Befürworterseite steht, ist dem Bundesrat keine grosse Hilfe. Kein einziges Mal schafft es die FDP-Präsidentin, die Diskussion zu dominieren.
Lampart hat da den aufgeregteren Counterpart: Anita Fetz zieht alle Register. Sie argumentiert laut und überzeugend: «Die grössten Abartigkeiten müssen raus aus dieser Vorlage», lautet ihre Devise. Später lässt sie es sich auch nicht nehmen, Moderator Projer schulmeisterlich über den Mund zu fahren: «Aso tschuldigung, Herr Projer, jetzt wäärde Sie e bizzeli egglig!».
Gülsha Adilji und Samedin Selimovic von der Comedy-Show «Swissmix», die eingeladen waren, um die Sicht der Jugend aus den sozialen Medien ins Studio zu bringen, konnten da nur beschämt lächeln. Aus ihren Communities kommt vor allem die Rückmeldung: «USR III? Versteh ich nicht. Da will mich wohl jemand veräppeln! Also sag ich sicher mal Nein.»
Anita Fetz, die sich nicht das Wort nehmen lassen will – schon gar nicht von Projer – bleibt dabei: «Das Parlament hat mit den Goodies für die Firmen übertrieben.» Und dann lässt sich die Linke sogar auf das – wenigstens im Abstimmungskampf geschickte – Argument hinaus, das Maurer ja auch damit rechnen müsse, dass immer mehr ausländische Arbeitskräfte in die Schweiz kommen würden, wenn durch Steuerbegünstigungen immer mehr Arbeitgeber ins Land gelockt werden. Etwas, das Maurer ja nicht wollen könne.
Der Schlusspunkt gehört dann aber doch Lampart. Da zeigt der Ökonom, dass er auch anders kann. Der Gewerkschafter bricht aus ihm heraus: «Wir sind stolz auf auf unsere Arbeitskräfte», ruft er mit erhobener Faust und droht dann dem verdatterten Bundesrat: «Und wehe Sie sparen bei der ETH, Herr Maurer. Dann haben wir unsere Ingenieure nicht mehr!» Maurer gibt sich geschlagen:
Und trotzdem bleibt am Schluss die Frage: Jahrhundert- «Bschiss» oder Notwendigkeit? Wir werden es wohl erst herausfinden, wenn wir die Konsequenzen des Abstimmungsergebnisses erleben. Bis dahin bleibt diese Vorlage, was sie immer war: Eine Glaubensfrage.