«Wenn ich eine Mastsau wäre auf einem Schweizer Bauernhof, hätte ich dann Schwein gehabt oder wäre ich eine arme Sau?», fragte Moderator Jonas Projer zu Beginn der Sendung. Allein mit der Beantwortung dieser Frage liesse sich die komplette Sendezeit einer «Arena» füllen.
Doch Projer und sein Team liessen es nicht dabei bleiben. Sie hatten sich (zu) viel vorgenommen. Massentierhaltung, Nahrungsmittelimporte, vegane Menus in Kantinen, Kühe mit oder ohne Hörner: Alles wurde diskutiert, worüber der rote Faden verloren ging. Angesichts der zahlreichen Volksinitiativen, über die im Bereich Tierhaltung und Ernährung in nächster Zeit abgestimmt wird, riet Projer seinem Publikum: «Versuchen sie gar nicht erst, den Überblick zu behalten.»
Am meisten Energie brachte die junge Grüne Meret Schneider aus Zürich in die Debatte. Sie ist Geschäftsführerin des Vereins Sentience Politics, der sich für eine Ernährung ohne tierische Produkte und gegen Massentierhaltung einsetzt. Als ihr gemässigter Sekundant fungierte Hans-Ulrich Huber vom Schweizer Tierschutz.
Meret Schneider setzte ein erstes rhetorisches Ausrufezeichen, als sie darlegte, dass Schweine kognitiv Hunden ebenbürtig sind und sogar Fussball spielen können — der Weg zum Wortspiel mit Bastian Schweinsteiger war da nur noch ein kurzer.
Nach diesem Dribbling fokussierte sich die Diskussion schon bald auf eine der zentralen Fragen dieses Abends: Wie ist es in der Schweiz um das Tierwohl bestellt? CVP-Nationalrat und Bauernpräsident Markus Ritter betonte, wie viel strenger die Richtlinien zur Tierhaltung hierzulande im Vergleich zum Ausland seien. Ausserdem dienten diese nur als Minimalstandards. Auf Bauernbetrieben, die nach dem Bio- oder IP-Label wirtschafteten, seien die Tiere sowieso rundum glücklich.
Unterstützung erhielt Bauernpräsident Ritter von seinem Nebenmann Peter Grünenfelder. Der Direktor des liberalen, wirtschaftsnahen Thinktanks Avenir Suisse war als Gegner jeglicher Art von Subventionen allerdings kein natürlicher Verbündeter des Bauernstandes.
Er plädierte den ganzen Abend konsequent dafür, die unternehmerische Freiheit der Bauern zu stärken, anstatt ihnen mit Regulierungen das Leben schwer zu machen. Doch selbst Wirtschaftsmann Grünenfelder mutierte zum leisen Marktkritiker, als es um die Macht der Grossverteiler Migros und Coop im Lebensmittelmarkt ging.
Als Nächstes lenkte Projer die Debatte auf diejenigen am oberen Ende der Nahrungskette — die Konsumenten. Was ihre wahre Absicht ist, definierten alle Diskussionsteilnehmer aufgrund ihres Weltbilds und Eigeninteresses. Meinrad Pfister, Präsident des Schweinezüchterverbands, wies Meret Schneider von den Grünen darauf hin, dass mehr Fleisch aus Bio- und IP-Landwirtschaft produziert wird, als es Abnehmer dafür gibt: «Die Konsumenten stehen in der Pflicht».
Meret Schneider hingegen sah in den Konsumenten eine Kraft für positive Veränderungen beim Tierwohl — wenn sie denn transparent informiert würden. Auf der Informationsseite gebe es ein Problem. Denn viele machten sich Illusionen, was die Tierhaltung in der Schweiz angehe.
Mit sichtlichem Unmut reagierte Avenir-Suisse-Direktor Grünenfelder, als Schneider den Begriff des «mündigen Konsumenten» in den Mund nahm. Mit Stirnrunzeln und Augenrollen gab er zu verstehen, dass es für einen Liberalen nicht mehr Regulierung braucht, damit ein Konsument mündig ist: «Den besten Konsumentenschutz macht der Konsument selber».
Grünenfelders Unmut zwischen «Subventionsweltmeistern» aus dem Bauernstand und regulierungsfreudigen Tierschützern machte sich immer wieder körperlich bemerkbar. Etwa, indem er seinen Kontrahenten leicht den Rücken zuwandte, wenn diese seiner liberalen Gesinnung widerstrebende Vorschläge machten. Damit entsprach er zumindest von Gestik und Mimik her stärker dem Klischee eines lustfeindlichen, sittenstrengen Veganers, als es Meret Schneider tat. Argumentativ gelang ihm aber ein stringenter Auftritt.
Bauernpräsident Markus Ritter und Hans-Ulrich Huber vom Schweizer Tierschutz hingegen blieben im Vergleich blass. Ihr Verdienst war, dass die «Arena» unüblich gesittet verlief. Sie waren immer wieder auf Ausgleich bedacht und versuchten Brücken zur Gegenseite zu bauen.
Bei Markus Ritter ging das so weit, dass Jonas Projer nach einem langen Monolog Ritters über die sogenannte «Hornkuh-Initiative» nachhaken musste, ob er nun dafür oder dagegen sei. Seine gewundene Antwort: Das Anliegen sei ihm sympathisch, ein Verfassungsartikel aber der falsche Ort dafür. Punkten konnte Ritter mit seinem ehrlichen Eingeständnis, dass seine tägliche Fleischeslust nach einer Bratwurst noch nicht befriedigt sei.
Die Hornkuh-Initiative war das Stichwort für den Auftritt des eigentlichen Stars des Abends: Armin Capaul, der Kopf hinter der «Hornkuh-Initiative». Er sammelte praktisch im Alleingang 154'000 Unterschriften. Sein Anliegen: Bauern, welche Kühe mit Hörnern halten, sollen mehr Direktzahlungen erhalten. Der gebürtige Bündner, der heute im Berner Jura 17 Hektaren bewirtschaftet, zog unvermittelt einen halben Kuhschädel aus seiner Tasche – ein starker Live-TV-Moment. Die Schöpfung habe der Kuh Hörner gegeben: «Sie gehören zur Würde des Tiers.»
Endgültig ins Herz schlossen die Zuschauer das 65-jährige Original, als ihm Projer nach einem kurzen Einspieler das Mikrofon hinhielt. Armin Capaul gefiel das computeranimierte Filmchen nämlich aus einem einfachen Grund: «Die Kühe hatten Hörner.»