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Säckli-Gebühr, aber Give-Aways aus Plastik: Kunden werfen Migros und Coop Doppelmoral vor

Bei der Migros erhalten die Kunden Lego-ähnliche Bausteine, bei der Coop waren es Saugnapf-Emojis. 
Bei der Migros erhalten die Kunden Lego-ähnliche Bausteine, bei der Coop waren es Saugnapf-Emojis. screenshot facebook migros-kundin

Säckli-Gebühr, aber Give-Aways aus Plastik: Kunden werfen Migros und Coop Doppelmoral vor

Die zwei grössten Detailhändler des Landes verteilen bei Sammelpromotionen Spielzeug aus Plastik, verlangen aber gleichzeitig Geld für Raschelsäckli. Für viele Kunden ist das ein Widerspruch. Sie beschweren sich lautstark auf den sozialen Netzwerken. 
08.06.2017, 13:3309.06.2017, 06:55
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Die Aufregung war gross, als Coop und Migros Ende 2016 eine 5-Rappen-Gebühr für Plasticksäckli einführten. Das Zeichen, das die zwei Detailhändler damit im Kampf gegen Umweltverschmutzung setzten, wurde gelobt. 

Einige Monate später sieht die Situation anders aus. Auf der Facebook-Seite der Migros kritisieren Kunden die neuste Marketing-Aktion, «Migros Mania», des Detailhändlers. Von Ende Mai bis Anfang Juli erhalten Kunden bei einem Einkauf ab 20 Franken nämlich Lego-ähnliche Bausteine aus Plastik.

Für viele stellt das ein Widerspruch dar: «Ich weigere mich, die zu nehmen», schreibt eine Facebook-Userin. «Ihr verlangt 5 Rappen wegen dem Umweltschutz, gleichzeitig aber landet dieser ‹Schrott› schlussendlich auch im Müll.»

So manche Kunden beschweren sich wegen der Plastik-Bausteine bei der Migros.
So manche Kunden beschweren sich wegen der Plastik-Bausteine bei der Migros.bild: Screenshot facebook migros
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bild: screenshot facebook migros

Ähnlich sieht es auf der Facebook-Seite von Konkurrent Coop aus. Hier beschweren sich Kunden über die Emoji-Figuren mit Saugnapf, die von März bis Mitte April  in den Coop-Filialen verteilt wurden.

Auch Coop-Kunden machen den Link zwischen Plastik-Säckli und Spielzeug als Plastik. 
Auch Coop-Kunden machen den Link zwischen Plastik-Säckli und Spielzeug als Plastik. bild: screenshot facebook coop
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bild: screenshot facebook coop 

CVP-Nationalrat Dominique de Buman hat der Schweiz mit einem Vorstoss für ein Verbot der Säckli schlussendlich zur 5-Rappen-Gebühr verholfen. Er ist auch kein Fan der Plastik-Bausteine und Emojis. De Buman: «Diese verteilten Geschenke landen zum grossen Teil im Abfall. Eine solche Verschwendung ist ein Widerspruch im Kampf gegen die unnötige Verteilung von Plastiksäcken.» Besser wäre es, wenn Kunden lehrreiche und nachhaltige Spielzeuge erhalten würden, sagt de Buman. 

Bausteine seien auch für die nächsten Generationen

Doch davon lassen sich die zwei grössten Detailhändler der Schweiz nicht beirren. Migros-Sprecherin Martina Bosshard sagt: «Unsere Bausteine halten ewig, auch die nächsten Generationen werden damit spielen können.» Ausserdem hätten sehr viele Kinder grosse Freunde am Spielzeug. Dass die Bausteine aus Plastik sind, findet Bosshard deswegen «vertretbar». In Zukunft auf ähnliche Aktionen zu verzichten, sei deshalb keine Option. 

Ein kleines Mea Culpa liefert die Migros dann doch: «Bei der diesjährigen Mania sind verschiedene Sammelelemente sehr klein. Um diese verpacken zu können, sind PET-Schalen nötig.» Diese würden verhindern, dass die kleinen Teile in der Verpackungsmaschine wegrollen. Bosshard: «Wir werden die Verpackungstechnik bei einer nächsten Mania besonders berücksichtigen und nach Alternativen suchen.»

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«Es ist jedem selber überlassen, die Emojis anzunehmen oder nicht»

Coop-Sprecher Ramón Gander argumentiert ähnlich: «Wie bei jedem anderen Spielzug gehen wir davon aus, dass die Emojis von unserer diesjährigen Aktion lange genutzt werden». Es gehe hier um etwas anderes als um einen Wegwerf-Plastiksack.

Auch die Verpackung sei nötig gewesen. Gander: «Ohne entsprechende Verpackung wären die Saugnäpfe der Emojis dreckig und somit unnütz geworden.»  Ausserdem sei es jedem Kunden selber überlassen gewesen, die Emojis anzunehmen oder nicht.

Dass das Verteilen von Plastik-Spielzeug ein schlechtes Zeichen in Bezug auf den Umweltschutz gewesen sei, glaubt Gander nicht. «Wir setzen grundsätzlich dort den Hebel an, wo wir die grösste Wirkung erzielen können, indem wir etwa konsequent Transporte von der Strasse auf die Schiene verlagern.» Die Emojis würden demgegenüber nicht ins Gewicht fallen.

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127 Kommentare
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Kunibert der Fiese
08.06.2017 14:05registriert März 2016
«Unsere Bausteine halten ewig, auch die nächsten Generationen werden damit spielen können.»

Ein dämlicheres gegenargument habe ich selten gehört.
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Amboss
08.06.2017 13:50registriert April 2014
Natürlich ist es Doppelmoral, was Coop und Migros da machen.

Die könnten noch so viel machen, um Verpackung und Abfall zu verhindern, wenn sie wollten.

Aber weshalb sollten sie was ändern? Die Kunden wollen diese Manias um jeden Preis und diejenigen, die sich da beschweren kaufen ja dennoch weiterhin dort ein.
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Deleted93
08.06.2017 13:48registriert April 2016
Ausserdem sei es jedem Kunden selber überlassen gewesen, die Emojis anzunehmen oder nicht. Ja sicher ist es jedem überlassen, aber dieser Schrott wird vorher in China bestellt und hergestellt und wohl kaum auf Bedarf in 100 Päkli nachbestellt.... Wenns die Kunden nicht annehmen landet es nach der Aktion auch im Müll, wir einfach durch den Detailhändler ausgeführt. Das Thema ist sowieso nur ein Marketing Gag, jedes Jahr wird das Sortiment, mit Fertiggerichten noch weiter ausgebaut womit noch mehr Plastik auf dem Müll landet. Wie immer geht es auch hier nur übers Geld eine Plastiksteuer muss her
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