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So sparen die reichen Zürcher Gemeinden auf Kosten der Armen

An der Zürcher Goldküste stimmen die Gemeinden immer wieder für eine Senkung der Entwicklungshilfebeiträge.
An der Zürcher Goldküste stimmen die Gemeinden immer wieder für eine Senkung der Entwicklungshilfebeiträge.foto: keystone

So sparen die reichen Zürcher Gemeinden auf Kosten der Armen

Die steuergünstigsten Gemeinden im Kanton Zürich schraubten in den letzten Jahren die Ausgaben für die Entwicklungshilfe runter – für einen tiefen Steuerfuss.
14.12.2016, 04:1814.12.2016, 06:22
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Vergangene Woche sorgte Roberto Martullo – Gatte der Ems-Chefin Magdalena Martullo-Blocher – in Meilen für einen kleinen Coup: An der Gemeindeversammlung verkündete er, er müsse 6.4 Millionen Franken Steuern nachzahlen. Nach diesem Geldsegen beschloss die Versammlung, den Steuerfuss doch nicht von 79 auf 84 Prozent zu erhöhen.

Komiteemitglied Roberto Martullo, Unternehmer und Schwiegersohn von Christoph Blocher, spricht an einer Medienkonferenz des Schweizerischen Patronatskomitees zur Unterstuetzung der Volksinitiative &qu ...
Roberto Martullo verhinderte eine Steuererhöhung mit einer Geldsegen-Ankündigung – trotzdem gibt Meilen weniger Geld für Entwicklungshilfe aus.Bild: KEYSTONE

Mit oder ohne Martullos Millionen – die Gemeinde weist aktuell ein Defizit von fünf Millionen auf. Um den tiefen Steuerfuss zu behalten, spart sie unter anderem bei der Entwicklungshilfe. So sagte das Stimmvolk ja zu einer Kürzung fürs kommende Jahr um einen drittel auf 200'000 Franken. Brisant: Die Erhöhung des Steuerfusses um ein Prozent hätte die Einsparungen obsolet gemacht.

Verbreitete Praxis

Laut dem «Tages-Anzeiger» (TA) ist die Praxis, Hilfsbeiträge zu kürzen, um die tiefen Steuerfüsse beizubehalten, bei den steuergünstigsten Gemeinden im Kanton Usus. Allen voran bei den Goldküstengemeinden.

Beispiel Herrliberg. Seit 2012 sanken die Beiträge für die Entwicklungshilfe von fast 700'000 auf 100'000 Franken. Der Steuerfuss liegt bei tiefen 78 Prozent. Der Gemeindeschreiber Pius Rüdisüli sagte gegenüber dem TA: Die Stimmbevölkerung würde generell solche Senkungen tolerieren oder gar noch vergrössern, sobald es um den Steuerfuss gehe.

So wohl auch die Gemeinde Küsnacht, die die Beiträge seit 2015 von 700'000 auf 500'000 Franken runterschraubte.

Gar keine Beiträge geben seit Jahren Kilchberg und Winkel (beide keine Goldküstengemeinden, aber mit einem Steuerfuss von 76) für die Entwicklungshilfe aus. (rwy)

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32 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El Vals del Obrero
14.12.2016 07:37registriert Mai 2016
Die Grössen der Gemeinden in der Schweiz mit ihrer (Steuer-)Autonomie wurden festgelegt, als die Leute noch zu Fuss oder bestenfalls zu Pferd unterwegs waren. Damals hatte das wohl gepasst.

Heute führt das gegenseitige Steuerdumping (bei den Reichen) bzw. potentionelle Bewohner fernhalten wollen (Arme) dazu, dass es immer mehr Ghettos gibt (auch die Goldküste ist ein Ghetto) und dass die einen hofiert, während den anderen verdeutlicht wird, dass sie unerwünscht sind. Irgendwann zerreisst das die Schweiz.

Aber die Gemeinde-Autonomie ist in der Egoisten-Schweiz ein Tabu.
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Masche
14.12.2016 06:26registriert Mai 2016
Warum bezahlen Gemeinden überhaupt Entwicklungshilfe? Ich dachte immer, das sei Aufgabe des Bundes.
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pamayer
14.12.2016 06:19registriert Januar 2016
Prädikat "Ethisch sehr wertvoll"
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