Die Forschung hat vieles erreicht. Dank ihr gibt es Impfstoffe und viele effektive Therapien, die täglich Leben retten.
Um solche Resultate zu erzielen, arbeiten Forscher zuweilen mit gefährlicher Materie. So rekonstruierten Wissenschaftler 2005 in ihrem Labor das Virus der Spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1920 mindestens 25 Millionen Tote forderte. Ziel der Rekonstruktion war es, einen Impfstoff für die damals in Asien grassierende Vogelgrippe zu entwickeln. Was aber passieren würde, wenn ein solches Virus in die Hände von Diktatoren oder Terroristen gelangen würde, mag man sich kaum vorstellen.
Die Schweizerische Akademie der Naturwissenschaften ist sich diesem «Missbrauchspotenzial der biologischen Forschung» bewusst, schreibt sie in ihrer im Mai erschienenen Broschüre. Um Gefahren wie der Biokriminalität und des Bioterrorismus' entgegenzuwirken, gibt sie den Wissenschaftlern Tipps, wie sie sich effektiv gegen solche Risiken schützen können. Finanziert wird das Ganze vom Bundesamt für Gesundheit. Die Forscher sollen:
Mitformuliert hat diese Punkte die Projektleiterin und Co-Autorin der Broschüre, Dr. Ursula Jenal. Jenal leitet eine Beratungsfirma für Biosicherheit, ist also Expertin auf dem Gebiet. In der heutigen Zeit, in der Attentate die Schlagzeilen prägen, sei es zentral, die Forscher in Bezug auf Bioterrorismus zu sensibilisieren, sagt sie. «Zum Glück haben der ‹IS› oder andere Terrororganisationen bis heute keine Biomaterialien genutzt.» Grund für diese Tatsache sei wohl, dass es dafür viel Wissen brauche und die Terroristen sich selbst zuerst gefährdeten. Und trotzdem: In den Zeiten, in denen wir heute leben, dürfe das Risiko nicht ausser Acht gelassen werden, so die Mikrobiologin.
Die Frage stellt sich schon. Dürfen Forscher im Labor hochansteckende Viren herstellen, die für den Menschen lebensgefährlich sein könnten? Und dürfen Sie diese dann samt Bauanleitung veröffentlichen? Eine Frage, die besonders die Schweizer Wissenschaftler schon lange beschäftige, sagt Jenal.
Denn im Gegensatz zu den USA oder Dänemark gebe es in Bezug auf den missbräuchlichen Gebrauch der biologischen Forschung in der Schweiz weder spezifische Anforderungen noch ein Gesetz. Was aber nicht per se schlecht sei, so Jenal. Denn durch zu restriktive Gesetzte könne die Forschung gelähmt werden. «Wenn man Ergebnisse beispielsweise nicht kommuniziert, damit diese Informationen nicht in die falschen Hänge gelangen, verhindert man gleichzeitig auch, dass ein Kollege seine Forschungen darauf aufbaut und zum Beispiel wichtige Medikamente oder Impfstoffe erschafft.»
Die Selbstverantwortung der Forscher sei deshalb zentral. Es seien auch die Forscher selbst, die im Rahmen von Workshops zum Thema um eine konkrete Informationsbroschüre gebeten hätten.