«Diese Frau möchte Ihnen die Mündigkeit absprechen», hiess es auf dem Flyer, der im März 2015 in zahlreichen Zürcher Haushalten landete. Darauf abgebildet war Regierungsratskandidatin Silvia Steiner (CVP), damals noch Kantonsrätin und Staatsanwältin.
Auf dem vierseitigen Flugblatt wurde Steiner auf persönlicher und politischer Ebene scharf angegriffen. Vor allem ihre Einstellung zur Sterbehilfe wurde kritisiert. Steiner wurde gar als «Gefahr für die Demokratie und die Selbstbestimmung am Lebensende» bezeichnet.
Als Absender war ein «überparteiliches Komitee Selbstbestimmung am Lebensende» angegeben. Mit Namen wollte niemand dazu stehen. Steiner reichte Anzeige gegen unbekannt ein. Die Kantonspolizei Zürich ermittelte darauf den Inhaber der auf dem Flugblatt aufgedruckten Zustelladresse und lud die Person zur Befragung als Auskunftsperson ein.
Allerdings verweigerte der mutmassliche Urheber des Flugblattes die Aussage – und reichte gleich selber Anzeige ein. Er warf den Behörden zusammengefasst vor, ohne einen Anfangsverdacht ein Verfahren gegen ihn eingeleitet zu haben. Das Vorgehen der Behörden habe einzig der Unterstützung Steiners gedient.
Mit seiner Anzeige hatte der Inhaber der Zustelladresse jedoch keinen Erfolg, weshalb er bis vor Bundesgericht zog. Dieses liess ihn nun ebenfalls abblitzen, wie aus dem kürzlich gefällten Urteil hervorgeht. Den Behörden sei kein unrechtmässiges Vorgehen vorzuwerfen, so die Richter.
Wer hinter dem Flyer stand, ist bis heute offiziell nicht geklärt. Als möglicher Urheber geriet Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli in den Fokus, da ganze Textpassagen im Flugblatt Teilen eines Textes von Minelli gleichen. Kurze Zeit später erschien zudem ein Inserat in der NZZ, in dem der Dignitas-Chef schwere Vorwürfe gegen Steiner erhob.
Der damaligen Regierungsratskandidatin Steiner schadete das diffamierende Flugblatt nicht: Sie wurde trotzdem gewählt. (dwi/sda)