Der Fall sorgte landesweit für Aufsehen: Die Aufseherin Angela Magdici öffnet im Gefängnis Limmattal dem Häftling Hassan Kiko die Zellentür. Gemeinsam flüchten die beiden nach Italien, ehe Ende März ihr Versteck entdeckt und die beiden verhaftet werden.
Nun wird sich das Ausbrecher-Paar vor Gericht verantworten müssen, wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom Freitag schreibt. Der erste Prozesstermin findet am 21. Dezember am Obergericht statt; an diesem Berufungsprozess gegen Hassan Kiko geht es allerdings nicht um die Flucht aus dem Limmattaler Gefängnis, sondern um den Vorwurf der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung.
Der zweifach vorbestrafte Kiko soll eine junge Frau (die einen Tag nach der Tat 16 Jahre alt wurde) sexuell genötigt und vergewaltigt haben. Dies bestreitet der Syrer allerdings. Das Bezirksgericht Dietikon sprach ihn im Dezember letzten Jahres schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.
Kiko wird vor dem Zürcher Obergericht nochmals um einen Freispruch kämpfen. Um die junge Frau zu schützen, die im Prozess aussagen soll, wird die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Der Beschuldigte darf allerdings drei Vertrauenspersonen mit in den Saal nehmen. Es ist also nicht auszuschliessen, dass die Aufseherin und Fluchthelferin Angela Magdici die Verhandlung mitverfolgen wird.
Magdicis Prozess findet am 24. Januar vor dem Bezirksgericht Dietikon statt, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» weiter. Sie muss sich wegen Entweichenlassens von Gefangenen, Begünstigung, grober Verkehrsregelverletzung und Sachentziehung verantworten. Die Staatsanwaltschaft verlangt eine teilbedingte Freiheitsstrafe von 27 Monaten, wovon 7 Monate zu vollziehen seien.
Im Übrigen möchte die Staatsanwaltschaft auch Hassan Kiko wegen der Flucht zur Rechenschaft ziehen: Die Anklägerin wirft ihm Anstiftung vor und fordert eine Bestrafung von 6 Monaten unbedingt. Bis jetzt ist jedoch nicht vorgesehen, dass Kiko und Magdici wegen der Flucht gemeinsam vor Gericht stehen sollen – im Gegenteil.
Das Bezirksgericht hat die Anklageschrift in Sachen Anstiftung noch nicht zugelassen, weil es prüft, ob es an einer Prozessvoraussetzung fehlt. Das Gericht geht offenbar, gestützt auf einen älteren Bundesgerichtsentscheid, davon aus, dass eine Anstiftung zur Flucht (wie die Flucht selbst) straflos bleiben müsse. Diese Meinung wird von Kikos Verteidiger geteilt, die Staatsanwaltschaft bleibt anderer Auffassung. Beide Parteien haben dem Gericht eine Stellungnahme eingereicht.
Die Leitende Staatsanwältin Claudia Wiederkehr bestätigt am Donnerstag gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung», sie sei der Meinung, das Verhalten Kikos sei strafbar und müsse in einem ordentlichen Prozess beurteilt werden: «Es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft, im Zweifelsfall Anklage zu erheben.» Gerichtspräsident Stephan Aeschbacher stellt in Aussicht, zu «gegebener Zeit» über den weiteren Verlauf zu informieren. Ein allfälliger Entscheid, den Prozess nicht durchzuführen, könnte von der Anklägerin angefochten werden. (aargauerzeitung.ch)