Im Kanton Zürich sprach sich eine Mehrheit dafür aus, dass vorläufig aufgenommene Flüchtlinge in Zukunft keine Sozialhilfe mehr erhalten sollen. Einen, den dies in Zukunft betreffen wird, ist Moussa*. Er ist einer von 5600 vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen, die im Kanton Zürich leben.
Moussa hat gehofft, dass die Zürcher anders entscheiden werden. Das Ergebnis enttäuscht ihn. «Das ist gar nicht gut», sagt er. Der 36-jährige Kongolese gelangte vor vier Jahren in die
Schweiz. Sein Asylgesuch wurde vom Staatssekretariat für Migration
abgelehnt. Weil seine Rückführung in sein Heimatland aber nicht
zumutbar ist, erhielt er einen F-Ausweis.
Bisher habe er von der Sozialhilfe rund 700 Franken für seinen Grundbedarf erhalten. Künftig wird Moussa nur noch Asylfürsorge erhalten. Dies entspricht einem Wegfall von rund 20 Prozent. Er wird also mit zirka 570 Franken pro Monat auskommen müssen. Handkehrum bedeutet die Änderung für den Kanton Einsparungen zwischen fünf bis zehn Millionen Franken.
Das Resultat im Kanton Zürich ist ein wegweisendes für die Asylpolitik im ganzen Land. Denn Zürich war bisher nebst Basel-Stadt der einzige Kanton in dem vorläufig Aufgenommene Sozialhilfe erhielten. Die Befürworter dieser Politik setzten sich dafür ein, dass dies auch in Zukunft so bleiben sollte und erhofften sich ein positives Resultat. Dieses hätte eine Signalwirkung auch für andere Kantone gehabt. Doch es kam anders.
Eine Mehrheit von 67,2 Prozent sprach sich für dafür aus, dass die Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene aufgehoben wird. Deutlich für die Verschärfung waren die ländlicheren Gemeinden am Rand des Kantons. Einzig der Winterthurer Stadtkreis Veltheim (48,5% «Ja») und die Zürcher Kreise 3 (45,8% «Ja») und 4 (39,9% «Ja») sprachen sich gegen die Änderung aus.
Moussas Sorgen gelten jetzt in erster Linie der Zukunft seiner Freunde. Denn er selbst hat kürzlich eine Ausbildung in der Pflegebranche absolvieren können und eine Praktikumsstelle bekommen. Bald werde er hoffentlich finanziell auf eigenen Beinen stehen, sagt er. «Doch für diejenigen, die für ihre Situation noch keine Lösung gefunden haben, ist das heute ein schlechter Tag», sagt er.
Als er in die Schweiz kam, habe das Geld von der Sozialhilfe nicht gereicht, um einen guten Deutschkurs besuchen zu können, sagt Moussa. «Meine Freundin hat mir damals den Sprachunterricht bezahlt.» Weil er dank des Kurses schnell und gut Deutsch lernte, habe er einen Ausbildungsplatz bekommen. «Mein Beispiel zeigt, dass das Geld der Sozialhilfe schon jetzt für eine gute Integration nicht reicht», sagt Moussa. Mit dem geringeren Betrag der Asylfürsorge werde in Zukunft vielen Flüchtlingen das Leben noch schwerer gemacht.
Erst 2011 entschieden die Stimmberechtigten, dass vorläufig Aufgenommene Sozialhilfe erhalten sollen. Im Frühling dieses Jahres unterstützte der Kantonsrat eine parlamentarische Initiative der SVP, die wieder zurück zum alten System wollte. Verschiedene Hilfswerke ergriffen daraufhin das Referendum. Die Städte Zürich und Winterthur und weiter 26 Gemeinden ergriffen zudem das Gemeindereferendum.
Die Gemeinden argumentierten, bei einem Wechsel zurück zur Asylfürsorge verschlechtere sich die Integrationsmöglichkeit von vorläufig Aufgenommenen. Denn mit der Asylfürsorge können kaum mehr Integrationsmassnahmen bezahlt werden. Es wird am Goodwill der Gemeinden liegen, extra Kosten dafür aufzuwerfen.
Anerkannte Flüchtlinge mit einem B-Ausweis betrifft die Änderung nicht. Sie erhalten weiterhin Sozialhilfe.
*Name der Redaktion bekannt.