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Aargauer Feuerwehrmann nach Unwetter-Einsatz gefeuert

Für den grossen Einsatz bei den Unwettern erhielt ein Feuerwehrmann die Kündigung. 
Für den grossen Einsatz bei den Unwettern erhielt ein Feuerwehrmann die Kündigung. 

Aargauer Feuerwehrmann nach Unwetter-Einsatz gefeuert: «So etwas hat's noch nie gegeben»

Eine Firma kündigt einem Feuerwehrmann in Uerkental nach dem Grosseinsatz im Aargau. Jetzt schaltet sich der Feuerwehrverband ein. Der Arbeitgeber wehrt sich. 
18.07.2017, 23:4919.07.2017, 13:57
Noemi Lea Landolt / az Aargauer Zeitung
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Ein Angehöriger der Feuerwehr Uerkental steht nach dem Unwetter in der Region Zofingen ein ganzes Wochenende lang im Einsatz. Hilft, wo er kann. Am Montag erscheint er übermüdet am Arbeitsplatz. Sein Chef hat keine Freude, droht mit der Kündigung. Als der Feuerwehrmann am Samstag darauf einen Tag freinehmen will, um seiner Familie beim Aufräumen zu helfen, kündigt ihm der Arbeitgeber per eingeschriebenen Brief. Das sei illegal, berichtete Radio Argovia am Montagabend. Denn der Feuerwehrmann sei im Laufe der Woche krankgeschrieben worden; und wer ein Arztzeugnis habe, dürfe nicht entlassen werden.

Die Kündigung hat eine Welle wütender Kommentare nach sich gezogen. Das Verhalten des Arbeitgebers sei «eine bodenlose Frechheit». Es sei «beschämend und traurig», wie mit Leuten umgegangen werde, die sich für andere «den Arsch aufreissen, weil diese in Not sind», kommentieren «AZ»-Leser.

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Die Empörung ist auch bei Thomas Räss, dem Kommandanten der Feuerwehr Uerkental, gross: «Ich finde es beschämend, traurig und bin einfach fassungslos, dass so etwas abläuft. Das löst in mir eine sehr grosse Wut gegen den Arbeitgeber aus», sagt er.

«Grosses Erschrecken und Bestürztheit»

Sogar der Schweizerische Feuerwehrverband hat sich eingeschaltet: «Wir lassen unsere Vereinsmitglieder nicht im Stich und helfen ihnen nun rechtlich», sagt Direktor Urs Bächtold. Im Moment werde die Sachlage analysiert, und eine Klage wegen missbräuchlicher Kündigung geprüft. Einen vergleichbaren Fall habe es in der Schweiz nie gegeben. «Wir haben das mit grossem Erschrecken und Bestürztheit zur Kenntnis genommen.»

Feuerwehrkommandant Räss hat vom betroffenen Feuerwehrmann erfahren, dass ihm sein Chef mit der Kündigung gedroht hat. Daraufhin suchte er das Gespräch mit dem Arbeitgeber: «Ich habe versucht, deeskalierend zu wirken.» Die meisten Arbeitgeber hätten ein sehr hohes Verständnis. «Aber dieser zeigte keine Einsicht.»

«Haltlose Anschuldigungen»

Am Dienstag äusserte sich die betroffene Firma, ein Handwerksbetrieb aus der Region. Die Geschäftsleitung sieht die Dinge anders und weist die Vorwürfe zurück, dass sie dem Feuerwehrmann «illegal gekündigt» habe. Die Anschuldigungen seien «haltlos». Bei der Kündigung handle es sich um eine «normale Kündigung mit Vorwarnung», sagt der Geschäftsführer. Es sei «Pech, dass der Zeitpunkt mit den Unwettern zusammengefallen ist». Mit dem Feuerwehreinsatz habe die Kündigung aber gar nichts zu tun: «Für uns als Firma ist ganz klar, dass Arbeitnehmer, die in der Feuerwehr sind, dann einrücken dürfen. Das ist ein Notfall.»

Der Feuerwehrmann war seit Mai bei der Firma angestellt – also noch in der Probezeit. Der Geschäftsführer hat ihn am Freitag das letzte Mal gesehen. Er habe dem Mann dann gesagt – nachdem es schon früher zu Unstimmigkeiten gekommen war –, er könne weiter für die Firma arbeiten oder gehen. Daraufhin sei dieser gegangen und nicht wiedergekommen. «Dieses Verhalten haben wir als Kündigung aufgefasst und ihm die Kündigung geschickt.» Der eingeschriebene Brief sei am Samstag zugestellt worden. Das Zeugnis des Arztes, der den Feuerwehrmann rückwirkend krankschrieb, sei erst am Dienstag eingeschrieben in der Firma eingetroffen. Der Arbeitnehmer sei jedoch am Freitag, als er ihn gesehen habe, nicht krank gewesen, sagt sein Chef.

Der Feuerwehrmann habe aber die Möglichkeiten, rechtlich gegen die Kündigung vorzugehen. Die sogenannten Sperrfristen, dass man einem Arbeitnehmer zum Beispiel nicht kündigen darf, wenn er ein Arztzeugnis hat, gelten während der Probezeit aber nicht.

Urs Bächtold, Direktor des Schweizerischen Feuerwehrverbands, sagt: «Die Tatsache, dass der Arbeitgeber nun behauptet, die Kündigung habe nichts mit dem Feuerwehreinsatz zu tun, ist für mich nicht relevant.»

Der Feuerwehrmann war am Dienstag für die «AZ» nicht erreichbar.

(aargauerzeitung.ch)

Was du hier siehst, sind Profis beim Training. Nur, um welchen Beruf geht es?

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Nein, nein diese Männer werden nicht gepfählt ...
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dreiländereck
19.07.2017 06:33registriert April 2016
Er war im Laufe der Woche krankgeschrieben und wollte am Samstag frei für seine Familie?!. Etwas viel Unklarheiten. Vielleicht setzt man sich hier für den Falschen ein.
Ich kriege die Sache auf jeden Fall nach diesem Bericht noch nicht auf die Reihe.
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Judge Dredd
19.07.2017 05:15registriert April 2016
Danke Watson, dass ihr beide Seiten angehört habt, bevor ihr diesen Betrag verfasst habt. So wie die Schilderung des Feuerwehrmannes waren, wäre es echt eine riesen Sauerei gewesen, aber eben, jede Geschichte hat zwei Seiten. Falls der Feuerwehrmann das Unwetter einfach nur als Ausrede für die Kündigung vorschob, so wäre auch dies eine Sauerei.

Die Wahrheit kommt oft erst auf den zweiten oder dritten Blick ans Tageslicht.
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Bits_and_More
19.07.2017 10:28registriert Oktober 2016
Einem guten Mitarbeiter wird sicher nicht wegen eines Feuerwehreinsatzes wie diesem gekündigt (ansonsten ist die Geschäftsführung sowieso zu hinterfragen & glücklich wird niemand in einem solchen Betrieb).
Ich denke vielmehr, dass hier noch mehr dahinter steckt. Es gibt schwierige Arbeitgeber und schwierige Arbeitnehmer. Das Kündigung im gleichen Zeitraum ausgesprochen wurde wie das Unwetter, muss nicht zusammenhängen, kann aber bei einem schwierigen Arbeitnehmer sich als Grund verstanden werden.

Auf alle Fälle kennen wir hier alle nur die halbe Wahrheit und können nur Vermutungen ausstellen
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