Der 9. Februar mit dem knappen Ja zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP hält die Schweiz noch immer in Atem. Und bereits muss sich das Volk erneut zum Reizthema Zuwanderung äussern: Am 30. November wird über die Ecopop-Initiative abgestimmt. National- und Ständerat haben sie im Eiltempo behandelt und mit klarer Mehrheit zur Ablehnung empfohlen. Keine grosse Partei unterstützt das Volksbegehren.
Die Initiative «Stopp der Überbevölkerung – Zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» geht deutlich weiter als die SVP-Initiative «gegen Masseneinwanderung». Sie will nicht nur Kontingente einführen, sondern die jährliche Nettozuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung beschränken. Beim heutigen Stand könnten maximal 16'000 Personen netto einwandern. In den letzten Jahren waren es im Durchschnitt rund 80'000.
Zugleich verlangt die Initiative, dass zehn Prozent der Bundesausgaben für Entwicklungszusammenarbeit für «freiwillige Familienplanung» eingesetzt werden. Gemeint sind damit laut den Initianten verbesserte Aufklärung und der Zugang zu Verhütungsmitteln.
Die Vereinigung Umwelt und Bevölkerung, kurz Ecopop, wurde bereits 1971 gegründet. Zu den führenden Köpfen in den Anfangsjahren gehörte Valentin Oehen, ehemaliger Präsident der Rechtsaussenpartei Nationale Aktion (NA). Heute distanziert sich die Vereinigung auf ihrer Website «klar von fremdenfeindlichen und rassistischen Ansichten». Im Vorstand findet man keine bekannten Namen. Ecopop-Präsident André Welti arbeitet Teilzeit in der Pro-Natura-Kantonalsektion Zürich, andere Mitglieder sind Ärzte oder Universitätsprofessoren.
Im Unterstützungskomitee der Initiative hingegen sind illustre Persönlichkeiten aufgeführt, darunter Philippe Roch, ehemaliger Direktor des Bundesamts für Umwelt, der Schaffhauser Ständerat Thomas Minder («Vater» der Abzockerinitiative), der emeritierte Bankenprofessor Hans Geiger und der frühere Zürcher Stadtrat und Nationalrat Ruedi Aeschbacher (EVP). Der Umweltaktivist Franz Weber half bei der Unterschriftensammlung. Ob er sich im Abstimmungskampf engagieren wird, ist noch unklar.
Der 9. Februar hat die Beziehungen der Schweiz zur Europäischen Union schwer belastet. Die Personenfreizügigkeit ist für die EU sakrosankt, sie will das bilaterale Abkommen mit der Schweiz nicht neu aushandeln. Sollte auch Ecopop angenommen werden, wäre das Verhältnis zur EU irreparabel beschädigt, warnen die Gegner. Ausserdem könne die Wirtschaft die nötigen Fachkräfte nicht mehr rekrutieren, wenn die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der Bevölkerung beschränkt werde.
Die Initianten kontern mit den rund 80'000 Personen, die jährlich die Schweiz verlassen. Bei einem Wachstum von 0,2 Prozent könnten folglich bis 100'000 Ausländer pro Jahr kommen. Das genüge für die nötigen Fachkräfte, für Familiennachzug und Ausbildung. Die geforderte Grenze von 0,2 Prozent sei europakompatibel, denn die Schweiz hätte mehr Nettoeinwanderung als der Durchschnitt der EU-Länder. Sollte die EU die Bilateralen I aufkündigen, würde das der Schweiz «weder einen erheblichen Schaden zufügen noch eine wirtschaftliche Isolation bewirken».
Kritisiert wird auch der zweite Teil, die Verbindung von Entwicklungshilfe und Familienplanung. Dies sei Neokolonialismus. Aus linksgrünen Kreisen wird Ecopop sogar «Ökofaschismus» vorgeworfen. Die Vereinigung verweist darauf, dass die freiwillige Familienplanung bereits 1968 von der UNO als «grundlegendes Menschenrecht» definiert worden sei. Man wolle nicht die Menschen in den Entwicklungsländern bevormunden, sondern «das Selbstbestimmungsrecht der Ärmeren und Ärmsten verbessern».
Die Parteileitung lehnt Ecopop ab und will sich auf die Umsetzung der eigenen Initiative konzentrieren. Chefstratege Christoph Blocher hat seine Abneigung gegen die Ecopop-Initiative mehrfach zum Ausdruck gebracht. Letztes Jahr bezeichnete er sie in der «Zentralschweiz am Sonntag» als «grössenwahnsinnig». Die Delegiertenversammlung folgte dieser Vorgabe und fasste mit 298 zu 80 Stimmen klar die Nein-Parole.
Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass die Initiative mit ihrer strikten Zuwanderungsbeschränkung an der SVP-Basis viele Sympathien geniesst. Im bürgerlichen Nein-Komitee sind die Hardliner in der Ausländerpolitik nicht vertreten. Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) wird am Samstag in Winterthur über die Ecopop-Initiative befinden. Ein Ja wäre keine Überraschung.
Die Ecopop-Gegner gehen davon aus, dass das Volk mit der Annahme der SVP-Initiative genügend Dampf abgelassen hat und der radikalen Vorlage nicht zustimmen wird. Die Befürworter hingegen glauben, dass eine Zuwanderungsinitiative, die kein SVP-Etikett trägt, noch bessere Chancen hat.
Der Politikberater Mark Balsiger kann dies nachvollziehen. Ecopop spreche breitere Kreise an, vor allem die Wachstumskritiker. Nach dem Masseneinwanderungs-Schock jedoch nähmen die Gegner sie ernst, deshalb sei eine schnelle Abstimmung vermutlich der sicherere Weg: «Es ist strategisch richtig, die Ecopop-Initiative zu bringen, so lange die Erinnerung an den 9. Februar noch frisch ist», meint Balsiger.
Die Masseneinwanderungsinitiative wurde von den Gegnern sträflich unterschätzt. Das soll sich nicht wiederholen. Gegen Ecopop haben sich gleich zwei politische Komitees formiert, ein linksgrünes und ein bürgerliches. Die Linke, die im Kampf gegen die SVP-Initiative weitgehend durch Abwesenheit glänzte, will sich besonders stark engagieren. Bereits vorgelegt hat der grüne Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli mit seinem Ecopop-kritischen Buch «Die unheimlichen Ökologen».
Die Medien sind ebenfall erwacht. NZZ, Tages-Anzeiger und «Beobachter» haben diese Woche grössere Artikel mit kritischem Unterton veröffentlicht. «Wer verhindern will, dass 2014 als schwarzes Jahr in die Geschichte der Schweiz eingeht, muss jetzt handeln», kommentierte der Tages-Anzeiger. Ein massives Powerplay gegen Ecopop könnte allerdings kontraproduktiv wirken und einen «David gegen Goliath»-Effekt zugunsten der Initiative auslösen.
Man kann in guten Treuen gegen den Wachstumswahn sein, dann sollte man aber den Menschen aufzeigen, worauf sie zu verzichten haben (weniger Lohn, weniger Konsum, weniger Energieverbrauch, weniger Mobilität, mehr Verzicht in allen Bereichen).
Es bleibt zudem ein Rätsel der Initianden, warum ein Mensch jenseits der Grenze die Umwelt weniger belastet als in der Schweiz. Und Kampagnen für Empfängnisverhütung in Drittweltländern sind zwar sinnvoll, müssen aber sicher nicht in unsrer Verfassung verankert werden!
Wer gemeint hat, die Grüne Partei der Schweiz setze sich für eine nachhaltige Entwicklung unseres Landes ein, hat sich geirrt. Mit Vehemenz bekämpft diese Partei die Ecopop-Initiative „Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“. Die Grünen wenden sich gegen eine reduzierte Zuwanderung und damit gegen eine bessere, auf unsere Ressourcen abgestimmte Entwicklung unseres Landes und gegen die Förderung der freiwilligen Familienplanung, die einen bescheidenen Beitrag gegen die Bevölkerungsexplosion in den Entwicklungsländern leisten will. Offenbar ist diese Partei heute schon so stark von internationalistischen Strömungen beeinflusst und auf die Bewahrung ihrer politischen Ämter fixiert, dass sie meint, als Speerspitze gegen diese Initiative auftreten zu müssen. Die bürgerlichen Parteien werden sich für diesen Einsatz wohl erkenntlich zeigen und den Grünen zu weiteren Posten in Politik und Verwaltung verhelfen. Eine traurige Entwicklung einer einst feurigen Verfechterin eines wachstumskritischen Kurses.
Kann es sein, das dies der gewollte Effekt der MEI von der SVP ist, oder weil die ECOPOP-INITIATIVE in den Medien stehts als radikal bezeichnet wird, obschon während einer Übergangszeit doch noch mehr Personen zuwandern könnten als heute?
Ich jedenfalls empfehle allen, die eine bessere Zukunft der Schweiz wollen, der ECOPOP-INITIATIVE ZUZUSTIMMEN und unbedingt ein JA in die Urne einzulegen