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Schweizer Beamte nehmen Sprachkurse bei der Migros

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Das Beherrschen einer anderen Landessprache ist beim Bund ein Muss.Bild: KEYSTONE

Schweizer Beamte müssen Sprachen büffeln – und erhalten gratis Unterricht

Der Bund vergibt einen Millionen-Auftrag an die Migros-Klubschule.
18.04.2017, 03:3318.04.2017, 13:54
Sven Altermatt / Aargauer Zeitung
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Ohne Fremdsprachen geht nichts: Wer sich mit Geschäftspartnern austauschen will, kommt mit seiner Muttersprache allein nicht durch. Das gilt für immer mehr Jobs in der Schweiz. Meist werden Grundkenntnisse in Englisch vorausgesetzt, oft sind auch Kenntnisse einer zweiten Sprache gefragt.

Doch nirgendwo wird die Mehrsprachigkeit derart hochgehalten wie in der Bundesverwaltung. Schliesslich sei diese «ein Mikrokosmos der Schweiz», so Nicoletta Mariolini, die Delegierte für Mehrsprachigkeit beim Bund.

21 Millionen Franken für Sprachkurse

Tatsächlich muss der Bundesrat laut Gesetz die Landessprachen in den Amtsstuben angemessen fördern und so den nationalen Zusammenhalt stärken. Wie wichtig dieser Auftrag ist, lässt sich nun gewissermassen an einem Betrag festmachen: 21.6 Millionen Franken.

So viel Geld will das Eidgenössische Personalamt (EPA) in den kommenden acht Jahren maximal an die Migros-Klubschule überweisen – um Verwaltungsangestellten den Besuch von Sprachkurseh zu ermöglichen.

Den lukrativen Auftrag hat sich die grösste Weiterbildungsinstitution der Schweiz in einer öffentlichen Ausschreibung gesichert; sie musste sich gegen vier weitere Anbieter durchsetzen. Ihre Offerte für die Sprachkurse hat laut dem EPA mit dem «besten Preis-Leistungs-Verhältnis» überzeugt.

Bereits seit 2013 kooperiert die Bundesverwaltung bei entsprechenden Kursen mit der Klubschule, jetzt soll die Zusammenarbeit ausgebaut werden.

Zum Unterricht verdonnert

Hintergrund dieser Massnahme ist die «Verordnung über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachengemeinschaften», wie es in bestem Amtsdeutsch heisst.

Darin ist nicht nur vorgesehen, dass jeder Bundesbeamte wahlweise in Deutsch, Französisch oder Italienisch arbeiten kann – ein in der Praxis nur schwer durchsetzbarer Passus. Es werden auch die Anforderungen an die Kenntnisse von weiteren Amtssprachen festgelegt.

Von der Öffentlichkeit bisher kaum bemerkt, hat der Bundesrat vor drei Jahren die Verordnung verschärft: Kadermitarbeiter müssen über gute Kenntnisse in mindestens einer zweiten Amtssprache verfügen und über passive Kenntnisse in einer dritten. Für Verwaltungsangestellte sollen vermehrt Sprachkurse angeboten werden.

Erfüllen Angestellte die Bedingungen nicht, können sie zu einem Sprachkurs verpflichtet werden. Nicht bekannt ist, wie oft dies unterdessen passiert ist. «Es gibt keine Statistik über allfällige Verpflichtungen zum Besuch von Sprachkursen», sagt EPA-Sprecher Sandro Büchler.

Klar ist: Das Amt rechnet damit, dass jährlich 250 bis 650 Sprachkurse in den Räumlichkeiten der Bundesverwaltung angeboten werden. Dies auf Deutsch, Französisch, Italienisch oder Englisch. Zwischen 450 und 1150 Angestellte werden zudem einen öffentlich zugänglichen Sprachkurs bei der Klubschule besuchen. Der intensivere Einzelunterricht schliesslich richtet sich vor allem an Kaderangestellte, teilnehmen sollen 50 bis 100 Angestellte pro Jahr.

Arbeitgeber bezahlt Kurse

Im Gegensatz zu Mitarbeitenden von privaten Unternehmen profitieren Bundesangestellte nicht selten davon, dass ihr Arbeitgeber für die Kurskosten aufkommen muss. Denn laut der Bundespersonalverordnung müssen «bedarfsorientierte Weiterbildungen» vergütet werden, und in diese Kategorie fallen auch Kenntnisse der Amtssprachen.

Ein solches Angebot hat seinen Preis: 4,3 Millionen Franken muss das EPA allein für das Grundangebot der Sprachkurse in den kommenden vier Jahren an die Migros-Klubschule überweisen. Der gleiche Betrag wird in Rechnung gestellt, wenn die Zusammenarbeit um vier Jahre fortgesetzt wird. Und je nachdem, wie viele Angestellte effektiv die Kurse besuchen, werden nochmals bis zu 13 Millionen Franken fällig.

Um ihre Kenntnisse in Fremdsprachen zu verbessern, müssen Bundesangestellte freilich nicht zwingend die Schulbank drücken: Für rein webbasierte Sprachkurse steht der Online-Anbieter Speexx beim EPA unter Vertrag.

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Howard271
18.04.2017 06:03registriert Oktober 2014
Das sind ganz normale Weiterbildungskurse, wie es sie bei jeder anderen Firma auch gibt. Weshalb so ein Theater darum machen?
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MacB
18.04.2017 07:41registriert Oktober 2015
Verwaltungsangestellte sind nicht Beamte.
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El Vals del Obrero
18.04.2017 07:45registriert Mai 2016
Irgendwie erinnert dieser Artikel eher an BaZ oder Weltwoche (billige Empörungsbewirtschaftung à la "böse faule privilegierte Beamte erhalten etwas gratis").

Interne Weiterbildungskurse, für die man selbstverständlich nicht noch privat bezahlen muss, gibt es doch bei ziemlich vielen Arbeitgebern, auch in der Privatwirtschaft.
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