Ein Zitat kann etwas Tolles sein. Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort platziert, kann es einem die Bewunderung des Gegenübers sichern, zum Verstummen der schärfsten Kritiker, ach, gar zur Ekstase ganzer Massen führen.
Eingestanden, das mag etwas übertrieben sein. Dennoch behaupte ich, dass Zitate durchaus den Hauch des Gebildeten oder Belesenen versprühen können. Zudem suggerieren sie gesichertes Wissen, denn: Was grosse Denker sagen, wird so falsch nicht sein.
Aber Obacht: Nicht alles, was als sichere Quelle gilt, ist es auch. Wir präsentieren euch 10 Zitat-Missverständnisse, die es zu kennen gilt (keine Angst, es hat ganz viele bewegte Bildli mit dabei). Oder wie Huldrych Zwingli mutmasslich sagte:
Dieses Zitat wird Gaius Iulius Caesar zugeschrieben, was so eigentlich nicht gänzlich stimmt. Zum einen gibt es Hinweise darauf, dass Caesar diesen Ausdruck im weiteren Sinne dem griechischen Stück Arrephoros oder Auletris von Menander entnommen hat (und es sich so um eine gängige Redensart handelte), zum anderen ist die deutsche Übersetzung in dieser Formulierung ohnehin nicht sinngemäss.
Zwar kann man die lateinische Form «alea iacta est» mit Biegen und Brechen so auffassen (alte Lateiner werden hiermit aufgefordert, Aufklärung zu leisten), im Kontext, in dem Caesar die Äusserung getätigt haben soll ─ nämlich unmittelbar vor der riskanten Überquerung des Rubikon, dem letzten Hindernis zwischen der Provinz Gallien und Italien ─ muss es viel eher «Der Würfel ist geworfen» heissen.
Der Würfel ist nicht mehr in der Hand und der Ausgang ungewiss. Ein ziemlicher Unterschied.
Die Überheblichkeit des Französischen Adels vor der Französischen Revolution versinnbildlichend, wird diese Aussage gemeinhin mit Marie Antoinette verbunden. Es soll ihre Antwort auf die Nachricht, dass die Bevölkerung Hunger leidet und sich nicht mal mehr Brot leisten kann, gewesen sein.
Tatsächlich stammt diese Aussage jedoch von Jean-Jacques Rousseau, der diese Antwort in seiner Autobiographie «Confessions» lediglich einer «grossen Prinzessin» zuschrieb – und zwar 1766, als Marie Antoinette gerade mal 10 Jahre alt war.
Der Wahrheitsgehalt dieser Erzählung Rousseaus konnte historisch bislang nicht endgültig geklärt werden. Die grosse Prinzessin könnte Historikern zufolge Maria Theresia von Spanien gewesen sein, aber auch das ist Spekulation.
Die Dekadenz des Adels widerspiegelt sich in dieser Antwort allerdings unglaublich treffend. So treffend, dass man sich beinahe wünscht, dass Marie Antoinette dies von sich gegeben hat. Und zwar genau so:
Mahatma Gandhi war Pazifist bevor es cool war. Und Mahatma Gandhi bietet einen derart breiten Korpus an tiefschürfenden Texten, dass vom renommierten Motivations-Coach bis hin zu 12-jährigen Sabrinas und Tims, die ihrem frisch gefassten politischen Unmut per WhatsApp-Anzeigebild Ausdruck verleihen wollen, alle fündig werden.
Das oben genannte Zitat ist dennoch nicht auf Gandhi zurückzuführen. Es findet sich in keiner seiner Reden oder Schriften in dieser Form. Viel eher geht die Aussage auf den Gewerkschafter Nicholas Klein zurück, der bei einer Ansprache 1918 Folgendes sagte:
Naja, nicht ganz dasselbe. Und sowieso nicht so sexy, wie wenn es Gandhi gesagt hätte.
Nun, Jein.
Ohne überdurchschnittlich bibelkundig zu sein, steht in der Bibel tatsächlich «For the love of money is a root of all kinds of evil (...)». Das Geld per se ist demnach nicht die Wurzel allen Übels, sondern die Liebe dazu. Macht durchaus einen gewissen Unterschied.
Auf die Frage: «Kennst du Casablanca, diesen herrlichen Film mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergmann?», antwortet man gewöhnich mit:
Oder dann eben mit:
Der Haken? Ilsa (gespielt Ingrid Bergmann) sagt diesen Satz zu keiner Zeit im Film. Dafür aber:
Der Florentiner Niccolò Machiavelli gilt aufgrund seines Hauptwerkes «Il Principe» (Der Prinz/Der Fürst) als ein äusserst bedeutender Staatsphilosoph der Neuzeit. In diesem Werk setzte er sich analytisch unter anderem mit der Macht und Machterhaltung auseinander, wodurch ihm beispielsweise dieses Zitat zugeschrieben wurde.
Nur: In keinem seiner Werke findet sich dieses Zitat. Es mag eine enorm verallgemeinerte Zusammenfassung einiger seiner Passagen sein, wobei vergessen geht, dass sich Machiavelli seine Überlegungen teils enorm nuanciert formuliert. Der Machiavellismus an sich also eine Fehlinterpretation seines Werkes?
Das ist so ein Satz von dieser Sorte:
Die gute alte Meinungsfreiheit. In ihrer Natur wunderschön. Grundstein der Demokratie. Gepaart mit gesundem Menschenverstand eine Wahnsinnssache. Das verdanken wir unter anderem Voltaire! Stimmt – nur: diese Aussage hat er so nie getätigt.
Sie stammt von Evelyne Beatrice Hall, die in einem 1906 erschienenen Sammelband zu Voltaires Philosophie das Prinzip der Meinungsfreiheit unglaublich knackig auf den Punkt gebracht hat.
Ganz grundlegend stellt sich hier die Frage: Marilyn Monroe? Oder doch Eleanor Roosevelt?
Viel eher aber:
Urheberin dieses Zitats soll Historikerin Laurel Thatcher Ulrich sein. Und zwar formulierte Thatcher, ihres Zeichens Pulitzer-Preis-Trägerin, diesen Satz in einem Aufsatz über puritanische Beerdigungen im renommierten akademischen Journal «American Quarterly». Erbost über die dubiose Karriere ihres Zitats, veröffentlichte sie 2007 ein Buch mit eben diesem Zitat als Titel.
Eine der Durchhalteparolen Churchills an das britische Volk in den dunklen Stunden des Zweiten Weltkriegs, die sofort Kultstatus erlangte. Und gleich vorweg: Ja, er hat es gesagt.
Einfach nicht wirklich genau so. Denn tatsächlich hat er gesagt: «I have nothing to offer, but blood, toil, tears, and sweat.» Der Unterschied? Also:
Blut? Jawohl, mein britisches Blut opfere ich im schlimmsten Fall ohne zu zögern! Schweiss? Auf geht's, und auch wenn es der letzte Tropfen in meinem Körper ist. Tränen? Die vergiesse ich bitter, solange ich für etwas zu kämpfen habe! Aber Mühsal (toil)? Jäää, irgendwie... Lieber nicht eigentlich. Haben wir nicht etwas Heldenmässigeres?
Deshalb schön geschmeidig Blood, Sweat and Tears!
Was denkst du, wer das gesagt hat? Benjamin Franklin?
Oder doch Albert Einstein?
ACHTUNG ÜBERRASCHUNG: Es ist weder Franklin noch Einstein. Phu. Ein ziemlicher Schock. Aber wer war es dann? Wie immer mit Zitaten älteren Ursprungs, lässt sich die Urheberschaft auch in diesem Fall nicht eindeutig klären.
In dieser Formulierung scheint das Zitat auf eine Passage im Buch «Sudden Deaths» (1983) von Rita Mae Brown zurückzugehen. Allerdings soll auch dies nur eine Paraphrasierung einer Passage aus dem Basistext (1981) der Narcotics Anonymous (einer Art Pendant zu den Anonymen Alkoholikern) sein.
Vermutlich hat jede und jeder von uns zu irgendeiner Zeit, unter irgendeinem Umstand ein Zitat falsch wiedergegeben – ob nun bezüglich der Form oder des Urhebers. Good News: Du bist nicht allein. Der folgende vierminütige Clip zeigt dir, dass sich auch Barack und Co. an zweifelhaften Quellen bedient haben.
Und ganz in diesem Sinne: