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Manchmal reden Menschen ganz anders, als sie denken und fühlen. So einer ist Lars Leuenberger. Der Mann, der mit dem SCB ein Hockeymärchen geschrieben und doch keinen neuen Vertrag bekommen hat. Seine Geschichte ist in unserem Hockey ohne Beispiel.
Wir treffen uns beim Spiel der Champions Hockey League in Zug. IFK Helsinki, das Team seines ehemaligen Cheftrainers Antti Törmänen ist zu Gast. Zeit, ein bisschen darüber zu reden, was passiert ist. Wann hat er eigentlich erfahren, dass er in Bern keinen neuen Vertrag mehr bekommen wird?
«Drei Tage vor den Playoffs von Marc Lüthi. Er hat mich per SMS aufgefordert ins Büro zu kommen. Er hat mir dann eröffnet, dass ich nach der Saison gehen muss, weil man einen neuen Trainer verpflichtet habe.» Ein Blick zurück im Zorn? «Nein, nein, es war alles ganz professionell». So wie Lars Leuenberger das sagt, ist es allerdings ein Blick zurück im unterdrückten heiligen Zorn. Aber eben: Manchmal reden Menschen anders, als sie denken und fühlen.
Immerhin weiss es Lars Leuenberger zu schätzen, dass ihm Marc Lüthi die Kündigung persönlich eröffnet hat. Von Angesicht zu Angesicht. Und er versteht, dass sich der SCB-General nach drei unbefriedigenden Jahren für einen Neuanfang mit einem neuen Trainer entschieden hat. Drei Tage vor den Playoffs konnte niemand – aber wirklich niemand – davon ausgehen, dass der SCB die Saison noch mit einem märchenhaften Sturmlauf zum Titel krönen wird. Es sei denn, jemand wäre auf einem LSD-Trip gewesen.
Aber stärker als die klare Sicht auf die Dinge, stärker als die Vernunft ist bei Lars Leuenberger die Bitterkeit des verletzten Stolzes. Auch wenn er das so nicht zugeben mag. Er lebt mit seiner achtjährigen SCB-Vergangenheit noch nicht in Frieden.
Was Lars Leuenberger noch mehr zu schaffen macht als der Verlust seines SCB-Arbeitsplatzes, ist die fehlende Anerkennung für das, was er geleistet hat. Es trifft ihn in seiner beruflichen Ehre, dass da und dort von Sportchefs gesagt wird, er habe ganz einfach Glück gehabt. «Ich darf doch sagen, dass die Mannschaft nie auseinandergefallen ist.»
Was Lars Leuenberger nicht sagt, aber hier gesagt werden muss: Der SCB-Titelgewinn war auch ein Verdienst des Trainers. Ein meisterlicher Triumph dank des Trainers. Und nicht trotz des Trainers.
Nun ist Lars Leuenberger also ohne Job. Ich frage ihn, ob er stempeln gehe. «Fragen zum Privatleben beantworte ich nicht.» Auch mein Einwand, da gehe es doch um den Job, stimmt ihn nicht um. Mein Tipp: Falls er nicht stempeln geht, ist er selber schuld. Die Arbeitslosenversicherung ist keine Sozialleistung. Sondern, wie es der Name sagt, eine Versicherung für den Fall, dass man unverschuldet ohne Arbeit dasteht.
Inzwischen wird ihm klar, dass der Titelgewinn bei der Stellensuche eher ein Handicap ist. Ganz offensichtlich ist er den Sportchefs eine Nummer zu gross. Den SCB-Meistertrainer holen? Und was ist, wenn es nicht funktioniert? Dann ist die Polemik in den Medien gross. Gerade deshalb, weil Lars Leuenberger Schweizer ist. Wäre er Kanadier, hätte er längst einen Job. Seit dem Titelgewinn hatte er kein konkretes Angebot. Er war ein wenig im Gespräch beim EHC Kloten und für den Posten eines U20-Nationaltrainers. Daraus ist nichts geworden.
Für ihn ist klar: Er will im Hockeygeschäft bleiben. «Ich übernehme auch eine Mannschaft in der NLB, wenn es ein Klub mit Ambitionen auf die NLB-Meisterschaft ist.» Selbst ein Engagement im Ausland schliesst er nicht aus. «Ich müsste dann die Situation mit meiner Familie besprechen.» Den Einwand, er könne, da ja seine Frau Nicole berufstätig sei (als TV-Journalistin), jetzt Hausmann sein, findet er mehr boshaft als aufmunternd.
Vorerst überbrückt Lars Leuenberger die Zeit mit Hockey-Weiterbildung. Er wird bei Antti Törmänen in Helsinki vorbeischauen. Auch bei Guy Boucher in Ottawa. Beide haben ihn eingeladen. Es hat ihn gefreut, dass ihm der Kanadier zum Titel gratuliert hat und sogar zu Hause vorbeigekommen ist, um persönlich die Anerkennung auszudrücken. Unter Fachkollegen wird seine Leistung sehr wohl anerkannt.
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wird sich für Lars Leuenberger nach dem Saisonstart stark verbessern. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Laufe der Saison ein Trainer seines Amtes enthoben wird, ist gross. Und dann wird Lars Leuenberger zusammen mit Heinz Ehlers (in Lausanne nicht mehr erwünscht) Nothelfer-Kandidat Nummer 1 sein.
Als Nottrainer ist er der ideale Mann. Er wohnt bereits hier, hat schon eine Wohnung und ein Auto und für die Kinder muss der Klub auch keine teure Privatschule bezahlen. Er kennt die Liga und ist sofort verfügbar. Er kostet weniger als ein ausländischer Trainer und die fachliche Kompetenz ist unbestritten. Die Angst vor Polemik gibt es auch nicht mehr, wenn er im Laufe der Saison kommt. Er wartet auf den erlösenden Telefonanruf. Auf die konkrete Frage, ob er denn Langnau oder Biel übernehmen würde, sagt er, ohne eine Sekunde zu zögern: «Ja!». Er sagt aber auch ebenso unmissverständlich, dass eine Rückkehr zum SCB nicht möglich sei. Lars Leuenberger ist Realist. Kein Träumer.
Falls der erlösende Telefonanruf noch ein wenig auf sich warten lässt, werden wir Lars Leuenberger wohl bald in den Teleclub-Studios sehen. «Ja, ich habe ein paar Anfragen in diese Richtung.» Einen kompetenteren Experten als ihn, den aktuellen Meistertrainer, der nacheinander in den Playoffs Marc Crawford, Arno del Curto und Doug Shedden ausgecoacht hat, der unter maximaler Belastung nie die Nerven verloren hat und sich als meisterlicher Taktiker und Motivator erwiesen hat, gibt es nicht.
Im Quadrat kompetenter als die aktuellen Kult-Analysten Morgan Samuelsson und Kent Ruhnke, die zwar einen hohen Unterhaltungswert haben. Aber wie aus der Zeit gefallene Saurier wirken. Vertreter einer längst untergegangenen Hockeywelt. Bei ihren letzten Engagements, die schon Jahre her sind, als Trainer kläglich gescheitert und auf dem Trainer-Arbeitsmarkt von heute hoffnungslose, nicht mehr vermittelbare Fälle.
Lars Leuenberger ist durch und durch ein Hockeytrainer. Soeben hat das Spiel begonnen. Er bittet, das Gespräch zu unterbrechen. Er will das Geschehen auf dem Eis genau verfolgen. Da mag er keine Ablenkung durch einen Chronisten, dessen Hang zur Boshaftigkeit er sehr wohl kennt.
Lars Leuenberger als arbeitsloser Spielbeobachter auf der Tribüne. Unsere Klubs und unsere Verbandsgeneräle verzichten auf die Dienste des SCB-Meistertrainers. Welch eine Verschwendung von Talent und Kompetenz.