Es war die Geschichte des NHL All-Star Game 2016. Das Internet hat sich einen Scherz erlaubt, der sich verselbständigt hat: John Scott wurde im Voting zum Captain des Teams aus der Pacific Division ernannt und durfte zum ersten Mal in seiner Karriere beim alljährlichen Schaulaufen der Besten dabei sein – und er wurde sogar noch zum MVP des Turniers gewählt.
Das aber nicht, weil er die Stocktechnik eines Owetschkin hat, die Klasse eines Crosby, die Geschwindigkeit eines Kane oder die Erfahrung eines Jagr. Nein, einfach weil er John Scott ist, ein relativ ungelenker, 2,03 m grosser Verteidiger, dessen Kernaufgabe es ist, mit seiner physischen Spielweise die Stars des eigenen Teams zu schützen und gelegentlich Fäuste zu verteilen.
Dieser John Scott ist nun zurückgetreten. Und weil er so eine Bekanntheit erlangt hat, durfte er es gebührend tun, in einem rührenden Schreiben in «The Players Tribune» – englische Pflichtlektüre für jeden Hockeyfan.
Der 34-Jährige beweist darin, dass er viel mehr ist als ein stumpfer «Goon» (leo.org übersetzt es ziemlich passend mit «Rowdy/Blödmann/Schlägertyp»). Und er schreibt, dass 99 Prozent seiner «Artgenossen» abseits des Eises ganz andere Menschen seien. «Sie sind viel interessanter und intelligenter, als die meisten Leute meinen.» In seinem Fall ist der Beweis nachhaltig erbracht.
Scott ist in seinem «richtigen» Leben ein fürsorglicher Familienvater, der darum auch seine Schlittschuhe an den Nagel gehängt hat. Nur eine Woche nach dem All-Star Game brachte seine Frau Danielle Zwillinge zur Welt, die Töchter Nummer drei und vier.
Weil aber Scott zu den Montreal Canadiens getauscht und von diesen ins Farmteam nach St.John's in Neufundland abgeschoben wurde, lebte er mehr als 2500 km Luftlinie weit weg von seiner Familie. Ein für ihn unhaltbarer Zustand, noch mehr aber für seine Frau.
Darum ist jetzt nach 286 NHL-Spielen für sieben Teams, in denen er fünf Tore erzielte und 544 Strafminuten sammelte, Schluss. «Ich habe jede Sekunde genossen», schreibt Scott. Ab sofort wird er als Hausmann vollen Einsatz geben, brav den «Zmorge» seiner Töchter bereitstellen und sie mit Enthusiasmus an die Tanzstunden begleiten – ganz ohne Schlägereien.