Wie würde der SC Bern die 2:4-Heimniederlage vom vergangenen Dienstag wegstecken? Das war die grosse Frage vor dem ersten Halbfinal-Rendez-vous der beiden Teams in der Resega. Die Berner gaben eine eindrückliche Antwort und nahmen ihren Kritikern mit einer starken Reaktion den Wind aus den Segeln. Der Meister zeigte bei seinem 4:1-Sieg eine reife und abgeklärte Leistung im Lugano-Hexenkessel.
Dem SCB gelang im Tessin das, was die ZSC Lions in ihrer Viertelfinalserie gegen die Luganesi nie gelungen war. Sie waren nicht nur die aktivere Mannschaft, sondern schafften es auch, ihren Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen: mit Aufopferung und unbedingtem Kampfgeist. Die Berner schafften es über weite Strecken, ihren Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten und blockten auch sehr viele Schüsse.
Natürlich spielte dem SCB in die Karten, dass er mit 2:0 in Führung ging und somit das Spiel nach seinem Gusto verwalten konnte. Aber die Berner taten dies mit einer Cleverness, gegen die die Luganesi kaum ein Gegenmittel fanden. Bis auf Grégory Hofmanns Anschlusstreffer blieben die Tessiner in ihren offensiven Bemühungen erfolglos. Und wenn sie mal durchkamen, dann stand mit Leonardo Genoni ein bärenstarker Goalie im Tor der Berner.
31' Tooooooor #SCBern!!! Simon Bodenmann schnappt sich den Abpraller von A. Ebbett's Schuss und trifft 🥅🚨 #bärnrockt 🤘🏻*0:2 pic.twitter.com/b1643m2CVO
— SC Bern (@scbern_news) 23. März 2017
Besonders auffällig und überraschend war, wie schwer sich die Luganesi im letzten Drittel taten, überhaupt noch in gute Abschlusssituationen zu kommen. Der erwartete Sturmlauf blieb völlig aus. Emotionen? Fehlanzeige. Es schien fast, als ob ihnen die Kräfte ausgehen würden.
Was darauf hindeuten könnte, dass die fehlende Energie für die Mannschaft von Greg Ireland im weiteren Verlauf der Serie ein Problem werden könnte. Man darf nicht vergessen, dass die Tessiner schon in den Duellen gegen die ZSC Lions mit ihrem aufwendigen Spielstil viel Substanz investieren mussten.
Eine andere, noch grössere Baustelle betrifft die Ausländer. Das schwedische Trio des HC Lugano blieb einmal mehr blass und schaffte es bis auf wenige Augenblicke kaum einmal, wirklich grossen Einfluss auf das Spielgeschehen zu nehmen. Von Linus Klasen, Patrick Zackrisson und Tony Martensson muss viel mehr kommen, wenn die Luganesi in dieser Halbfinalserie am Ende obenaus schwingen wollen.
Der besonders schwache Martensson wartet weiterhin auf seinen ersten Playoff-Skorerpunkt. Und wenn «Bösewicht» Maxime Lapierre spielerisch mehr bringt als die Schweden-Fraktion, dann ist das kein gutes Zeichen.
Und die Berner? Die können nun nach diesem souveränen Auftritt wieder einigermassen beruhigt in die nächsten Partien gehen. Umso mehr, wenn sogar ein Spieler wie Beat Gerber, zu dessen Kernkompetenz das Toreschiessen nicht gehört, ins Schwarze trifft. Der Verteidiger sorgte mit seinem Treffer zum 1:3 für die Entscheidung. Sein Rezept? «Augen zu und draufhauen.» Gerber meinte ausserdem, dass «wir den Sieg mehr wollten als Lugano. Und wir schafften es, unser Spiel durchzuziehen.»
Das gelang Lugano an diesem Abend bei weitem nicht. Einen Umstand, den ihr einziger Torschütze, Grégory Hofmann, entsprechend bemängelte: «Wir haben zu viele Strafen genommen, zu viele Pucks verloren in der defensiven Zone. Das muss besser werden.» Gelingt den Tessiner eine ähnlich starke Reaktion wie den Bernern am gestrigen Abend? Zweifel sind erlaubt. Aber Lugano hat schon gegen die ZSC Lions ungewohnte Nehmerqualitäten gezeigt.