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1988 wird Jean Martinet, hauptberuflich Versicherungsspezialist, Präsident bei Fribourg-Gottéron. Der Klub, 1980 in die NLA aufgestiegen, hat auch dank seiner Hilfe eine schwere Finanzkrise überwunden.
Der neue Vorsitzende gilt als «Mister 1000 Volt». Ein freundlicher, charismatischer Macher mit schier unerschöpflicher Energie. Er hört von Tino Catti, einem weitgereisten ehemaligen Spieler und Hockeymacher, dass Slawa Bykow und Andrej Chomutow, zwei sowjetische Weltstars, bald in den Westen dürfen.
Tino Catti hatte in der NLA alle grossen Sportchefs kontaktiert. Doch die wollten von der Sache nichts wissen – es sei völlig unmöglich, solche Weltstars in den Westen zu holen. Das sei die Mühe gar nicht wert. Wenn schon, würden die für Dollarmillionen in die NHL wechseln. Jean Martinet kennt die beiden Namen nicht einmal, fragt einen Chronisten, ob das gute Spieler seien. Dann sagt er: «Das machen wir».
Er schafft es tatsächlich und hat seither seinen Ehrenplatz in der Hockey-Weltgeschichte. Der Hobby-Helikopter-Pilot erreicht sein Ziel mit Charme und Witz. Slawa Bykow und Andrej Chomutow spielen für ZSKA Moskau. Den Klub der Roten Armee.
Jean Martinet nimmt für die erste Verhandlungsrunde seine Offiziersuniform mit nach Moskau, zieht sich im Hotel um und meldet sich bei den ZSKA-Oberen zackig mit militärischem Gruss: «Martinet, Hauptmann der Schweizer Armee!» Das wirkt. Militärs unter sich. ZSKA Moskau gibt seine beiden Weltstars für Gottéron frei. Ein paar Stunden nach dem besiegelten Deal landet Marcel Aubut, der Besitzer des damaligen NHL-Klubs Quebec Nordiques in Moskau. Mit Koffern voller Dollars. Er blitzt ab.
Se ne è andato Jean Martinet, fece la rivoluzione russa dell'hockey rossocrociato #Fribourg @FrGotteron https://t.co/peAvYuZgjf pic.twitter.com/E1XFCLjtoW
— Massimiliano Herber (@HerberMax) 12. Oktober 2016
Martinets Charme war stärker als die Dollars. Die beiden Weltstars verdienen mit ihrem ersten Vertrag je 60 000 Franken pro Saison. Als Ablöse fordert und bekommt ZSKA ein paar Lastwagen und Mannschaftsbusse ungarischer Bauart, die in Russland fast nicht zu bekommen sind. Es ist nicht nur sportlich, es ist auch finanziell der beste Hockey-Transfer unserer Hockeygeschichte. Bis heute.
Mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow erreicht Fribourg-Gottéron dreimal in Serie den Playoff-Final (1992, 1993, 1995), verliert aber einmal gegen den SCB und zweimal gegen den EHC Kloten. Aber die beiden russischen Weltstars bescheren unserem Eishockey unvergessliche «russische Flugjahre». Jean Martinet gibt das Präsidium 1992 wieder ab, bleibt aber ein väterlicher Freund der beiden Russen und übernimmt verschiedene Funktionen im Verband.
Jean Martinet wird primär als der Mann hinter dem Transfer von Slawa Bykow und Andrej Chomutow wahrgenommen. Aber er war viel mehr als das. Er war ein freundlicher, ja herzlicher Hockeymacher, der sich mit Herzblut für seine Sache engagierte. Mit einem Horizont weit, weit übers Hockey hinaus. Ein fesselnder Gesprächspartner, eine faszinierende, facettenreiche Persönlichkeit.
In den letzten Jahren war es um ihn ruhiger geworden. Die Nachricht von seinem Tod kommt unerwartet. Unser Hockey hat einen seiner ganz grossen Männer verloren.