Sport
Eismeister Zaugg

Hischiers Wahl als Nummer 1 ist der grösste Erfolg des Schweizer Eishockeys

Center Nico Hischier, chosen by the New Jersey Devils in the first round of the NHL hockey draft, puts on a jersey Friday, June 23, 2017, in Chicago. (AP Photo/Nam Y. Huh)
Runde 1, Pick 1: Hischier schlüpft ins Trikot der New Jersey Devils.Bild: Nam Y. Huh/AP/KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Hischiers Wahl als Nummer 1 ist der grösste Erfolg der Schweizer Hockeygeschichte

Der junge Walliser Nico Hischier ist die Nummer Eins der Welt. Das Schweizer Eishockey wird nie mehr sein, wie es einmal war.
24.06.2017, 07:2126.06.2017, 09:40
klaus zaugg, chicago
Mehr «Sport»

Der grösste Erfolg in der Geschichte unseres Hockeys? Sind die Pferde des Chronisten durchgebrannt? Ist der Chronist ganz einfach von einem Ereignis überwältigt und wird die Dinge in ein paar Tagen nüchterner beurteilen?

Nein, er wird auch in ein paar Wochen bei dieser Beurteilung bleiben. Nico Hischiers Draft hat nämlich nicht nur eine grosse sportliche, sondern auch eine immense hockeypolitische Bedeutung.

Das wichtigste Hockey-Ereignis ohne Eis

Der Draft ist im 21. Jahrhundert eine der wichtigsten Veranstaltungen der besten, wichtigsten, mächtigsten und reichsten Hockey-Liga der Welt. Der NHL-Draft ist eine Mischung aus Rockkonzert, NHL-Parteitag und unübertrefflicher, bombastischer Selbstdarstellung. Ein braver Eidgenosse sagt: ein Festival des Grössenwahns. Amerikanisch halt.

Alle, die wichtig sind und alle, die sich für wichtig halten, sind nach Chicago gekommen. Eröffnet wird der Draft, natürlich, durch die kanadische und die US-Hymne. Live gesungen. Es ist die grösste, die wichtigste, die prestigeträchtigste Hockey-Veranstaltung der Welt neben dem Eis. Das wichtigste Hockey-Ereignis ohne Eis.

Die Nummer Zwei ist bereits ein Verlierer

In einem durch und durch nordamerikanischen Sportspektakel zur Nummer Eins erkoren zu werden, ist die grösste Ehre, die im Hockey zu vergeben ist. Der Teamgedanke wird zwar immer und bei jeder Gelegenheit beschworen. Doch in keiner anderen Sportwelt zählt die Nummer Eins so viel, ist der Kult um die Nummer Eins so gross, wie im nordamerikanischen Sport. Ich bin Nummer Eins, also bin ich. Die Nummer Zwei ist bereits ein Verlierer. Sorry.

Nolan Patrick, center, wears a Philadelphia Flyers jersey after being selected by the team in the first round of the NHL hockey draft, Friday, June 23, 2017, in Chicago. (AP Photo/Nam Y. Huh)
Nolan Patrick wurde als Nummer Zwei von den Philadelphia Flyers gezogen.Bild: Nam Y. Huh/AP/KEYSTONE

Monatelanges Rätselraten

Wie sehr sich alles um diesen Kult rund um die Nummer Eins dreht, ist an diesem Freitagabend im United Center zu Chicago, dem Stadion der Blackhawks, förmlich zu spüren. Als New Jerseys General Manager Ray Shero vorne auf der Bühne Nico Hischier als Nummer Eins wählt, löst sich die Spannung.

Der Moment der Verkündung.Video: YouTube/SPORTSNET

Das monatelange Rätselraten ist zu Ende. Nun ist die Nummer Eins verkündet. Das Ereignis des Tages ist über die Bühne gegangen. Wer Nummer Zwei, Drei, Vier oder Fünf wird, ist zwar wichtig für die betreffenden Spieler, Familien, Agenten und Klubs. Aber die Nummer Eins ist nun vergeben. Die Normalität kehrt ein.

Nur noch «Wunderkinder» schaffen die Wahl als Nummer Eins

Ein Schweizer die Nummer Eins beim NHL-Draft! Eigentlich undenkbar. Unmöglich. Ein Spieler aus einer Hockeynation mit etwas mehr als 14'000 Nachwuchsspielern ist besser als die besten Kanadier, Russen und Amerikaner, die zusammen mehr als eine Million Junioren ausbilden. Besser als alle Finnen, Tschechen und Schweden. Zum ersten Mal ist ein Spieler aus einem Land die Nummer Eins, das noch nie Weltmeister oder Olympiasieger war.

Die Nummer Eins im Draft wird heute nur noch ein «Wunderkind». Ein aussergewöhnlicher Spieler. Die Wahl ist das Ergebnis der Analysen, Nachforschungen und Einschätzungen der besten Hockey-Experten der Welt. Es ist eine Nummer Eins, die, auch wenn kein Spiel stattgefunden und kein Titel vergeben worden ist, immensen sportlichen Wert besitzt. Eine höhere Anerkennung für einen jungen Spieler ist nicht möglich.

Es ist eine Nummer Eins mit einem enormen Prestige. Die sportliche Differenz zwischen der Nummer Eins und der Nummer Zwei, Drei oder Vier, ja sogar zwischen der Nummer Eins und Zwanzig mag gering sein. Aber es liegen Lichtjahre zwischen dem Prestige der Nummer Eins und der Nummer Zwei oder Drei. Diese Nummer Eins, dieses Prestige, diese Anerkennung, diese Ehre einem Spieler aus Europa zu erweisen, ist für eine durch und durch nordamerikanische Liga bemerkenswert. Es ist ein historischer, aussergewöhnlicher Augenblick. Die Schweiz ist nun in der NHL angekommen. Unser Hockey wird, in einem positiven Sinne, nie mehr so sein wie es bisher war. Nun werden wir von den Generälen definitiv ernst genommen.

Belastung? Erwartungsdruck? Nein: eine riesige Chance

Das sind die Dimensionen, die wir kennen müssen, um diesen Nummer-Eins-Draft von Nico Hischier einordnen zu können. Die Nummer Eins zu werden, vor allen Kanadiern, Amerikanern, Russen, Tschechen, Finnen oder Schweden – das ist der grösste Erfolg in der Geschichte unseres Hockeys. Und diese Nummer Eins ist eine immense Herausforderung für Nico Hischier. Oder ist es eine Belastung? Ist der Erwartungsdruck zu hoch? Nein. Es ist eine riesige Chance für einen jungen Spieler, der alle Voraussetzungen mitbringt, diese Chance zu packen.

Nico Hischier hat es mit einem einzigen Satz auf den Punkt gebracht. Er sagte, sein Puls sei noch nie so hoch gewesen wie in dem Moment, als er auf die Bühne trat, um die Ehre der Nummer Eins entgegenzunehmen. So soll es in einem historischen Augenblick sein.

Alle Schweizer, die in die NHL gedraftet wurden

1 / 84
Alle Schweizer, die in die NHL gedraftet wurden
2023: Rodwin Dionicio, Anaheim Ducks, Position 129.
quelle: keystone / ron ward
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Unvergessene Eishockey-Geschichten

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Tikkanen
24.06.2017 08:03registriert November 2014
...absolut richtig👍🏻Wer hätte das vor 20Jahren gedacht dass wir einen 1st Overall stellen werden? Das schien zu Zeiten, wo der Riesen den Sather enttäuschte einfach unmöglich. Gratulation an Nico, den First kann ihm keiner mehr nehmen, vom Bonus wird er auch in der kommenden strengen Zeit als Rookie massiv profitieren😀Und dabei sahen die Experten eher den Patrick zuoberst, haben bis zuletzt nicht geglaubt dass sich der Schweizer durchsetzt😒Im Falle eines 2nd Pick wäre ich davon ausgegangen, dass Nico noch 1 Jahr in Bern spielt, jetzt aber ist klar dass er ab Herbst die NHL rockt😋😎🍻
11515
Melden
Zum Kommentar
avatar
eatsleepplayhockey
24.06.2017 12:05registriert April 2017
macht doch die schweiz nicht schlechter als sie ist. wer hätte denn in den 70er, 80er, 90er jahren als das welttennis grösstenteils durch us spieler dominiert wurde je gedacht, dass der grösste spieler der tennisgeschichte aus der schweiz kommen würde? nico wird seinen weg gehen, egal ob er nun die nummer 1 ist, oder ob er später gezogen worden wäre. er ist ein bodenständiger chrampfer und ich freue mich seine entwicklung zu verfolgen. manchmal wäre es wünschenswert wenn dr chronist ebenfalls so bodenständig wäre wie nico😉
490
Melden
Zum Kommentar
avatar
Connor McJesus
24.06.2017 08:56registriert November 2015
Tyler Seguin, Victor Hedman, Drew Doughty oder zuletzt Patrick Laine und vor allem Jack Eichel: ich glaube nicht, dass sie und ihre Teams sich als Verlierer sehen.
252
Melden
Zum Kommentar
10
Schweizer beim härtesten Ultra-Marathon der Welt: «Der Spirit dort ist unglaublich»
Nur schon das Anmeldeprozedere ist eine Herausforderung. Was ihn im Frozen Head State Park in Tennessee erwartet, wusste Marco Jaeggi bis zu seiner Ankunft nicht. watson hat mit ihm über seine Erfahrung beim Barkley Marathon gesprochen.

Der Barkley 100 gilt als einer der härtesten Läufe der Welt. In diesem Jahr schaffte zum ersten Mal eine Frau den über 160 Kilometer langen Ultra-Marathon durch die Wälder des US-Bundesstaats Tennessee. Jasmin Paris war zudem die erst 20. Person überhaupt, die den Barkley 100 innert der vorgegebenen 60 Stunden abschliessen konnte. Mit dem Berner Marco Jaeggi gehörte auch ein Schweizer zu den 40 Teilnehmern. watson hat mit dem Sport- und Mentaltrainer über die Erfahrung bei dem etwas schrägen Event gesprochen.

Zur Story