Dave King? Ja, er steht an der Bande der Kanadier. Wer hat ihn bloss aus dem Semi-Ruhestand gescheucht? Der 68-jährige Kanadier arbeitet noch als Berater des NHL-Teams in Phoenix und geniesst ansonsten das Leben im warmen Süden der USA. Aber noch einmal Trainer?
Seine Rückkehr hat etwas mit der kläglichen 0:3-Pleite der Schweizer zu tun. Denn wenn Dave King an der Bande steht, werden taktisch keine Gefangenen gemacht. Dann wird seriös, diszipliniert und engagiert Hockeyschach gespielt. Keine Frage: Wenn Dave King aufgeboten wird, dann nehmen die Kanadier den Deutschland Cup ausnahmsweise ernst.
In den letzten Jahren sind die Kanadier ja nur noch mit Operetten-Teams angetreten. Grösstenteils zusammengestellt mit Spielern, die in der DEL und der NLA ihr Brot verdienen. Und an der Bande stand ein Operetten-Coach aus der DEL. Da hatten wir immer gute Siegeschancen. Und so wie wir bei diesem 0:3 gespielt haben, hätten wir in früheren Jahren womöglich gar gegen die Kanadier gewonnen.
Aber nun ist alles anders. Die Kanadier proben beim Deutschland Cup 2016 Olympia 2018. Nach wie vor ist offen, ob die NHL ihre Spieler fürs Olympische Turnier 2018 freigibt. Wenn diese Freigabe ausbleibt, dann muss Kanada ein Team aus den in den europäischen Ligen agierenden Spielern zusammenstellen. Deshalb ist die Legende Dave King (68) reaktiviert worden.
Er war schon Cheftrainer bei den olympischen Turnieren von 1984, 1988 und 1992, dann Headcoach in der NHL und in der KHL. Über das russische Abenteuer hat er ein lesenswertes Buch geschrieben («King of Russia»). Er sagt, warum er wieder an der Bande steht: «Wir bereiten uns auf den Fall vor, dass wir ohne NHL-Spieler das olympische Turnier bestreiten müssen. Dann werden wir die Mannschaft so wie bei diesem Deutschland Cup in erster Linie aus der KHL und aus Skandinavien rekrutieren.»
Kanada probt also den Ernstfall Olympia und dies erklärt ihr ungewohnt seriöses, diszipliniertes und engagiertes Auftreten. Würde Dave King 2018 im Falle eines Falles beim olympischen Turnier noch einmal an der Bande stehen? Schliesslich hat Scotty Bowman mit 69 noch einmal den Stanley Cup geholt und Dave King wäre 2018 erst 70. «Nein, nein, ich würde sicher nicht das Team coachen. Aber ich wäre wohl als Berater dabei und würde helfen, die Spieler zu rekrutieren.»
Natürlich lobt er nach dem Spiel die Schweizer. «Ihre Spielweise hat mir sehr gefallen.» Er ist ja ein glühender Liebhaber des defensiven Hockeyschachs. Nur etwas hat ihn irritiert: «Wo waren die Emotionen?» Nun, wenn wir wissen, dass die Schweizer grad am Umlernen vom «Pausenplatz-Hockey» auf realistisches, gut organisiertes und strukturiertes Spiel sind, dann verstehen wir ihre emotionslose Spielweise. Nach dem wilden Treiben auf dem Pausenplatz sitzen sie jetzt auf der taktischen Schulbank. Ein Lernprozess ist in erster Linie Kopfsache. Und nicht eine emotionale Angelegenheit. Bereits in diesem ersten Spiel war die Handschrift von Tommy Albelin gut zu erkennen. Die Schweizer sind zur taktischen Realität zurückgekehrt. Defensiv solid (kein Tor bei fünf gegen fünf), aber offensiv (und im Powerplay) noch ohne Kreativität, Mut und Risikobereitschaft.
Die Chancen auf einen Sieg gegen Deutschland (Samstag, 19.30) im zweiten Spiel des Deutschland Cups in Augsburg stehen trotzdem gut. Denn es wird die zweite Partie unter dem neuen Trainer sein.
Neuer Trainer? Bei der Nationalmannschaft hat es zwar formell keinen Trainerwechsel gegeben. Unser Nationalcoach heisst nach wie vor Patrick Fischer. Aber er hat nur noch eine repräsentative Rolle wie die Königin von England. Die Politik bzw. die Taktik macht ab sofort sein neuer schwedischer Assistent, der defensive Hexenmeister Tommy Albelin. Wir haben sozusagen einen neuen Nationaltrainer. Daher die Parallelen zu den SCL Tigers.
So wie die Schweiz unter Patrick Fischer hat auch Langnau unter Scott Beattie wildes, erfolgloses «Pausenplatz-Hockey» gespielt. Dann ist Heinz Ehlers nach Langnau gekommen, hat die defensive Ordnung wiederhergestellt und seither ist alles gut. Aber er hatte das erste Spiel mit Langnau (gegen Ambrì) auch 0:3 verloren. Ziemlich genau so wie die Schweizer gegen Kanada. Anschliessend haben die Langnauer die zweite Partie unter dem neuen Trainer gewonnen (3:2 n. V. in Davos).
Die Schweiz wie Langnau? Tommy Albelin wie Heinz Ehlers? Dann siegen wir gegen Deutschland.