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Zürcher Derby? Nein, eine Zürcher «Backstuben-Räumung» beim ZSC-Heimsieg gegen Kloten

Im Vordergrund jubeln die Lions, während die Flyers neidisch zuschauen.
Im Vordergrund jubeln die Lions, während die Flyers neidisch zuschauen.Bild: Patrick Straub/freshfocus
Flyers vor «Überlebenswoche»

Zürcher Derby? Nein, eine Zürcher «Backstuben-Räumung» beim ZSC-Heimsieg gegen Kloten

Die ZSC Lions haben am Montag stilgerecht Montagshockey gespielt. Das Resultat fiel trotzdem aus wie nach Sonntagshockey und die Kloten Flyers haben 1:4 verloren.
21.10.2014, 07:2821.10.2014, 08:58
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Es war kein grandioser ZSC wie beim 4:1 über den HC Davos am Sonntag vor einer Woche. Am Montag gibt es eben nur gewöhnliches Hockey. Zum Wochenbeginn ist Pflichterfüllung angesagt. Und so haben die ZSC Lions gegen die Kloten Flyers ihre Pflicht erfüllt. Nicht mehr. Aber eben auch nicht weniger. Bis ins Schlussdrittel hinein war die Partie zwar ausgeglichen (1:1). Zweifel, wer als Sieger vom Eis fahren würde, gab es trotzdem nicht. Das Montagsspiel endete mit einem Sonntagsresultat. Mit einem 4:1 für den Meister und Tabellenführer, der nun mehr als doppelt so viele Punkte (35) geholt hat als Kloten (15).

Früher gab es bei guten Bäckereien den schönen Brauch der Backstuben- Räumung. Wenn die schönen, grossen Brote fertig gebacken waren, dann oblag es den Lehrlingen, die Öfen von Brotresten zu räumen. Diese Brotreste wurden in einem Korb verstaut und den armen Schulkindern gratis abgegeben.

Die Kloten Flyers hatten im Derby wieder mal kein Brot.
Die Kloten Flyers hatten im Derby wieder mal kein Brot.Bild: KEYSTONE

Für Begeisterungsstürme reichten die «Brösmeli» nicht

Dieses Zürcher Derby war sozusagen eine spielerische Backstuben-Räumung. Grosse spielerische Brote sind im Laufe dieser Partie nicht gebacken worden. Die sind beim Playoff-Finale im letzten Frühjahr ausgeliefert worden. Dem Publikum wurden die spielerischen Brotreste serviert. Die genügten bei Weitem für drei Punkte. Bei diesem 4:1 genügten die Brotreste, um die ZSC Fans zu sättigen. Aber für Begeisterungsstürme reichte es nicht.

Theoretisch ist die Differenz zwischen dem Final-Kloten und dem aktuellen Abstiegsrundenplatz-Kloten gar nicht so gross. Gewiss, im Derby fehlten mit Peter Guggisberg, Marcel Jenni, Simon Bodenmann und Patrick von Gunten wichtige Spieler. Im Laufe der Partie fiel auch noch Lukas Stoop durch eine Gehirnerschütterung aus. Aber der Kader ist breit genug. Ausfälle haben alle Teams während einer Saison zu beklagen. Auch die ZSC Lions – sie traten nur mit zwei Ausländern zum Derby an.

Kloten fehlt das mentale Superbenzin

Die Differenz ist nicht in der Mannschaftsaufstellung zu suchen. Sondern in den Köpfen der Spieler. Kloten fehlt nach dem missglückten Saisonstart mit dem Selbstvertrauen das mentale Superbenzin. Die Mannschaft hat viel Substanz, ist defensiv stabil, gut organisiert und hat mit Martin Gerber keinen grossen, aber einen guten und kampfstarken Torhüter. Aber eine nicht zu übersehende Passivität in einzelnen Szenen und im Gesamtauftritt führte in die logische Niederlage.

Die ZSC Lions waren bis weit über die Spielmitte hinaus nicht hundertprozentig bei der Sache und machten im ersten Drittel in der eigenen Zone mehr Fehler als in den letzten zehn Partien zusammengezählt. Viermal verloren sie nach dem 0:1 die Scheibe im Verteidigungsdrittel. Viermal kamen die Klotener zu erstklassigen Abschlussmöglichkeiten. Viermal rettete Lukas Flüeler. Viermal verpassten es die Flyers aus einem 0:1 ein 0:2 oder vielleicht gar ein 0:3 zu machen. Weil das Selbstvertrauen, die Dynamik, die Aggressivität in diesen Einzelaktionen fehlte.

Bastl erzielt an Gerber vorbei zum 3:1.
Bastl erzielt an Gerber vorbei zum 3:1.Bild: KEYSTONE

Zürcher Derby ist, wenn die ZSC Lions gewinnen

Siege sind jetzt die Dividenden aus dem ZSC-Selbstvertrauen und aus der ZSC-Gelassenheit. Diese Selbstsicherheit und diese Coolness sind nicht durch Arroganz und Überheblichkeit verdorben. Die Fehler im ersten Drittel störten den Lauf dieser meisterlichen Hockey-Maschine nicht. Sie drehte unerbittlich weiter bis zum Sieg. Letztlich war die spielerische und taktische Architektur dieses Derbys gleich wie im Finale des letzten Frühjahrs. Aber die Intensität war geringer, das Tempo weniger hoch, die Dramatik kleiner und die Partie weckten nur montägliche Emotionen.

Inzwischen gilt: Zürcher Derby ist, wenn die ZSC Lions gewinnen. Es war der achte Derby-Sieg in Serie für den ZSC. Gegen einen grossen Gegner wie den HC Davos oder den langsam aber sicher erwachenden SC Bern (am Freitag müssen die Zürcher nach Bern reisen) wird es den ZSC Lions so allerdings nicht mehr reichen.

Für Kloten beginnt eine «Überlebenswoche»

Die Stimmung nach der Partie war bei den Kloten Flyers eine seltsame Mischung aus Müdigkeit, Fatalismus und Resignation. Trainer Felix Hollenstein merkte gerade noch rechtzeitig, dass das Fehlen einiger wichtiger Spieler keine gute Ausrede ist. Und so bedauerte er lediglich die verpassten Torchancen, lobte das Boxplay (das wirklich gut war) und wahrte Gelassenheit. Bis zur 32. Minute überstanden die Klotener fünf Zweiminutenstrafen (die ZSC Lions blieben in dieser Zeit straffrei). Die Schiedsrichter waren keineswegs parteiisch. Die Ausschlüsse waren das Resultat einer zu passiven Spielweise der Klotener.

Die Kloten Flyers sind nach wie vor intakt und stabil genug, um am Freitag gegen Biel und am Samstag in Ambri die unbedingt notwendigen Pflichtsiege einzufahren. Der Rückstand auf den letzten Playoffplatz beträgt nur noch einen Punkt. Aber für den Playoff-Finalisten steht in der ersten «Überlebenswoche» der Saison. Niederlagen in den Partien gegen Biel und Ambri könnten zum ersten Mal in dieser Saison eine tiefgreifende Verunsicherung auslösen und damit eine lang anhaltende Krise auslösen.

Kloten-Trainer Hollenstein hatte schon mehr zu lachen als zu Beginn dieser Saison.
Kloten-Trainer Hollenstein hatte schon mehr zu lachen als zu Beginn dieser Saison.Bild: Patrick Straub/freshfocus
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