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Langnau, Fribourg, Biel und Kloten sind die aktuellen «Krisenklubs». Noch wird die Trainerfrage bei diesen vier Klubs nicht gestellt. Nur hie und da flackert ein wenig Polemik auf. Aber wenn eine Krise nicht gelöst werden kann, mündet sie schliesslich doch in eine Trainer-Diskussion und alles dreht sich um die Frage: Gelingt es, den Trainer zu halten oder kommt es zur Scheidung? Ja, wir können die ganze Problematik auf die «Ehe», die Beziehung zwischen dem Sportchef und dem Trainer, reduzieren.
Die erstaunlichste «Hockey-Ehe» pflegen Biels Trainer Kevin Schläpfer (46) und sein Sportchef Martin Steinegger (43). Schläpfer ist die charismatische Persönlichkeit, die Diva, und Steinegger der kluge Pragmatiker. Der Sportchef hat die Rolle des Assistenten übernommen, um Schläpfer nach aufregenden Monaten im taktischen Haushalt zu helfen. Er tut es, weil er davon überzeugt ist, dass Schläpfer der richtige Trainer ist: «Deshalb sage ich in der Kabine wenig. Das ist Kevins Territorium. Ich bringe meine Meinung hingegen bei den Besprechungen ein.» Schläpfer sagt, dass sein Chef jetzt sein Assistent sei, spiele keine Rolle. «Ich weise ihm nicht andere Aufgaben zu als meinen bisherigen Assistenten. Er übernimmt keine andere Rolle als bisher etwa meine früheren Assistenten Dino Stecher oder Gerd Zenhäusern.»
Die Wirkung ist in der Tat erstaunlich: Seit Martin Steinegger seinen Trainer als Assistent unterstützt, hat Biel drei von vier Partien gewonnen – und auswärts die letztjährigen Finalisten (Davos, ZSC) und Angstgegner Langnau besiegt. Diese Ehe dürfte im Laufe dieser Saison nicht mehr in Gefahr geraten.
In Langnau gibt es keine so freundliche Beziehung zwischen Sportchef und Trainer. Jörg Reber (41) hat noch keinen Grund, Benoît Laporte (55) zu feuern. Aber restlos glücklich ist er mit seinem Trainer nicht. Die Mannschaft spielt zwar attraktives nordamerikanisches Hockey, der Unterhaltungswert der Spiele ist gross, die Arena war schon siebenmal ausverkauft, zuletzt am Mittwoch gegen Biel. Aber es gibt eben auch beunruhigende Anzeichen. Niemand sagt es, aber alle wissen es: Am Ende warten ja sowieso die Playouts. Die SCL Tigers spielen deshalb seit Wochen praktisch ohne jeden Erfolgsdruck. Ob sie verlieren oder siegen, spielt bis zum Ende der Qualifikation kaum mehr eine Rolle. Es gibt zwar noch keine Gewöhnung an Niederlagen und keinen Zerfall der Leistungskultur wie letzte Saison bei den Lakers. Aber es ist schon beunruhigend, wie viele knappe Partien in der Schlussphase noch verloren gehen. Und so pflegen der Sportchef und der Trainer eine Zweckbeziehung auf professioneller Basis.
Der Januar wird für Langnaus Trainer zur Probezeit. Kommt Jörg Reber bis Ende Januar zur Überzeugung, sein Trainer sei der Belastung eines Existenzkampfes (Playout, evtl. Ligaqualifikation) gewachsen, dann gibt es keinen Trainerwechsel. Wenn die SCL Tigers hingegen bis Ende Januar hoffnungslos auf den letzten Platz zurückfallen und zum Verliererteam werden, dann kommt es zum Trainerwechsel.
Am meisten «Beziehungs-Hollywood» gibt es bei Gottéron. Trainer Gerd Zenhäusern (43) und Sportchef Christian Dubé (38) betonen zwar ohne Unterlass, wie gut die Zusammenarbeit sei. Wie bei einem zerstrittenen Ehepaar, das selbst den engsten Verwandten vorzugaukeln vermag, man lebe in Harmonie. Nun ist es nicht so, dass es einen offenen Konflikt zwischen den beiden gibt. Aber der kluge Pragmatiker Zenhäusern und der egoistische «Märchenprinz» Dubé (mit Vertrag bis 2019) können auf Dauer wahrscheinlich keine Schicksalsgemeinschaft bilden. Sie sind zu unterschiedlich. Das ist bereits optisch zu erkennen. Dubé ist der eitelste Sportchef der Liga. Keiner ist so teuer und modisch gekleidet wie er. Mit etwas Boshaftigkeit können wir sagen, er habe sogar etwas Dandyhaftes. Dagegen ist Zenhäusern durch und durch, auch optisch, die Verkörperung der Bescheidenheit und der Zurückhaltung.
Das sportliche Schicksal Gottérons liegt in den Händen von Gerd Zenhäusern und Christian Dubé – das ist fast so, wie wenn Oscar Wilde und Jeremias Gotthelf gemeinsam eine Redaktion managen sollten. Über dieser Beziehung wacht wie eine besorgte Schwiegermutter der grosse Slawa Bykow (55), eine der grossen Persönlichkeiten des Welthockeys. Er sitzt in Fribourgs Verwaltungsrat. Christian Dubé ist ein smarter Sportchef mit klaren Vorstellungen und hat seine Qualitäten mit ein paar guten Transfers auch schon bewiesen. Aber ist er der Typ, der in der Krise mit psychologischem Geschick Konflikte entschärfen kann? Nein. Ist dafür sein Ego nicht zu gross? Ja. Der grosse Slawa Bykow ist der Mann, der Kraft seines Charismas und seiner Autorität Gottéron sportlich zusammenhält.
Am schwersten hat es allerdings Klotens Sean Simpson (55). Er ist sozusagen Junggeselle und muss die Krise alleine lösen. Er kann sich nicht einmal mit einem Sportchef streiten oder sich über einen Sportchef beklagen. Weil er ja beides ist: Sportchef und Trainer. Seine Chefs sind Klotens nordamerikanische Besitzer. Aber die sind ihm keine Hilfe. Erstens verstehen sie unser Hockey nicht und zweitens kann er sich bei ihnen auch nicht ausweinen. Vielmehr muss er einen tipptoppen Eindruck hinterlassen und so tun, als sei alles super.
Sein treuer Assistent Colin Muller (52) ist ihm in schwierigen Zeiten auch keine Stütze. Mit ihm pflegt der WM-Silberschmied eine ähnliche Beziehung wie Robinson Crusoe mit seinem Diener Freitag. Auf Augenhöhe kann er sich mit ihm nicht mit den grossen Hockeyfragen auseinandersetzen. Diese Isolation in der fachtechnischen Einsamkeit ist das grösste und gefährlichste Problem für Sean Simpson. Er dreht sich im Kreise und so ist die Gefahr gross, dass ein Wirbel entsteht, der ihn und sein Team in die Tiefe der Abstiegsrunde zieht.
Es ist durchaus möglich, dass nicht einer der Trainer bei den Krisenklubs seinen Vertrag erfüllen wird. Die Kontrakte von Sean Simpson, Gerd Zenhäusern und Kevin Schläpfer laufen bis 2018 (!), jener von Benoît Laporte lediglich bis Ende Saison.