Vor zwei Jahren galt Martin Ödegaard als das grösste Talent des internationalen Fussballs. Sämtliche Topklubs rissen sich um den damals 16-jährigen Norweger, am Ende machte Real Madrid das Rennen. Für 2,8 Millionen Euro wurde der offensive Mittelfeldspieler zu den Königlichen gelotst.
Doch Ödegaard schaffte den Durchbruch nie. Nur zweimal lief er für die 1. Mannschaft von Real Madrid auf, kam nur auf 122 Einsatzminuten und musste sich meist bei der Reserve abrackern. Im Januar dieses Jahres lieh ihn der elffache Champions-League-Sieger dann an den holländischen Erstligisten SC Heerenveen aus. Dort sollte er erstmal Spielerfahrung bei den Profis sammeln. Doch schnell wurde es ruhig um den einstigen Rohdiamanten.
Diese Woche machte Ödegaard nun aber gleich doppelt auf sich aufmerksam. Am Montag liess er verlauten, dass er im Sommer nicht nach Madrid zurückkehren werde. «Real hat die Option, mich schon im Sommer zurückzuholen, aber das wird nicht passieren», so der 18-jährige Norweger, der noch bis 2018 an Heerenveen ausgeliehen und bis 2021 an Real gebunden ist. «Es ist geplant, dass ich noch ein Jahr bleibe. Daran hat sich nichts geändert. Ich muss und werde weiter hart für Einsätze arbeiten.»
Dieses Statement schien bei ihm eine Blockade gelöst zu haben. Zwei Tage später erzielte Ödegaard nämlich endlich sein erstes Tor für «De Superfriezen». Beim 1:3 in den Playoffs für die Europa League gegen den FC Utrecht erzielte er in der 90. Minute den 1:2-Anschlusstreffer.
GOALL!! 1-2 #heeutr pic.twitter.com/GKPkZACgsA
— sc Heerenveen (@scHeerenveen) 17. Mai 2017
Wie schon in Madrid gelangen Wunderkind Ödegaard zuvor auch in Heerenveen keine Wunderdinge, die (zu?) hohen Erwartungen konnte er bislang jedenfalls nicht erfüllen. Nach einem ordentlichen Start fand sich der jüngste norwegische Nationalspieler aller Zeiten zuletzt des öfteren auf der Bank wieder. In 14 Liga-Partien spielte er lediglich zweimal über 90 Minuten durch.
Dabei schien die holländische Eredivisie doch wie auf ihn zugeschnitten, auf den begnadeten Techniker mit den Zauberfüssen. Vor seiner Torpremiere fiel er allerdings nur selten auf. Zwar gelang ihm immer mal wieder ein sehenswertes Dribbling, drei Assists waren aber eine etwas gar magere Ausbeute. Seine Leistungen: Höchstens zufriedenstellend. Was bei einem wie ihm halt schnell als unzureichend taxiert wird – obwohl er erst 18 Jahre alt ist.
Ödegaard selbst zeigt sich unterdessen bemüht, den Ruf des Wunderkinds loszuwerden. «Ein Wunderkind? Ich bin ein ganz normaler Junge», sagt er kürzlich. Doch so einfach geht das nicht, auch wenn sein Umfeld versucht, ihn auf seinem Weg zum «Normalo» tatkräftig zu unterstützen.
«Er braucht Zeit, um sich anzupassen», sagt Trainer Jurgen Streppel. «Er muss entscheidend sein auf dem Platz, kreativ und mehr Überzahlsituationen schaffen. Doch das ist der schwierigste Aspekt im Fussball. Er kann es besser, denke ich.» Mitspieler Reza Ghoochannejhad meint: «Wir müssen ihm vor allem die Zeit geben, um sich zu akklimatisieren. Er hat enorme Qualitäten, das sieht man im Training.» Und sein Nationalmannschafts-Teamkollege Andre Bergdölmo gibt zu Bedenken, dass Ödegaard erst in Heerenveen gelernt hat, «was es heisst, Profifussballer zu sein». In Madrid habe er nur seine Statur verbessert, seine fussballerische Entwicklung sei zwei Jahre lang quasi stehen geblieben.
Und Ödegaard selbst? Der will nichts von einer Krise wissen. «Ich merke, dass ich hier ein besserer Fussballer werde. Meine Zeit kommt noch», sagte er kürzlich. Mit seinem ersten Tor in Holland hat er einen weiteren kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Viele weitere müssen allerdings noch folgen. Und ob es ihm passt oder nicht, wird er bei seinem weiteren Weg immer unter besonderer Beobachtung stehen.