Erster Bayern-Jäger? Von wegen! Aufsteiger RB Leipzig lässt sich ab sofort vom deutschen Rekordmeister jagen. Nach 39 Spielen und 425 Tagen schlossen die Münchner erstmals wieder eine Runde nicht als Spitzenreiter ab. Und weil Leipzig einen Tag vor dem 0:1 der Bayern bei Borussia Dortmund in Leverkusen 3:2 gewann, thront nun der Dosenklub auf dem Bundesliga-Thron.
«Das ist doch schön für die Liga, das haben sich doch alle gewünscht», sagte Bayern-Captain Philipp Lahm leicht sarkastisch. Den Retorten-Klub als Bundesliga-Leader haben sich freilich nicht alle gewünscht. Aber immerhin ist die Bundesliga endlich wieder mal so richtig spannend. Drei Punkte liegt Leipzig vor den Bayern, sechs vor den wiedererstarkten Dortmundern.
Und so mancher traut dem Aufsteiger nun den ganz grossen Coup zu. Zum Beispiel BVB-Trainer Thomas Tuchel: «Letztes Jahr hatten wir das Phänomen Leicester City. Leipzig kann exakt den gleichen Weg gehen. Das ist meine Überzeugung, wenn ich sie spielen sehe. Das ist keine Eintagsfliege.»
RB steht als erster ostdeutscher Klub seit Hansa Rostock 1991 ganz oben. «Es ist schön für die Liga, dass die Bayern seit vielen Jahren erstmals als Zweiter zu einem Auswärtsspiel reisen mussten, das tut der Liga sehr gut», sagte Trainer Ralph Hasenhüttl.
Sportdirektor Ralf Rangnick hingegen mahnt weiterhin zur Ruhe. Weil er aus Erfahrung weiss, was passieren kann. 2008 mischte er als Trainer mit Aufsteiger Hoffenheim bereits die Liga auf, wurde damals sogar Herbstmeister, ehe in der Rückrunde ein Negativlauf folgte. Kann Leipzig Hoffenheim übertrumpfen?
«Das würde bedeuten, dass wir an Weihnachten und darüber hinaus noch Tabellenführer sind», sagte Rangnick. Doch noch vor Weihnachten kommt es zum ultimativen Kräftemessen: RB tritt am 21. Dezember bei den Bayern an.
Trainer Hasenhüttl sagt: «Wir können nichts verlieren, sondern nur gewinnen.» Ob's für den ganz grossen Coup reicht, steht noch in den Sternen. Beim Tempo, das RB Leipzig seit seiner Gründung im Jahr 2009 bislang hingelegt hat, würde auch das nicht überraschen ...
RasenBallsport Leipzig wird am 19. Mai 2009 gegründet und übernimmt zur Saison 2009/2010 das Startrecht des SSV Markranstädt in der Oberliga Nordost. Der Nordostdeutsche Fussballverband stimmt der Übertragung des Spielrechts zu und genehmigt den Vereinsnamen. Dabei nimmt RB den Spielbetrieb ohne offizielles Vereinswappen auf, da es wegen der Ähnlichkeit zum Red-Bull-Unternehmenslogo vom Sächsischen Fussballverband abgelehnt wird – ein Novum im deutschen Profifussball. Das erste Jahr verläuft nach Plan: Die Leipziger sichern sich vorzeitig den Aufstieg in die Regionalliga.
RB Leipzig besitzt nun ein Vereinslogo, der Sächsische Verband akzeptiert die modifizierte Version. RB trägt seine Heimspiele in der Red Bull Arena, dem ehemaligen Leipziger Zentralstadion, aus. Die erste Saison in der Regionalliga beendet das Team als Vierter und verpasst den anvisierten Aufstieg. Im Juni 2011 holen die Leipziger mit dem Sieg im Sachsenpokal den ersten Titel der Vereinsgeschichte.
Dritte Saison für RB Leipzig, dritter Coach: Der Österreicher Peter Pacult soll den Aufstieg in die 3. Liga schaffen. Nur drei Spieler aus dem Oberliga-Team der Premieren-Saison stehen noch im Kader. Trotz vieler namhafter Neuzugänge verpasst RB auch im zweiten Anlauf den Aufstieg in die 3. Liga und wird am Ende Dritter.
Die neue Saison in der Regionalliga Nordost beginnt mit zwei entscheidenden Personalien: Ralf Rangnick wird Sportdirektor und bringt Alexander Zorniger als neuen Trainer mit. Drei Tage vor Saisonende ist den Leipzigern die Meisterschaft nicht mehr zu nehmen. In der Aufstiegsrelegation setzt sich das Team gegen die Sportfreunde Lotte durch und schafft im dritten Anlauf den Aufstieg.
Mit sieben Neuzugängen im Kader, unter ihnen der heutige Bayern-Spieler Joshua Kimmich, knüpft Trainer Zorniger auch in der 3. Liga an seine Erfolge an. RB entscheidet den Zweikampf an der Spitze mit Darmstadt 98 für sich und macht einen Spieltag vor Saisonende den Zweitliga-Aufstieg perfekt.
Bevor RB Leipzig in der 2. Liga starten darf, gibt es mit der Deutschen Fussball-Liga (DFL) ein Gerangel um die Lizenz. Die DFL fordert eine Modifizierung des Vereinslogos und Veränderungen im Führungsgremium, so dass in diesem nicht mehr nur direkt von Geldgeber Red Bull angestellte Vertreter sitzen. Zudem hatte sich der Verein bei der DFL dazu verpflichtet, seine Satzung zu ändern, um sich neuen Mitgliedern weiter zu öffnen.
Auch sportlich läuft es nicht. Nachdem in der Rückrunde der Kontakt zu den Aufstiegsplätzen verloren geht, entscheidet der Verein, sich nach der Saison von Coach Zorniger zu trennen. Der Schwabe zieht im Februar 2015 selbst die Konsequenzen und tritt zurück. Bis Saisonende betreut der bisherige U17-Coach Achim Beierlorzer interimsweise die Profimannschaft und wird am Ende Fünfter.
Neuer Cheftrainer wird in Personalunion Sportdirektor Rangnick, nachdem zuvor Wunschkandidaten wie Thomas Tuchel abgesagt haben. Leipzig verpflichtet unter anderem den Bremer Angreifer Davie Selke für acht Millionen Euro und gibt insgesamt fast 19 Millionen Euro für neue Spieler aus. Am 8. Mai 2016 feiert RB den Bundesliga-Aufstieg.
Der Neuling stellt mit dem neu verpflichteten Trainer Ralph Hasenhüttl gleich einen Rekord auf. Nie zuvor in der Erstliga-Historie ist ein Aufsteiger elf Spieltage lang ungeschlagen geblieben. Mit dem 3:2 bei Bayer Leverkusen verdrängte RB Leipzig zudem den FC Bayern, der im Topspiel bei Borussia Dortmund patzte (0:1), erstmals seit über einem Jahr von der Tabellenspitze. (pre/sda)
- Die Bayern, sind einfach top geführt
- Hoffenheim und RB, welche keinen Ballast aus der Vergangenheit mit sich tragen.
- Dortmund war 2005 fast pleite und musste sich komplett neu organisieren.
Leider haben viele Traditionsvereine nicht gemerkt, wie sehr sich der Fussball in den letzten 5, 10, 15 Jahren geändert hat. Oder sie sind immer in internen Machtkämpfe verstrikt, was es heute einfach nicht leiden mag.