Man hütet sich beim Klub offiziell, für die eine oder andere Seite Stellung zu beziehen. Barcelona machte – und macht – aber immer wieder klar, dass man den Willen des Volkes unterstützen werde. Man setzt sich für Demokratie und freie Wahlen ein.
Vor allem Ex-Spieler (Xavi, Carles Puyol, Pep Guardiola) sind als Anhänger der Abspaltung von Spanien bekannt und setzten sich dafür ein. Aus dem aktuellen Team gilt Gerard Piqué als Wortführer der Katalanen.
Vor dem Spiel gegen Las Palmas lief die ganze Mannschaft in Kataloniens Farben auf. Man wolle damit aber vor allem die Welt auf das Problem aufmerksam machen und nicht für die Unabhängigkeit Stimmung machen.
📍 Camp Nou
— FC Barcelona (@FCBarcelona) 1. Oktober 2017
Warm-up. Calentamiento. Escalfament.
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Die Fussballer des FC Barcelona sind das sportliche Aushängeschild Kataloniens. Früher bezeichnete man das Team auch als inoffizielle Nationalmannschaft der Region. Dazu trug bei, dass Barça jahrelang auf Trikotwerbung verzichtete.
Man ist bei Barça stolz auf die katalanische Herkunft, die Vereinshymne ist (logischerweise) auf katalanisch und nicht wenige Fans singen immer wieder Freiheitslieder. Besonders beliebt bei den Anhängern ist dafür die 17. Minute, in Erinnerung an den Fall Kataloniens an Spanien 1714.
Und regelmässig werden Barça-Spiele dafür genutzt, um dem restlichen Spanien die Meinung mitzuteilen. Unvergessen bleiben Cupfinals zwischen Bilbao und Barcelona, wenn die Fans aus dem Baskenland und Katalonien die spanische Hymne vor dem Spiel gnadenlos niederpfeifen. Zuletzt war dies 2015 der Fall. Zuvor gab es schon 2009 und 2012 ähnliche Vorfälle.
Kurz: Der FC Barcelona wird – gewollt oder nicht – immer wieder für politische Zwecke missbraucht und steht durchaus als eines der stärksten Symbole für Katalonien.
Nachdem die Partie gegen Las Palmas gestern doch ausgetragen wurde, reichte Vizepräsident Carles Vilarrubi seinen sofortigen Rücktritt ein. Ebenfalls zurückgetreten sind aus Barças Führungsgremium Xavier Vilajoana und Jordi Monés. Sie bestanden auf einer Absage der Partie.
Wie die «Marca» berichtet, soll man sich auch in der Kabine nicht einig gewesen sein, ob man trotz der angedrohten Strafe von sechs Punkten antreten soll. Gerard Piqué und die Katalanen wollten nicht spielen, fügten sich aber der Entscheidung. Trotzdem: Die Vorfälle könnten die Mannschaft spalten.
Das ist offen. Kataloniens Sportminister Gerard Figueres behauptet: «Im Falle der Unabhängigkeit müssten sich die katalanischen Vereine in der Primera Division entscheiden, wo sie spielen möchten.» LaLiga-Präsident Javier Tebas hält dagegen und verkündet: «Wenn die katalanischen Klubs das [die Unabhängigkeit] bekommen, dann werden sie nicht weiter in der spanischen LaLiga spielen können.»
Tatsächlich steht aktuell in den Ligaregeln, dass einzig spanische und andorranische Klubs in der Liga mitspielen dürfen. Der «Fall Katalonien» müsste erst verhandelt werden. Beispiele wie Monaco, Cardiff City oder Vaduz zeigen aber, dass es auch in anderen Ligen möglich war.
Im letzten Monat sagte Vize-Präsident Carles Villarubi: «Wir bleiben in der gleichen Liga wie Espanyol.» Villarubi trat gestern zurück.
Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Die Liga bestünde aus den Erstligisten FC Barcelona, Espanyol Barcelona und dem FC Girona, dazu kommen die Zweitligisten Gimnastic Tarragona und der FC Reus. Die fünf konkurrenzfähigen Teams müssten aber weitere Mannschaften aufnehmen.
Damit würde die Liga unattraktiv, TV-Gelder fehlen, das Niveau sinken. Es wäre wohl das Ende des FC Barcelona als Schwergewicht Europas.
Wie oben erwähnt sind neben den Optionen Spanien und Katalonien auch weitere Ligen möglich. Figueras sagt: «Barcelona müsste sich entscheiden. In der spanischen Liga oder in einem Land wie Italien, Frankreich oder England. Ich denke nicht, dass die UEFA etwas dagegen haben würde, wenn ein weiterer Verein in einer anderen Liga als dem Heimatland spielen sollte.»
Die UEFA hätte vielleicht wirklich nichts dagegen. Und ein Zuschauer-, Geld- und Star-Magnet wie Barcelona würde sich grundsätzlich in jeder Liga gut machen. Nur: wie würde der Klub integriert? In England beispielsweise hat man bereits erklärt, dass die Liga wohl auf 22 oder 24 Teams ausgebaut werden müsste.
Das hängt von der Entscheidung ab, wo die katalanischen Klubs im Falle einer Unabhängigkeit spielen würden. Clásicos mit Ernstkampfcharakter wären so oder so weiterhin auf europäischer Ebene möglich und natürlich als Freundschaftsspiele.
Die Frage ist viel mehr: Wie stark wäre Barcelona noch, wenn man nicht in einer grossen Liga spielen könnte? Es würde dem Clásico je nachdem jegliche Brisanz nehmen.
Das offizielle Real Madrid hat sich kürzlich nicht geäussert. Aber Trainer Zinédine Zidane sagte das, was wohl alle über den Erzfeind denken: «Was eigentlich nicht passieren darf – ich hoffe es jedenfalls nicht – ist eine spanische Liga ohne Barcelona. Das will ich nicht.»
Das müssten die jeweiligen Ligaverbände abmachen. Vaduz dürfte beispielsweise in der Champions League teilnehmen, im Gegensatz zu Monaco in Frankreich aber nicht Meister werden. Grundsätzlich spricht also nichts dagegen, dass Barcelona in der Königsklasse weiter dabei sein würde. Sowieso nicht, wenn Katalonien eine eigene Liga gründen würde.
Aber: Bis die UEFA die neue Liga anerkennen würde, dürften einige Jahre vergehen. Und wie schon erwähnt: Kommt Barça nicht in einer grossen Liga unter, wird das Niveau des Teams sicher drastisch sinken.
Auch hier gibt es zunächst die Frage nach der Aufnahme in die FIFA. Diese würde sich ebenfalls wohl über einige Jahre herziehen. Das ziemlich aktuelle Beispiel Kosovo zeigt, wie lange der Prozess dauern könnte. 2008 rief das Land die Unabhängigkeit aus, 2012 erlaubte die FIFA Testspiele, 2016 erfolgte die offizielle Aufnahme.
Der katalanische Fussballverband bemüht sich seit Jahren um Aufnahme in die FIFA und UEFA – bisher erfolglos. Erlaubt sind inoffizielle Freundschaftsspiele. Die letzte Partie fand am 28. Dezember 2016 statt. Unter anderem dabei waren Marc Bartra, Jordi Alba, Aleix Vidal, Sergio Busquets oder Sergi Roberto. In den letzten zwei Jahren zudem nominiert waren unter anderem Gerard Piqué, Cesc Fabregas, Bojan Krkic, Cristian Tello oder Gerard Deulofeu.
Kurz: Die Mannschaft hätte durchaus Potential, um sich hin und wieder für eine Endrunde zu qualifizieren. Aber als Folge würde auch Spaniens Nationalteam markant geschwächt werden – zumindest in einer ersten Phase.