Sie werden nach über 31 gemeinsamen Jahren verstummen – die beliebten, vertrauten Skistimmen des SRF: Matthias Hüppi und Bernhard Russi gehen nach der Ski-WM in St. Moritz getrennte Wege. Unweigerlich kommt die Frage auf: Wer soll in ihre Fussstapfen treten? Wer ersetzt Russi als Experten? Didier Cuche? Marco Büchel? Dani Albrecht? Oder gar niemand? «Wir halten die Augen offen und werden mit geeigneten Kandidaten Gespräche führen», sagt Roland Mägerle, Leiter SRF Sport, auf Anfrage.
Das SRF steht nicht nur vor einer Herkulesaufgabe, man steht im Leutschenbach auch vor einem Grundsatzentscheid: So ist unklar, ob man überhaupt mit dem Experten-System im Skisport weiterfährt. Ein Entscheidungsfaktor sind auch die damit verbundenen Kosten. Klar ist nur, dass Hüppi durch Stefan Hofmänner ersetzt wird.
Ist das Experten-System ein Auslaufmodell? Schliesslich wurde auch der Experte bei Live-Spielen der Schweizer Fussball-Nati abgeschafft. «Experten im Skisport haben sich bewährt. Gerade im analytischen Bereich können sie einen grossen Mehrwert bieten», sagt Mägerle und ergänzt: «Grundsätzlich gibt es nicht nur ein Modell, das funktioniert. Es ist daher auch nicht ausgeschlossen, dass man sich Gedanken über Veränderungen macht.»
Schweizer Experten im Live-Sport-TV gibt es seit den 80er-Jahren. Sie fanden erstmals in den 90er-Jahren so richtig Anklang in den Stuben der Zuschauer, als sich europäische Privatsender zu Werbezwecken mit verpflichteten Star-Experten brüsteten. Das SRF zog mit: Nicht zuletzt Bernard Thurnheer mit Experte Günter Netzer (Fussball-Nati) sowie Hans Jucker mit Jean-Claude Leclercq (Rad) entwickelten sich zu legendären Kommentatoren-Duos.
Doch die Experten sind gerade bei Kommentatoren nicht unumstritten. In Deutschland scheint vielen Kollegen ein Zacken aus der Krone zu fallen, wenn ihnen ein Experte widerspricht, sagt TV-Legende Thurnheer: «Ich hatte mich am Anfang auch gewundert, dass sich die Experten so spielend leicht durchzusetzen vermochten. Man war immer der Meinung, dass bereits Kommentatoren zu viel sprechen würden», blickt der 67-Jährige zurück.
Inzwischen ist die TV-Legende der Meinung, dass Experten unverzichtbar sind: «Kein Sportjournalist kann das einem Zuschauer packender und kompetenter rüberbringen, wie es sich anfühlen muss, als Titelverteidiger im Starthaus zu stehen, als einer, der dies selber erlebt hat», sagt Thurnheer. Vor allem bei Olympischen Sommerspielen werden die Experten von allen geschätzt, weil gerade in dieser Zeit auch exotische Sportarten im Mittelpunkt stehen.
Es reiche jedoch nicht, bloss grosses Fachwissen in einer Sportart mitzubringen. «Es ist schwierig, geeignete Experten zu finden, die innerhalb von wenigen Sekunden Gedankengänge fixfertig formuliert ausspucken können. Es braucht besondere Fähigkeiten», sagt Thurnheer.
Ob diese Didier Cuche oder Marco Büchel im Skirennsport mitbringen würden? Thurnheer will sich zu Namen nicht äussern, findet aber: «Die Initialzündung eines Engagements mit einem Experten muss zwingend vom Kommentator selber kommen. Es darf nicht bloss ein Chefentscheid sein. Denn ein Duo muss harmonieren wie ein Eiskunstlaufpaar.»
Das tun auch Stefan Bürer und Heinz Günthardt seit 22 Jahren. Sie haben allein in den letzten zwei Wochen mehr als 58 Stunden Live-Tennis für SRF kommentiert. Günthardt steht dem Schweizer Fernsehen ebenfalls schon mehr als 30 Jahre als Experte zur Verfügung. Steht der nächste Rücktritt bald bevor? Urgestein Günthardt sagt dazu: «Nach diesen Australian Open denkt man als Kommentator definitiv noch nicht ans Aufhören.»