Breel Embolo trägt die Haare normalerweise ganz kurz. Ab und zu lässt er sie in der Kopfmitte etwas wachsen. So weit, so unspektakulär. Mit Ausnahme des blondierten Streifens 2015 im Spiel gegen Fiorentina machte er nie Schlagzeilen mit seiner Haarpracht. In den letzten Wochen und Monaten aber wird vermehrt über seine Frisur gesprochen.
Denn Embolo trägt seine Haare plötzlich lang, hat einen Wuschelkopf. Es ist aber nicht nur eine Frisur, die er da präsentierte. Sondern eine stete Erinnerung an seinen bisher bittersten Moment. An diesen 15. Oktober 2016, der in der Karriere des heute 20-Jährigen ein brutaler Einschnitt werden sollte.
Für sein neues Team Schalke 04 stand er gerade zum zehnten Mal auf dem Platz. Der Gegner hiess Augsburg. Kein grosser Name, aber dennoch ein wichtiges Spiel. Denn Schalke war schwach in die Saison gestartet, verlor fünf Mal in Folge. Auch Embolo hatte Anlaufschwierigkeiten. Eine Woche zuvor aber war er endlich angekommen.
Der teuerste Neuzugang in der Geschichte der Knappen erzielte gegen Gladbach zwei Tore, überstrahlte alles. Er schien die Hoffnung, die ganz Gelsenkirchen in ihn setzte, tatsächlich zurückzahlen zu können. Doch dann kam die 24. Minute im Spiel gegen Augsburg. Und es kam Kóstas Stafylidis. Er brach Embolo Sprunggelenk und Wadenbein. Seit diesem Tag lässt sich Embolo die Haare wachsen. Bis zum ersten Spiel nach der Verletzung wolle er dies tun.
Ein Totalschaden war diese erste ernsthafte Verletzung in der Karriere Embolos, die bislang nur einen Weg kannte: steil bergauf. Nun aber hiess es: Vier bis sechs Monate Pause. Die erste Operation seines Lebens war unumgänglich. Es folgten harte Monate. Krankenhaus. Reha. Dann im März der Rückschlag.
Statt sein Comeback zu geben, musste die Reha entschleunigt werden, weil sich ein Knochen-Ödem gebildet hatte. Die ohnehin nicht grosse Geduld wurde erneut auf die Probe gestellt. Die Haare wuchsen weiter. Die Leidenszeit schien nicht enden zu wollen. Gleichzeitig musste er mit ansehen, wie seine Mannschaft ohne ihn nur den zehnten Platz erreichte.
Jetzt aber soll es für Embolo wieder aufwärtsgehen – und dank ihm auch mit Schalke. An der Jahreshauptversammlung Ende Juni verkündete Embolo – mittlerweile mit Struppelfrisur – dass er am 1. Juli wieder ins Training einsteigen würde. Gesagt, getan. 25 Tage später war es dann soweit. In der 62. Minute im Testspiel gegen Neftchi Baku wurde er eingewechselt. 284 Tage hatte er zuschauen und darauf warten müssen.
"I've worked for 9 months for this moment." - Breel #Embolo was delighted to be back on the pitch yesterday! #s04 👉 https://t.co/WeOeYxqYPW pic.twitter.com/D0Ycgf9pWg
— FC Schalke 04 (@s04_en) 27. Juli 2017
Es sei «das wichtigste Spiel meiner Karriere» gewesen, diktierte er nach dem Abpfiff in die Mikrofone, die Haare auf den Seiten sichtlich kürzer. Ein erster Schritt zur grossen Rückkehr. Auf Instagram bezeichnete er den ersten Einsatz nach über neun Monaten als «Renaissance». Der Wiedergeborene sagt, er habe auch menschlich viel gelernt. «Man hört immer von verletzten Spielern, wenn sie zurückkommen, dass sie Dinge jetzt anders sehen. Man kann sich das selbst nicht richtig vorstellen. Jetzt habe aber auch ich Seiten kennen gelernt, die ich vorher nie kannte», erklärte Embolo dem «Westen».
Diese Seiten will er nun abhaken. Er will wieder auf die grosse Bühne der Bundesliga. Die Hoffnungen in ihn sind ungebrochen. In Gelsenkirchen sagt man, der wichtigste Zugang komme aus dem Lazarett. Zuerst muss Embolo aber noch warten, bis er beweisen kann, dass er diesen Erwartungen nach seiner gravierenden Verletzung gerecht werden kann.
«Wir sagen Breel im Moment immer: Es wäre gut, wenn du in der Länderspielpause soweit bist, dass man bei der Belastung im Training auf nichts mehr Rücksicht nehmen muss», so Schalke-Sportdirektor Axel Schuster. Damit verpasst Embolo zwar die ersten beiden Spiele. Verläuft aber alles nach Plan, wird das Spiel gegen Stuttgart am 10. September der Schauplatz seiner grossen Rückkehr. Bis dann hätte er auch noch genügend Zeit, sich die Haare wieder ganz kurz schneiden zu lassen.