Drei Spieltage sind in der Rückrunde der Super League absolviert und die Grasshoppers machen immer noch Winterschlaf. Keine Punkte, keine Tore – noch vier Punkte beträgt der Vorsprung auf den Abstiegsplatz.
GC zeigt beim 0:1 gegen Sion zwar eine leichte Aufwärtstendenz, die Worte von GC-Trainer Pierluigi Tami nach der gestrigen Niederlage tönen aber schon sehr zweckoptimistisch:
Tami weiss um die Probleme seiner Mannschaft und nimmt sie deshalb in Schutz. «Wenn wir so auftreten wie gegen Sion, werden wir sehr bald Spiele gewinnen», so seine Hoffnung.
Er sagt es, als wäre es das Einfachste der Welt. Mit YB und Luzern warten in den nächsten beiden Spielen zwei harte Brocken. Da braucht es mehr als die gegen ein geschwächtes Sion nur phasenweise aufflackernde Offensivpower.
Stichwort geschwächt: Das ist auch GC, und das nicht erst seit der Winterpause. Um das strukturelle Defizit zu decken, müssen stets die besten Spieler verkauft werden. Mit Michael Lang oder Yoric Ravet haben im Sommer 2015 wichtige Teamstützen die Zürcher zu direkten Konkurrenten in der Super League verlassen (Basel/YB). Insgesamt wurden Spieler für über sieben Millionen wegtransferiert, auf der Gegenseite aber nur Spieler für knapp zwei Millionen verpflichtet.
Das war noch zu verkraften, denn mit Kim Källström und Marko Basic wurden zwei starke Spieler für das GC-Mittelfeld geholt. Die Maschinerie zusammen mit den Stürmern Caio und Munas Dabbur lief gut, die Saison 2015/16 beendete man auf dem 4. Platz.
Doch dann ging der Ausverkauf weiter. Dabbur, die Lebensversicherung im Sturm, folgte nach der letzten Saison dem Ruf des Geldes von Red Bull Salzburg, Moritz Bauer zog es nach Russland und Talente wie Harun Alpsoy (19), Florian Kamberi (21) oder Levent Gülen (22) verliessen den Klub ebenfalls. Auf der Habenseite standen über 10 Millionen, ausgegeben wurden 3.5 Millionen.
In der Vorrunde der aktuellen Saison lief es nach den vielen Abgängen plötzlich nicht mehr so rund, vor allem auf fremdem Terrain: Gerademal vier mickrige Punkte erspielte man sich in zehn Auswärtspartien.
Man hatte aber stets das Gefühl, dass der erfahrene Källström zusammen mit dem genialen Arbeiter Basic das etwas lottrige GC-Konstrukt zusammen halten kann. Es folgte die Verletzung und das Saisonaus für Basic und kurz vor Rückrunden-Start der Abgang des nicht mehr motivierten Källström.
Nach drei Spielen macht es nun den Anschein, als hätte der plötzliche Weggang des Schweden in Niederhasli mehr als nur eine grosse sportliche Lücke hinterlassen. Ein Zeichen dafür war, dass zum Rückrundenstart gegen Thun Rechtsverteidiger Numa Lavanchy die Captain-Binde übernahm. Ein Spieler, der nach bescheidenem Werdegang erst im Sommer 2016 von Lausanne zu GC gestossen ist.
Dass Lavanchy die Binde trug, zeigt das Problem bei den Hoppers klar auf. Es fehlt eine Führungsperson, ein Spieler der Verantwortung übernimmt oder einer, der GC tief im Herzen hat.
Ein solcher Spieler ist zwar Munas Dabbur auch nicht, aber der Israeli könnte so etwas wie das rettende Fangnetz für GC werden. Mit seiner Rückkehr (Engagement bis im Sommer auf Leihbasis) hat man die Offensive gestärkt und einen Spieler geholt, der schon weiss, wie es in diesem Verein läuft. Für Lavanchy war das Grund genug, dem Rückkehrer auch gerade die Captain-Binde höflich zu übergeben. Getreu dem Motto: Möglichst wenig Verantwortung – endlich bin ich das Ding wieder los.
Trotz der Rückkehr von Dabbur bleibt das GC-Konstrukt sehr instabil. Es fehlen wichtige Puzzleteile in einer schwierigen Zeit. Man sollte nun eigentlich nach vorne schauen, doch von hinten machen Lugano, Thun, Lausanne und Vaduz mächtig Druck.
Droht am Ende gar ein nächster Abstieg in Zürich? So unwahrscheinlich ist dieser Szenario aktuell nicht. Verliert man die beiden nächsten Spiele gegen YB und Luzern kommt es zum wegweisenden Spiel gegen den FC Vaduz, zuhause im Letzigrund. Spätestens in solchen Duellen braucht es dann umso mehr Kampf, Ehrgeiz, Siegeswillen, Stolz und Emotionen.
Sollten aber nach den ersten drei auch die kommenden drei Spiele der Rückrunde verloren gehen, dann müssen die GC-Fans langsam wirklich den Abstieg fürchten. Wer hätte das gedacht, nach einer soliden letzten Saison?
Beim FCZ hatte dies im letzten Jahr aber auch niemand kommen sehen, denn auch der Stadtrivale lag in der Vorsaison noch souverän auf dem 3. Schlussrang. Auch da hörte man nach der Winterpause eine Durchhalteparole nach der nächsten. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Und wie endet diejenige von GC? Wohin führt der Weg des einstigen Zürcher Nobelklubs? Der Fall in die Challenge League wäre jedenfalls fatal. Anders als der FCZ hat GC keinen Mäzen, der den raschen Wiederaufstieg erzwingen könnte.