In der Gruppenphase zwei Siege gegen die schwächer eingestuften Estland und Deutschland und eine Niederlage gegen Finnland: Bis jetzt ist die WM in Lettland so verlaufen, wie man es sich vom Schweizer Nationalteam gewohnt ist. Sind Sie zufrieden mit der Leistung Ihrer Mannschaft?
David Jansson: Zufrieden ist das falsche Wort. Das bin ich selten. Ich denke, dass wir viele gute Sachen gezeigt haben. Automatisch gegen Estland und Deutschland zu gewinnen, ist für uns nicht so selbstverständlich wie für Finnland und Schweden, deren Niveau allgemein höher ist. Doch vor allem im Spiel gegen Deutschland haben wir wie ein Top-Team ausgesehen. Auch wie wir gegen Finnland zurückgekommen sind, gefiel mir. Das zeigt, dass wir eine Winnermentalität haben und ein unbequemer Gegner sein können.
Das Gruppenspiel gegen Finnland ging nach einer spektakulären Aufholjagd der Schweizer knapp mit 4:6 verloren. Was hat den Unterschied gemacht?
Das ist eine schwierige Frage. Wenn wir früher enge Spiele gegen Schweden oder Finnland verloren, war der Grund recht einfach zu finden: Wir haben feige oder passiv gespielt. In diesem Fall war dem überhaupt nicht so. Wir haben besonders in den letzten zehn Minuten die Initiative ergriffen und so gespielt, wie ich es mir wünsche. Ich hatte sogar das Gefühl, dass Finnland etwas Angst vor uns bekommen hat. Der Sieg der Finnen war dieses Mal wohl eher Zufall, so wie es im Unihockey eben gehen kann. Wir waren alle sehr enttäuscht nach dem Spiel.
Wie haben Sie die Mannschaft aufgebaut?
Ich habe den Jungs gesagt, dass man enttäuscht sein dürfe und auch sein soll. Denn dies zeigt, dass wir an den Sieg glaubten und spürten, dass er realistisch war. Extrem wichtig ist jetzt, was wir aus dieser Niederlage mitnehmen können. Ich bin überzeugt, dass wir nach diesem Spiel besser wissen, welche Knöpfe wir noch drehen müssen, um das Maximum aus unserem Team zu holen
Im Viertelfinal gegen Norwegen ist die Schweiz in der Favoritenrolle.
Norwegen ist eine gute Mannschaft mit einer starken ersten Linie und hat in den Gruppenspielen gegen Schweden einen beeindruckenden Match gezeigt (bis zur 45. Minute lagen die Norweger nur 2:3 im Rückstand, Anm. der. Red.). Gegen uns werden sie wohl ziemlich defensiv agieren und versuchen, zu kontern. Solche Spiele sind nicht einfach, Kräfte einzusparen liegt sicher nicht drin. Doch ich denke, wenn wir unser Spiel durchsetzen, gute Entscheidungen treffen und offensiv spielen, ist ein Sieg machbar für uns.
Spielmacher oder Underdog: Was liegt Ihrer Mannschaft besser?
Früher hätte ich gesagt, dass uns die Underdog-Rolle viel besser liegt, weil die Energie in solchen Spielen automatisch kommt. Doch wir haben viel daran gear beitet, auch als Spielmacher souverän zu sein. Wir sollten keine Probleme haben, in der Favoritenrolle zu bestehen. Am Ende müssen wir das aber auf dem Spielfeld beweisen.
Gewinnt die Schweiz im Viertelfinal, wird Ihre Mannschaft im Halbfinal auf Schweden treffen. Was braucht es, um den amtierenden Weltmeister zu schlagen?
Um das zu schaffen, müssen wir den Jackpot knacken. Denn Schweden hat mit Abstand, wirklich mit Abstand, das beste Kader der Welt. Wir müssen einen sehr guten Tag haben, das Maximum aus dem Team herausholen und benötigen viele gute individuelle Leistungen. Besonders wichtig ist auch, den unnötigen Respekt abzulegen. Ich habe das Gefühl, wenn wir all das schaffen, ist es möglich, Schweden in einem Spiel zu schlagen.
Wie wollen Sie die Schweden ins Trudeln bringen?
Taktisch gesehen ist es nicht anspruchsvoller, gegen Schweden zu spielen als gegen Finnland. Es ist aber schwieriger umzusetzen, weil Schweden die besseren Spieler hat. Wir streben ein «kontrolliertes Chaos» an, um den Schweden nicht so viel Ballbesitz zu lassen, wie sie es sich gewöhnt sind. Wir müssen mit und ohne Ball dynamisch und aggressiv spielen, damit die Schweden ihr Spiel nicht aufziehen können. Denn dann sind sie zu gut.
Dann darf man im Halbfinal eine offensiv eingestellte Schweiz erwarten?
Unbedingt! Viele denken, in einem solchen Spiel sei die Defensive am wichtigsten. Ich sage, es ist genau umgekehrt. Das Spiel mit Ball ist ausschlaggebend gegen die Topnationen. Wenn wir uns in der Offensive gut bewegen, wird auch Schweden Probleme mit der Zuteilung haben. Wir haben schon in der Vorbereitung so gespielt und es hat gut geklappt.
Glauben Sie, dass die Schweiz Weltmeister werden kann?
Ja, das glaube ich. Wenn die K.-o-Phase in Best-of-Seven-Serien ausgespielt würde, käme ich zu einer anderen Erkenntnis. Doch ich bin überzeugt, dass unser höchstes Niveau ausreicht, um Schweden und Finnland in einem Spiel mit guter Tagesform zu schlagen.
Die Schweiz hat zwei spielfreie Tage hinter sich. Wie verbrachten Sie die freie Zeit?
Es waren zwei Erholungstage. Nur gestern gab es ein leichtes Training. Als Vorbereitung für die kommenden Spiele trafen wir uns regelmässig zu Teammeetings mit Videoanalysen und Linienbesprechungen. Wir entschieden aber mit der Captaingruppe, lieber zu wenig als zu viel zu planen. Unser «House of Switzerland» liegt perfekt in der Stadtmitte von Riga. Die Spieler hatten daher viele Möglichkeiten, auf eigene Faust etwas zu unternehmen.